rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der grunderwerbsteuerlichen Anzeigepflicht bei mittelbarem Anteilserwerb an einer Grundbesitz haltenden Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Der mittelbare Erwerb sämtlicher Anteile an einer Grundbesitz haltenden Gesellschaft über eine Beteiligungskette zwischengeschalteter Gesellschaften unterliegt der Grunderwerbsteuer.
- Im Falle der Aufeinanderfolge von grunderwerbsteuerlichen Ergänzungs- und Haupttatbeständen setzt eine Begrenzung der Steuererhebung auf den Unterschiedsbetrag der Bemessungsgrundlage die Identität des Erwerbers voraus. Dies gilt auch bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns.
- Die den Anlauf der Festsetzungsverjährung hemmende Anzeigepflicht bei Übertragung von 95% der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft besteht auch bei mittelbarem Erwerb über zwischengeschaltete Gesellschaften.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 6 S. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 6, § 20 Abs. 1 Nrn. 2-3, Abs. 2; AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 1, 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine niederländische Kapitalgesellschaft. Sie ist, genauso wie die „As”, eine 100%tige Tochtergesellschaft der britischen börsennotierten Gesellschaft, „Am”, welche weltweit in der Baustoffproduktion tätig ist.
Mit Vertrag vom 14.06.1995 erwarb die Klägerin von ihrer Schwestergesellschaft („As”) sämtliche Anteile an der „A-Beteiligungs-GmbH”, die wiederum mittelbar, d. h. über die „S-Verwaltungs-GmbH”, an der grundbesitzhaltenden „S-GmbH” mit Sitz in „E-Stadt” beteiligt war.
Nach Anhörung der Klägerin erließ der Beklagte gegen diese als Erwerberin am 13.03.2000 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer. Die Besteuerungsgrundlagen wurden für den Erwerb aller Anteile der „S-GmbH” gemäß § 17 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gesondert festgestellt. Die Grundstücke, auf die sich der Vorgang bezog, sowie die Feststellungen dazu ergaben sich aus der Anlage zum Bescheid. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Der Bescheid lasse eine Besteuerungsgrundlage nicht erkennen. Eine solche sei auch nicht ersichtlich. Insbesondere komme § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht als Besteuerungsgrundlage in Betracht, da die Klägerin die Anteile an der „S-GmbH” nur mittelbar erworben habe. Bei wortgetreuer Anwendung des Gesetzes führe aber nur die unmittelbare Übertragung von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft zur Steuerbarkeit. Sollte dennoch ein Steueranspruch entstanden sein, wäre dieser verjährt, denn die Festsetzungsfrist sei am 14.06.1999, vier Jahre nach Erteilung der Zustimmung zur Übertragung der Anteile, abgelaufen. Eine Meldepflicht nach § 19 GrEStG habe nicht bestanden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 22.08.2001 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus: Durch den Anteilsübertragungsvertrag vom 14.06.1995 sei eine Vereinigung aller Anteile einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft in der Hand der Klägerin bewirkt worden. Dieser Vorgang unterliege gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer, da erstmals alle Anteile einer neuen Konzergesellschaft zugeordnet würden. Nach Verwaltungsauffassung seien Grundstücke in einer Konzernkette nicht nur dem direkten Anteilseigner und der grundbesitzenden Gesellschaft zuzurechnen, sondern auch all denjenigen Gesellschaften, in deren Hand sich mittelbar oder unmittelbar alle Anteile erstmals vereinigen. Eine Verjährung des Steueranspruchs sei nicht eingetreten. Die Festsetzungsfrist beginne mit Ablauf des 31.12.1998 und ende mit Ablauf des 31.12.2002 (§§ 170 Abs. 2 Nr. 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Die Klägerin sei gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG a.F. verpflichtet gewesen, den Vertrag vom 14.06.1995 anzuzeigen. Die Anzeigepflicht treffe alle Personen, die nach § 13 GrEStG Steuerschuldner seien, also auch ausländische Gesellschaften. Die bloße Möglichkeit einer Steuerpflicht reiche aus, um die Anzeigepflicht zu begründen.
Mit ihrer am 21.09.2001 erhobenen Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor:
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Anzeigepflicht der Klägerin habe nicht nach § 19 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG bestanden, da nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Anzeigepflicht nur bestehe, wenn zu der Gesellschaft, deren Anteile übertragen würden, Grundstücke gehörten. Die „A-Beteiligungs-GmbH”, deren Anteile die Klägerin erworben habe, sei aber keine grundbesitzhaltende Gesellschaft gewesen. Eine andere Auslegung der Vorschrift sei nicht geboten. Mangels Anzeigepflicht greife die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO hinsichtlich der Festsetzungsfrist nicht ein. Die Verjährung...