Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug für die Übernahme des Mandantenstammes aus der Realteilung einer Steuerberatungsgesellschaft. Keine Übernahme eines Mandantenstammes in das Privatvermögen. Kein Ausschluss des Vorsteuerabzugs wegen zeitlich verzögerter Rechnungsausstellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der zu 95 % beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberater-GbR einen Teil des Mandantenstammes von einer durch Realteilung aufgelösten früheren Steuerberater-GbR übernommen und dadurch eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung bezogen, kann der durch seine entgeltliche Geschäftsführertätigkeit für die neue GbR als Unternehmer anzusehende Gesellschafter die Umsatzsteuer aus der Übertragung des – ertragsteuerlich dem Sonderbetriebsvermögen I der neuen GbR zuzuordnenden und dieser unentgeltlich überlassenen – Mandantenstammes als Vorsteuern abziehen.
2. Ein Mandantenstamm ist seinem Wesen nach ein Vermögensgegenstand, der nur in einem unternehmerischen Bereich existent sein kann.
3. Der Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Rechnungsausstellung über eine umsatzsteuerpflichtige Leistung führt beim Leistungsempfänger nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach Rechnungserhalt.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 S. 2, § 26a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9 S. 1, § 1 Abs. 1a; Richtlinie 2006/112/EG Art. 9 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Umsatzsteuer für 2004 wird unter Änderung des Jahressteuerbescheids 2004 in der Fassung der Umsatzsteuer-Erklärung für 2004 vom 18. Januar 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 unter Berücksichtigung eines Vorsteuerbetrags in Höhe von 232.345,28 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft den Vorsteuerabzug für die Übernahme des Mandantenstammes aus der Realteilung einer Steuerberatungsgesellschaft.
Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1994 zu 60 % als Gesellschafter an der X & Partner Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Alt-GbR) beteiligt. Neben ihm waren zu je 20 % die Steuerberater K und W Mitgesellschafter. Zum 31. Dezember 1994 wurde diese Gesellschaft in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter jeweils einen Teil des Mandantenstammes übernahm. Die beiden Gesellschafter K und W waren ab dem 1. Januar 1995 jeweils in Einzelkanzleien in G und R als Steuerberater freiberuflich tätig (siehe hierzu Urteil des Senats vom 24. September 2003 1 K 250/00, EFG 2003, 1776; Rbh, Bl. 11 ff.).
Der Kläger gründete demgegenüber zum 31. Dezember 1994 eine neue Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die ab dem 1. Januar 1995 ebenfalls unter dem Namen X & Partner tätig war (im Folgenden: Neu-GbR). An dieser Gesellschaft waren der Kläger zu 95 % und der – im Jahr 2000 verstorbene – Steuerberater T zu 5 % beteiligt.
Hinsichtlich der Auflösung der Alt-GbR hat der Senat mit seinem Urteil vom 24. September 2003 1 K 250/00 entschieden, dass diese zum 31. Dezember 1994 durch Realteilung aufgelöst worden sei (Rbh, Bl. 11 ff.). Daraufhin setzte der Beklagte am 28. Juni 2004 Umsatzsteuer für 1994 für die Übertragung des Mandantenstamms gegenüber der Alt-GbR fest. Der Umsatzsteuerbescheid wurde bestandskräftig, und die Umsatzsteuerschuld wurde beglichen. Dementsprechend stellte die Alt-GbR, vertreten durch den Kläger, gegenüber dem Kläger hierfür auf den 16. August 2004 eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis aus (Bl. 42; USt VA Aug. 2004, Bl. 3). In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat August 2004, die er im September 2004 beim Beklagten einreichte, machte der Kläger unter anderem die Vorsteuer aus dem Erwerb des Mandantenstamms in Höhe von rund 232.000 EUR geltend. Der Beklagte versagte den Vorsteuerabzug mit Bescheid vom 14. Dezember 2004. Hiergegen legte der Kläger am 12. Januar 2005 Einspruch ein (Rbh, Bl. 2) und reichte am 18. Januar 2006 eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 ein, die zwar den streitigen Vorsteuerbetrag nicht enthielt, in welcher der Kläger allerdings Umsätze als Steuerberater aus der Geschäftsführertätigkeit für die Neu-GbR in Höhe von 44.990 EUR erklärte (USt I, Bl. 11 f.). Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 als unbegründet zurück (Rbh, Bl. 53 ff.). Er war dabei der Auffassung, der Kläger habe zwar den Mandantenstamm aufgrund der Realteilung im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs erhalten, den übern...