Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht bei Tätigkeit als Rechtsanwalt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein pensionierter Beamter, der im Arbeitszimmer seines Wohnhauses ohne Reaktion auf Dauerverluste eine Rechtsanwaltskanzlei mit Kleinstumsätzen betreibt, handelt mangels objektiver Eignung des Betriebs zur Überschusserzielung ohne Einkunftserzielungsabsicht.
  2. Die Tatsache, dass ein Rechtsanwalt ein Organ der Rechtspflege ist, führt steuerlich zu keiner auf diese Stellung abhebenden besonderen Beurteilung.
  3. Die persönlichen Gründe, die zu der Ausübung einer Tätigkeit geführt haben, müssen nicht in jedem Fall ihrer Art nach positiv benannt werden.
  4. Eine hauptberufliche Tätigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige zwar keine andere aktive Erwerbstätigkeit ausübt, der geringe Umfang von Einnahmen und Ausgaben aber nicht auf einen hauptberufstypischen Tätigkeitsumfang schließen lässt.
 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

I.

Die Kläger wurden zuletzt durch Bescheid vom 12.9.1997 für das Streitjahr 1996 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Streitig ist, ob der Kläger mit Einkunftserzielungsabsicht als Rechtsanwalt tätig war.

Der Kläger erzielte Einkünfte aus Versorgungsbezügen aus seiner früheren Tätigkeit als Beamter. Er hat sich außerdem seit 1985 als Rechtsanwalt niedergelassen. Für die Jahre 1985 und 1986 wurden die hieraus erzielten Verluste vom Finanzamt „A” steuerlich anerkannt. Aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erklärte der Kläger auch in den nachfolgenden Jahren ausschließlich Verluste:

1987: 4.821 DM

1988: 1.283 DM

1989: 7.494 DM

1990: 3.396 DM

1991: 7.647 DM

1992: 8.773 DM

1993: 8.552 DM

1994: 7.963 DM

1995:10.238 DM

1996:10.509 DM

1997:11.301 DM

1998: 7.822 DM

1999: voraussichtlich 10.810 DM

Die erklärten Betriebsausgaben setzen sich im wesentlichen aus Kfz-Kosten (ca.5.800 DM), Telefongebühren (929 DM), Kosten für Literatur (1.449 DM) und Bürobedarf (1.7449 DM) sowie Versicherungsbeiträgen (1.964 DM) und anteiligen Gebäudeaufwendungen von 1.890 DM zusammen.

Dabei gab er Umsätze aus der Rechtsanwaltstätigkeit in folgender Höhe an:

1987: 462 DM

1988: 2.478 DM

1989: 0 DM

1990: 7.968 DM

1991: 1.139 DM

1992: 1.012 DM

1993: 593 DM

1994: 0 DM

1995: 1.134 DM

1996: 1.244 DM

1997: 0 DM

1998: 2.925 DM

Die für das Streitjahr erklärten Verluste in Höhe von 10.509,78 DM hat der Beklagte nicht zum steuerlichen Abzug zugelassen. Hiergegen haben die Kläger Einspruch eingelegt, der jedoch ohne Erfolg blieb. Daraufhin haben sie am 17.11.1997 Klage erhoben.

Die Kläger weisen insbesondere auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- hin, wonach gerade die rechtsanwaltliche Berufstätigkeit die Einkunftserzielungsabsicht gleichsam indiziere (BFH Urteil vom 22.4.1998 XI R 10/97, BStBl.II 1998,663), und zitieren außerdem ein nicht veröffentlichtes Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 10.6.1999 Az. IV 363/97 in dem trotz langjähriger Verluste aus einem Groß- und Einzelhandel die Einkunftserzielungsabsicht bejaht wurde.

Zu beachten sei dabei, daß es sich um einen Rechtspflegeberuf handele, der nicht mit kommerziellen Berufen vergleichbar sei.

Er, der Kläger, habe in dem selbstbewohnten Einfamilienhaus der Kläger ein Büro eingerichtet und am Hauseingang ein Schild mit der Aufschrift Rechtsanwalt angebracht. Er habe vor allem Mandate im Bereich des öffentlichen Rechts betreut, was auf seine Kenntnisse zurückzuführen sei, die er bei seiner früheren Tätigkeit als Rechtsrat erworben habe. Die erklärten Einnahmen habe er aus Mandaten für Bekannte und durch Familienmandate erzielt. Ihm könne nicht angelastet werden, daß er nicht mehr Mandate bekommen habe. Angesichts der schwierigen Marktlage und des Überangebots an Rechtsanwälten treffe ihn hieran keine Schuld. Sei 1989 sie er überdies bei dem „Anwalt-Suchservice” als „Allgemeinpraxis” eingetragen. Über die…in…habe er seit 1997 versucht, zusätzlich für sich zu werben.

Die Kläger beantragen,

die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung für 1996 in der Weise zu ändern, daß 10.509 DM Verluste aus freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt berücksichtigt werden und die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt wird,

im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Der geltend gemachte Verlust ist wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht im Wege des Verlustausgleichs in die Ermittlung der Einkommensteuer für 1996 einzubeziehen.

Kennzeichnend für die in § 2 Abs.1 Nr.1 bis 7 Einkommensteuergesetz -EStG- definierten Einkunftsarten ist, daß ihnen zugrundeliegende Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984,751). Daher gilt auch für die Einkunftsart selbständige Arbeit, daß die Absicht auf die Dauer der voraussichtlichen Tätigkeit einen sogenannten Totalüberschuß der Betriebseinnahmen über ...

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