Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheitsprüfung nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG bei der Anschaffung eines Orientteppichs durch eine Steuerkanzlei. Gewinnfeststellung 1979 – 1981 und Umsatzsteuer 1979 und 1981
Leitsatz (amtlich)
Die in den zur Investitionszulage ergangenen BFH-Urteilen vom 19.6.1995 VIII R 225/72, BStBl II 1976, 97, und vom 2.2.1979 III R 89/78, BStBl II 1980, 340, als noch angemessen hergestellten Wertgrenzen können nicht generell auch zum ausschlaggebenden Kriterium der Angemessenheitsprüfung einer AfA-Bemessungsgrundlage gemacht werden. Der Anwendungsrahmen des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG erfordert vielmehr die Berücksichtigung einer Vielzahl von Einzelmerkmalen wie die Wirtschaftlichkeit der Betriebsgebarung, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Anschaffung und die allgemeine Üblichkeit. Hier: Keine Kürzung der AfA-Bemessungsgrundlage für die Anschaffung eines Orientteppichs durch eine Steuerkanzlei.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 7
Tenor
Die angefochtenen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1979–1931 sowie zur Umsatzsteuer 1979 und 1981 in Form der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung werden teilweise aufgehoben und das beklagte Finanzamt für verpflichtet erklärt, die Absetzungen für Abnutzung des Teppichs „Bidjar” nach den realen Anschaffungskosten (34.336,28 DM) zu bemessen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Die Entscheidung wird hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten an der Klägerin sind von Beruf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die ihre Tätigkeit in einer Praxisgemeinschaft ausüben. Die Einkünfte der Klägerin werden durch Vermögensvergleich ermittelt. Im November 1979 wurde für das Arbeitszimmer des Partners Dr. G. ein Orientteppich der persischen Provenienz „Bidjar” in der Grösse von 5,50 m × 3,50 m gekauft. Die diesbezüglichen Anschaffungskosten wurden netto Mehrwertsteuer (4.463,72 DM) aktiviert mit 34.336,28 DM und bei einer Nutzungsdauer von 5 Jahren eine lineare Absetzung für Abnutzung – AfA – im Jahresbetrag von je 6.868 DM vorgenommen. Das beklagte Finanzamt hat diese Handhabung für die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäss § 164 Abgabenordnung – AO – stehende einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte 1979 übernommen. Im Anschluss an eine die Veranlagungszeiträume 1977 bis 1981 erfassende Aussenprüfung hat es sodann die Auffassung vertreten, der Anschaffungsaufwand sei auf brutto 10.000 DM zu limitieren und die AfA – wie nunmehr von der Klägerin beantragt – degressiv auf eine Nutzungsdauer von 20 Jahren zu verteilen. Der nicht aktivierte Differenzbetrag zum Bruttokaufpreis wurde mit je 14.400 DM den Privatkonten der Beteiligten als Entnahmen belastet. Im Bereich der Umsatzsteuer – USt – wurde dementsprechend ein Vorsteuerabzug nur in Ansehung des als betrieblich veranlasst anerkannten Anschaffungsaufwands von 10.000 DM zugelassen. Auf den Aussenprüfungsbericht vom 5. Januar 1984 wird insoweit verwiesen. Die gegen den hiernach geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1979 sowie die erstmaligen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für 1980 und 1981 sowie die geänderte USt-Festsetzung 1979 eingelegten Einsprüche waren teilweise erfolgreich. Der Beklagte hat nunmehr die Netto-Anschaffungskosten voll als betrieblich veranlasst aktiviert, die jährlichen AfA jedoch nach einem fiktiven Anschaffungswert von 10.000 DM bemessen, weil nur in diesem Umfang von einer Angemessenheit des betrieblichen Aufwands im Sinne der Vorschrift des § 4 Abs. V Nr. 7 Einkommensteuergesetz 1977 – EStG – (in der Fassung der Bekanntmachungen vom 5. Dezember 1977, BGBl I, 2365) gesprochen werden könne. Bei der Umsatzsteuer hat es demzufolge die im Brutto-Kaufpreis enthaltene Vorsteuer im Anschaffungsjahr 1979 voll zum Abzug gebracht, in den Folgejahren jedoch die nicht abzugsfähigen AfA-Beträge wie Eigenverbrauch besteuert. Die durch die Einspruchsentscheidung geänderten einheitlichen Einkünfte der Praxisgemeinschaft aus selbständiger Arbeit wurden für 1979 mit 829.789 DM, für 1980 mit 887.429 DM und für 1981 mit 563.054 DM festgestellt. Die Einspruchsentscheidung ist am 16. Januar 1985 zugestellt worden.
Die mit Schriftsatz vom 1. Februar 1985 erhobene Klage ist am 4. Februar 1985 bei Gericht eingegangen. Die Klägerin beantragt,
die angefochtenen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für 1979 bis 1981 sowie die Festsetzungen der Umsatzsteuern für 1979 und 1981, alle in der Form der Einspruchsentscheidung vom 8. Januar 1985 zu ändern und
die einheitlichen Einkünfte
- für 1979 um 1.521 DM
- für 1980 um 2.852 DM
- für 1981 um 2.495 DM
die festgesetzten Umsatzsteuerbeträge
- für 1979 um 198 DM
- für 1981 um 324 DM
zu ermässigen und dem Beklagten die Verfahr...