rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerungszeitraum der Zahlung von Kindergeld über das 25. Lebensjahr des Kinds hinaus, wenn Beginn und Ende des Zivildienstes mitten im Monat liegt
Leitsatz (redaktionell)
Der Verlängerungszeitraum nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nicht zu kürzen, wenn der Zivildienst nicht am Monatsersten angetreten und deshalb im Monat des Dienstantritts noch Kindergeld bezogen wurde (Anschluss an BFH v. 27.8.2008, III R 88/07).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides vom 5. März 2009 in Form der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2009 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für ihren Sohn M für September 2009 zu bewilligen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter des am 5. November 1983 geborenen Sohnes M. Sie streitet mit dem Beklagten um die Berechtigung zum Erhalt von Kindergeld für den Monat September 2009.
M legte im Sommer 2003 sein Abitur ab. Von August 2003 bis Mai 2004 leistete er seinen Zivildienst ab. Zum Wintersemester 2004 begann er mit dem Medizinstudium, das er derzeit noch betreibt (KiG, Bl. 57). Am 8. Dezember 2008 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Zahlung des Kindergeldes über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus (nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Diesem Antrag entsprach der Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2008 lediglich bis einschließlich August 2009 (KiG, Bl. 41). Unter Hinweis darauf, dass im Jahr 2003 Kindergeld bis einschließlich August gezahlt worden war und damit ein Monat des Zivildienstes bereits abgegolten worden sei, lehnte der Beklagte die Zahlung des Kindergeldes für September 2009 ab.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein (KiG, Bl. 38), den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2009 als unbegründet zurückwies (KiG, Bl. 22 ff.). Hiergegen hat die Klägerin am 22. Mai 2009 Klage erhoben (Bl. 1).
Sie beantragt sinngemäß (Bl. 2),
die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 5. März 2009 in Form der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2009 Kindergeld für September 2009 zu bewilligen.
Die Klägerin verweist auf das Urteil des BFH vom 27. August 2008 III R 88/07, BFH/NV 2009, 132. Der Verlängerungszeitraum entspreche danach auch dann der Dienstzeit, wenn der Dienst nicht am Monatsersten angetreten wurde und daher im ersten Monat des Wehr- oder Zivildienstes noch Kindergeld bezogen worden sei.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist darauf hin, dass das Urteil des BFH vom 27. August 2008 III R 88/07 nicht für allgemein anwendbar erklärt worden sei.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Sie haben sich gleichermaßen mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Klägerin steht der Anspruch auf Kindergeld für M auch für September 2009 zu.
Nach §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Über diesen Zeitraum hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird dann um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum hinausgeschoben.
Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG besteht der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Kindergeld auch im Monat September 2009, da ihr im November 2008 25 Jahre alt gewordener Sohn M dann noch studiert und zehn Monate Zivildienst geleistet hatte.
Eine einschränkende Auslegung des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG hält der BFH nicht für geboten (BFH vom 27. August 2008 III R 88/07, BFH/NV 2009, 132). Dem schließt sich der Senat ausdrücklich an. Der Verlängerungszeitraum ist demnach nicht zu kürzen, wenn der Wehrdienst – wie im Fall von M – nicht am Monatsersten angetreten und deshalb im Monat des Dienstantritts noch Kindergeld bezogen wurde.
Der Klage war folglich mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters folgt aus dem erklärten Einverständnis der Beteiligten (§ 79 a Abs. 3, 4 FGO). Der Senat kon...