Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristgerechte Abgabe der Einkommensteuererklärung als Voraussetzung für die Durchführung einer Antragsveranlagung. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG ist der Antrag auf Veranlagung „bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen”. Der Gesetzgeber hat damit Antrag und Abgabe der Einkommensteuererklärung auch verfahrensrechtlich zu einer Rechtshandlung zusammengefasst, so dass der Antrag auf Veranlagung nur noch durch Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden kann.
2. Wird die Einkommensteuererklärung nicht innerhalb der Zweijahresfrist abgegeben, so ist auch der Antrag nicht wirksam gestellt. Ein Anspruch auf Durchführung einer Antragsveranlagung besteht in diesem Fall auch dann nicht, wenn das FA innerhalb der Zweijahresfrist einen Schätzungsbescheid erlassen und nach Ablauf der Zweijahresfrist auf den Einspruch des Klägers hin wieder aufgehoben hat.
Normenkette
EStG 1997 § 46 Abs. 2 Nr. 8 Sätze 1-2
Tenor
1. Die Klage der Klägerin wird als unzulässig, die des Klägers wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die seit 1997 verheirateten Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG. Ferner ist er Eigentümer einer Eigentumswohnung, aus der ihm Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) zufließen.
Trotz Aufforderung durch das Finanzamt hat der Kläger für 1997 keine Einkommensteuererklärung eingereicht, so dass die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt und der Einkommensteuerbescheid 1997 am 1. Februar 1999 dem Kläger gegenüber unter Anwendung der Grundtabelle dementsprechend festgesetzt wurde. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 25. Februar 1999 durch einen Steuerberater Einspruch erhoben. Die Steuererklärung 1997 sollte bis zum 20. April 1999 eingereicht und wegen Heirat die Zusammenveranlagung durchgeführt werden. Die Einkommensteuererklärung 1997 wurde schließlich am 24. Mai 2000 beim Finanzamt eingereicht.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass eine Antragsveranlagung nicht in Betracht komme, weil die Frist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG abgelaufen sei. Durch Einspruchsentscheidung vom 29. August 2001 hat der Beklagte den Einspruch zurückgewiesen, den angefochtenen Schätzungsbescheid vom 1. Februar 1999 von Amts wegen aufgehoben und die bereits gezahlten Steuerbeträge erstattet (Bl. 11).
Am 27. September 2001 erhoben die Kläger Klage.
Sie beantragen sinngemäß (Bl. 17),
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 29. August 2000 das beklagte Finanzamt zu verpflichten, für 1997 eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen,
§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nehme auf § 150 AO Bezug, wonach ein amtlicher Vordruck eingereicht werden müsse. Es reiche aus, dass der Steuerpflichtige seinen Willen auf Durchführung einer Antragsveranlagung ausreichend darstelle. Der Kläger habe im Streitfall die Lohnsteuerkarte innerhalb der Zweijahresfrist eingereicht, die Zusammenveranlagung gewählt und Anträge auf Fristverlängerung zur Abgabe der Erklärung gestellt. Zudem habe der Beklagte bereits von sich aus eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt. Wäre den Klägern nur daran gelegen gewesen, die Aufhebung des Schätzungsbescheides zu verlangen, so hätte es im Einspruchsverfahren ausgereicht, die Lohnsteuerkarte vorzulegen und formlos zu erklären, dass keine anderen Einkünfte vorliegen würden. Es sei aber von Anfang dargelegt worden, dass weitere Besteuerungstatbestände zu berücksichtigen seien, die in einer Einkommensteuererklärung erklärt und erläutert werden sollten. Insoweit müssten die Grundsätze des BFH-Urteils vom 16. Dezember 1986, BStBl. II 1987, 338 zur Anwendung kommen (Bl. 26 f.).
Die vom Finanzamt ursprünglich durchgeführte Einkommensteuerveranlagung sei nicht durch die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gedeckt gewesen. Insoweit habe der Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen; die Kläger hätten annehmen müssen, er werde auf jeden Fall eine Veranlagung durchführen (Bl. 27 f., 34).
Der Beklagte beantragt,
die Klage der Klägerin als unzulässig und die des Klägers als unbegründet abzuweisen.
Der Klage der Klägerin fehle es am Vorverfahren (Bl. 37). Die Klage des Klägers sei unbegründet, weil es nicht ausreiche, dass der Steuerpflichtige durch die Vorlage der Lohnsteuerkarte und den Hinweis auf eine Zusammenveranlagung seinen Willen zur Veranlagung kundtue. Es müsse vielmehr eine Steuererklärung eingereicht werden (Bl. 31, 39 f.).
Das BFH-Urteil vom 16. Dezember 1986, BStBI. II 1987, 338 betreffe Streitjahre, in denen der Antrag auf Veranlagung noch formlos habe erfolgen können. Für 1997 sei das BFH-Urteil vom 18. August 1998 VII R 114/97, BStBI. II 1999, 84 einschlägig, das klarstelle, dass der Ant...