Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifermäßigung bei Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nach EStG 1999 verfassungsrechtlich bedenklich
Leitsatz (redaktionell)
Unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit und Übergangsgerechtigkeit bei Änderungen der Steuergesetzte bestehen schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der lediglich in den Jahren 1999 und 2000 geltenden 1/5-Regelung für die Tarifermäßigung bei Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen, die sowohl nach der bis zum Jahr 1998 als auch nach der ab dem Jahr 2001 geltenden Gesetzeslage (Tarifermäßigung in Fällen der Altersversorgung) dem halben Steuersatz unterlegen hätten.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens um die Verfassungsmäßigkeit der Einkommensbesteuerung eines vom Antragsteller im Jahr 1999 erzielten Gewinns aus der Veräußerung eines Kommanditanteils.
...
Der „vor 1942” geborene Antragsteller war als Geschäftsführer der…(im Folgenden: KG) nichtselbstständig tätig. Darüber hinaus erzielte der Antragsteller u.a. gewerbliche Einkünfte aus seiner Beteiligung an der KG. Er war seit…Kommanditist der KG. Nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen konnte ein Kommanditist jeweils im 3-Jahres-Turnus mit einer Frist von einem Jahr die Kündigung der KG erklären. Unter Bezugnahme auf dieses vertragliche Recht kündigte der Antragsteller den Gesellschaftsvertrag mit Erklärung vom 19.12.1998 auf den 31.12.1999. Nach Erstellung des Jahresabschlusses 1999 und Verhandlungen innerhalb des Gesellschafterkreises vereinbarten die Gesellschafter der KG am 29.11.2000 einen sog. Auseinandersetzungsvertrag, nach dem der Antragsteller zum 31.12.1999 aus der Gesellschaft ausscheidet und eine Abfindung in Höhe von…DM erhält. Diesen Betrag erhielt der Antragsteller abredegemäß als Abschlag in Höhe von…DM vorab und in Höhe von…DM nach Vertragsschluss zum 30.11.2000.
Der Antragsgegner setzte die Einkommensteuer 1999 nach Einreichung der Einkommensteuererklärung 1999 mit Bescheid vom 18.09.2000 zunächst ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns fest. Nach einer Mitteilung des zuständigen Festsetzungs-Finanzamtes über die Höhe der Einkünfte aus der Beteiligung an der KG, die u.a. einen Veräußerungsgewinn von…DM auswies, änderte der Antragsgegner mit Bescheid vom 21.05.2001 die Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) entsprechend. Dabei ermittelte er die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer auf der Grundlage der sog. 1/5-Regelung des § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1999.
Zugleich mit Einreichung der Steuererklärung stellten die Antragsteller am 20.07.2000 einen Antrag auf Anwendung des halben Steuersatzes für den Veräußerungsgewinn 1999 gemäß § 163 AO. Zur Begründung verwiesen die Antragsteller darauf, dass zum Zeitpunkt der Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung die §§ 16, 34 EStG 1998 ebenso wie die ab dem 01.01.2001 geltenden Bestimmungen der §§ 16, 34 EStG 2001 die Besteuerung zum halben Steuersatz vorsähen und lediglich in dem Zwischenzeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2000 mit der sog. 1/5-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999 eine andere, für die Antragsteller ungünstigere Regelung Platz griffe. Dies rechtfertige die Anwendung des halben Steuersatzes auch auf die vorliegende Abfindung im Veranlagungszeitraum 1999.
Der Antragsgegner wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21.05.2001 zurück. Dagegen erhoben die Antragsteller am 18.06.2001 Einsprüche und zahlten die mit dem Änderungsbescheid festgesetzte Steuerschuld. Nach Änderung der gesonderten Festsetzung der Höhe des Veräußerungsgewinns auf .. DM änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerfestsetzung 1999 am 04.07.2001 erneut. Am 17.08.2001 lehnte der Antragsgegner einen in der Einspruchsbegründung gestellten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Einkommensteuerschuld 1999 ab.
Die Einsprüche gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 und die Ablehnung des Erlasses der Einkommensteuerschuld 1999 sind bislang vom Antragsgegner nicht beschieden worden.
Den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung verfolgen die Antragsteller mit ihrem am 30.08.2001 beim Finanzgericht eingegangene Antrag weiter.
Sie behaupten, dass die Beteiligung des Antragstellers an der KG die Altersversorgung beider Antragsteller dargestellt habe. Die schwierige wirtschaftliche Lage im Einzelhandel und die Verlustsituation des Unternehmens in den letzten Jahren hätten den Antragsteller dazu veranlasst, sich von seiner Beteiligung zu trennen, um seine Altersversorgung nicht zu gefährden. So sei im Jahre 1998 definitiv der Entschluss zum Ausscheiden aus der Gesellschaft getroffen worden. Seine Absicht, die Gesellschaft zum Jahresende 1998 zu verlassen, sei jedoch auf Grund des Beharrens der Mitgesellschafter auf Einhaltung des gesellschaftsvertraglichen Fristen nicht zu verwirklichen gewese...