Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Bei doppelstöckigen Personengesellschaften ist die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG für jede Personengesellschaft gesondert zu prüfen.
- Auszahlungen von Gewinnanteilen zwischen verbundenen Unternehmen stellen Entnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG dar.
- Dem Entnahmecharakter der Zahlungen steht nicht entgegen, dass die entnommenen Beträge im Konzern und damit letztlich der an dessen Spitze stehenden Holding AG verbleiben, die als Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre besitzt. Eine konzernbezogene Betrachtungsweise sieht § 4 Abs. 4a EStG nicht vor.
- Bei der Bestimmung der Überentnahmen der Personengesellschaft im laufenden Wirtschaftsjahr ist der Gesamthandsbilanzgewinn mit dem aus der Abschreibung des Firmenwerts resultierenden Ergänzungsbilanzverlust zu saldieren. Aus § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG ergibt sich nichts anderes.
- Schuldzinsen i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG sind auch die Entgelte, die für den Ausgleich bestehender Schuldsalden an eine Konzerngesellschaft im Rahmen eines Cash-Pool-Systems zu entrichten sind.
- Die Ungleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften in Bezug auf die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, Abs. 4a Sätze 2, 4-5; GG Art. 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes – EStG – im Konzern.
Die Klägerin, eine im Bereich der Glas- und Gebäudereinigungsdienstleistungen tätige GmbH & Co. KG, ist Teil des B-Konzerns. An der Spitze des Konzerns steht die B-Holding AG, die mittelbar über verschiedene Personengesellschaften zu 100 % an der Klägerin beteiligt ist. Komplementärgesellschaft der Klägerin ist die C-Gebäudereinigung Beteiligungs GmbH, Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % die C-Gebäudereinigung D GmbH & Co. KG. Nach der gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsabrede der Klägerin erhält die Komplementärin eine Haftungsvergütung, während der verbleibende Gewinn der Kommanditistin zusteht. Die Kommanditistin entnimmt ihren (handelsrechtlichen) Gewinnanteil jeweils in dem auf das Wirtschaftsjahr folgenden Jahr in voller Höhe.
Die Klägerin nimmt am Cash-Pool-System des B-Konzerns teil, für das die C-Service Holding GmbH & Co. KG als zentrale Finanzierungsgesellschaft dient. Das Cash-Pool-System funktioniert dergestalt, dass am Tagesende auf dem Kontokorrentkonto der Klägerin bestehende Guthaben zur Muttergesellschaft umgebucht und Schuldsalden von der Muttergesellschaft ausgeglichen werden. Zum Tagesende besteht gegenüber der Bank weder eine Forderung noch eine Verbindlichkeit der Klägerin, solche bestehen ersatzweise gegenüber dem Konzern. Für die Übernahme der Banksalden werden übliche Zinsen berechnet. Die Besicherung des Kreditrahmens erfolgt einheitlich durch die Obergesellschaft gegenüber der Bank. Über dieses Finanzierungssystem werden auch Jahresüberschüsse der Klägerin an ihre Kommanditistin abgeführt bzw. Fehlbeträge von dieser ausgeglichen.
Im Jahr 2005 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E-Stadt eine Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 bei der Klägerin durch und ermittelte nicht abzugsfähige Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in folgender Höhe:
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2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
Steuerbilanzgewinn |
344.306 DM |
368.260 DM |
365.232 EUR |
492.444 EUR |
Ergänzungsbilanzergebnis |
-560.470 DM |
-560.470 DM |
-286.563 EUR |
-286.563 EUR |
Außerbilanzielle Korrekturen |
5.086 DM |
163.972 DM |
2.437 EUR |
2.283 EUR |
= Gewinn vor § 4 Abs. 4a EStG |
-211.078 DM |
-28.238 DM |
81.106 EUR |
208.164 EUR |
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Einlagen und Entnahmen (keine Einlagen getätigt) |
-326.757 DM |
-343.460 DM |
-188.652 EUR |
-365.138 EUR |
(Positiver) Gewinn laufendes Wirtschaftsjahr |
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- |
81.106 EUR |
208.164 EUR |
= Zwischensumme 1 |
-326.757 DM |
-343.460 DM |
-107.546 EUR |
-156.974 EUR |
Laufender Verlust (max. positive Zwischensumme 1) |
- |
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- |
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= Über-/Unterentnahme laufendes Wirtschaftsjahr |
-326.757 DM |
-343.460 DM |
-107.546 EUR |
-156.974 EUR |
Verbleibende Unterentnahmen Vorjahr |
- |
- |
- |
- |
= Zwischensumme 2 |
-326.757 DM |
-343.460 DM |
-107.546 EUR |
-156.974 EUR |
Verbleibende Überentnahmen Vorjahr |
-722.608 DM |
-1.049.365 DM |
-712.140 EUR |
-819.686 EUR |
= Verbleibende Über-/ Unterentnahmen |
-1.049.365 DM |
-1.392.825 DM |
-819.686 EUR |
-976.660 EUR |
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Davon 6 % |
62.962 DM |
83.570 DM |
49.181 EUR |
58.600 EUR |
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Schuldzinsen |
28.706 DM |
19.564 DM |
7.003 EUR |
11.533 EUR |
Sockelbetrag |
4.000 DM |
4.000 DM |
2.050 EUR |
2.050 EUR |
Höchstbetrag |
24.706 DM |
15.564 DM |
4.953 EUR |
9.483 EUR |
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Hinzurechnungsbetrag |
24.706 DM |
15.564 DM |
4.953 EUR |
9.483 EUR |
Zur Begründung führte die Betriebsprüfung aus, bei mehrstöckigen Personengesellschaften sei auf den Gewinn der jeweiligen Gesellschaft abzustellen, jedoch blieben festgestellte Gewinn- bzw. Verlustanteile aus im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an Mitunternehmerschaften unberücksichtigt. Erst Auszahlungen aus...