rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schriftstellerische Tätigkeit eines Hochschullehrers als selbständige und auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit; Buchpräsente als Betriebsausgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur bei organisatorischer Eingliederung der fachwissenschaftlichen Publikationstätigkeit eines Hochschullehrers in den Hochschulbetrieb kann diese Nebentätigkeit der nichtselbständigen Haupttätigkeit zugeordnet werden.
2. Muss sich ein nebenberuflicher Schriftsteller zunächst einen Widerhall in der fachwissenschaftlichen Öffentlichkeit erarbeiten, so kann seine Gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen in 8 Jahren überwiegend erzielter Verluste verneint werden.
3. Bücherpräsente eines Schriftstellers an Bibliotheken, andere öffentliche Einrichtungen und - zwecks fachwissenschaftlichen Austauschs - an Hochschulkollegen können nicht als nicht abziehbare Aufwendungen für Geschenke behandelt werden, da sie bei den Empfängern nicht die Kosten der Lebensführung berühren.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 1 S. 1, Abs. 7, § 12 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger hat an der Hochschule in „ X „ einen Lehrstuhl für Philosophie.
In seinen Einkommensteuererklärungen für 1991 und 1992 machte der Kläger Aufwendungen von 21.519 DM (1991) und 28.515 DM (1992) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Daneben erklärte er im Zusammenhang mit seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen Verluste aus selbständiger Arbeit von 1.691 DM (1991; Einnahmen 688 DM, Ausgaben 2.378,80 DM) und 7.563 DM (1992; Einnahmen 0 DM, Ausgaben 7.562,73 DM); in den Ausgaben für das Jahr 1992 waren u. a. „Buchpräsente” in Höhe von 3.136,78 DM enthalten. Nach einer Aufstellung des Beklagten in den Einspruchsentscheidungen hatte der Kläger für seine schriftstellerische Tätigkeit von 1986 bis 1995 folgende Gewinne und Verluste erklärt:
1986 |
1.323 DM |
1987 |
777 DM |
1988 |
./. 115 DM |
1989 |
./. 10.806 DM |
1990 |
./. 1.737 DM |
1991 |
./. 1.690 DM |
1992 |
./. 7.562 DM |
1993 |
5.864 DM |
1994 |
3.210 DM |
1995 |
0 DM |
In den Einspruchsverfahren beantragten die Kläger, die Werbungskosten in vollem Umfang anzuerkennen und mit der Begründung, auch die schriftstellerische Tätigkeit gehöre zum Hauptberuf des Klägers, die Verluste aus der schriftstellerischen Tätigkeit ebenfalls als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu behandeln. Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 09.11.1994 für 1992 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem er einen Verlust aus selbständiger Arbeit von 4.426 DM anerkannte, wobei er insoweit die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig machte; bei der Berechnung des Verlustes erkannte er die „Buchpräsente” in Höhe von 3.136,78 DM nicht als Betriebsausgaben an.
In den Einspruchsentscheidungen vom 30.03.1998, in denen nunmehr zwar alle Werbungskosten, aber keine Verluste aus selbständiger Arbeit anerkannt wurden, setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 1991 auf 21.928 DM und für 1992 auf 22.374 DM herab; während des Klageverfahrens wird die Einkommensteuer für 1991 durch einen gemäß § 53 Einkommensteuergesetz (EStG; Steuerfreistellung des Existenzminimums von Kindern) ergangenen geänderten Einkommensteuerbescheid auf 21.918 DM herabgesetzt. Zur Begründung gab der Beklagte in den Einspruchsentscheidungen an, die schriftstellerische Tätigkeit des Klägers werde nicht im Rahmen seines Dienstverhältnisses, sondern selbständig geleistet. Diese Tätigkeit sei jedoch als so genannte Liebhaberei keine einkommensteuerlich relevante Tätigkeit. Obwohl Verluste in der Anlaufphase regelmäßig noch nicht auf das Vorliegen einer Liebhaberei schließen ließen, sei im Streitfall nach zehn Jahren nicht erkennbar, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Führung nachhaltig mit Gewinn arbeiten könne. Der Kläger habe auch nach besonderer Aufforderung nicht anhand äußerer Merkmale bewiesen, dass eine ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht bestehe. Die Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich der schriftstellerischen Tätigkeit hat der Beklagte in den Einspruchsentscheidungen aufgehoben.
Ihre Klage haben die Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Tätigkeit des Klägers als Lehrstuhlinhaber für Philosophie sei eine einheitliche und umfasse sowohl die Lehre als auch die Forschung. Da in der geisteswissenschaftlichen Disziplin der Philosophie die Forschung aus der Veröffentlichung philosophischer Schriften bestehe, sei die Tätigkeit des Klägers insgesamt eine solche i. S. von § 19 EStG. Der Kläger nehme seine publizistische Tätigkeit im Hinblick auf eine berufliche Verbesserung wahr, die nicht zwingend eine Erhöhung der Einnahmen bedeute, sondern auch z. B. in einer Verbesserung der beruflichen Situation (bessere Ausstattung des Lehrstuhls) oder in einer Erhöhung des Bekanntheitsgrads des Klägers in wissenschaftlichen Kreisen liegen könne. Den Lehrstühlen an „Hochschulen” stünde, anders als vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Lehrstühlen an ...