Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Fahrtkosten von der Wohnung zur Ausbildungsstätte als besondere Ausbildungskosten bei den Einkünften eines Kindes im Rahmen der Kindergeldfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Grenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG sind die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes um die Unterhaltsleistungen an dessen eigenes Kind zu mindern.
- Der Unterhaltsbedarf des Enkelkindes ist nicht nach der Düsseldorfer Tabelle, sondern mit dem durch das Einkommensteuergesetz festgelegten Betrag für das sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) und dem Betreuungsbedarf abzüglich des für das Enkelkind gezahlten Kindergeldes anzusetzen.
- Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes sind nicht um die Unterhaltsleistungen an dessen Ehegatten zu mindern, da dies zu einer mittelbaren Unterhaltspflicht der Schwiegereltern gegenüber dritten Personen führen würde, die es nach dem Gesetz nicht gibt.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2; BGB § 1610
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger für sein Kind B, geb. 01.01.1978, Kindergeld für das Jahr 2004 zu gewähren ist.
Der Sohn des Klägers studierte an der Universität. Er war außerdem im Jahre 2004 als studentische Hilfskraft bei der Fa. C GmbH beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte i.H.v. 17.241,97 EUR. Die Rentenversicherungsbeiträge beliefen sich auf 1.662,50 EUR und die Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge auf 771,61 EUR.
Seit Mai 2003 ist der Sohn verheiratet; am 27.07.2003 wurde seine Tochter D geboren.
Für das Jahr 2004 beantragte der Kläger Kindergeld für seinen Sohn B. Den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) unterschritt der Sohn nach der Erklärung des Klägers nur dadurch, dass von dem Bruttoarbeitslohn die Miete für die eigene Wohnung in Z-Stadt, incl. Nebenkosten für einen 3-Personenhaushalt i.H.v. 473,75 EUR pro Monat (insgesamt 5.685 EUR pro Jahr) abgezogen wurde.
Mit Bescheid vom 23.11.2004 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kindergeld ab. Die Ablehnung begründete der Beklagte damit, dass das Einkommen des Sohnes voraussichtlich den maßgeblichen Grenzbetrag i.H.v. 7.680 EUR im Kalenderjahr 2004 überschreite. Bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Sohnes berücksichtigte der Beklagte die vom Kläger angegebenen erhöhten Werbungskosten i.H.v. insgesamt 2.918,50 EUR, nicht aber die Miet- und Nebenkosten für den 3-Personenhaushalt.
Gegen den Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
Im Einspruchsverfahren wies der Kläger Aufwendungen seines Sohnes für Arbeitsmittel i.H.v. insgesamt 410,24 EUR, Kontoführungsgebühren i.H.v. 136,80 EUR, Studiengebühren i.H.v. 270,06 EUR sowie Miete und Nebenkosten für die Wohnung in Z-Stadt i.H.v. insgesamt 5.741,76 EUR nach. Dem Sohn seien außerdem Aufwendungen für die Fahrten zur Ausbildungsstätte (Uni) mit dem eigenen Pkw an 194 Tagen i.H.v. 698,40 EUR (194 Tage x 10 km einfache Entfernung x 0,36 EUR) und für Fahrten zur Arbeitsstätte an 225 Tagen von insgesamt 1.620 EUR (225 Tage x 24 km Hin- und Rückfahrt x 0,30 EUR) entstanden. Darüber hinaus beantragte der Kläger die Unterhaltskosten, die seinem Sohn für das eigene Kind D entstanden seien, von den Einkünften und Bezügen des Sohnes abzuziehen. Da in der Einspruchsentscheidung vom 29.04.2004 wegen Kindergeld für das Jahr 2003 die Unterhaltskosten für den Zeitraum vom 27.07.2003 bis 31.12.2003 i.H.v. 2.926 EUR anerkannt worden seien, ergebe sich für das Jahr 2004 eine zu berücksichtigende Belastung i.H.v. 6.840 EUR. Die Einkünfte der Ehefrau des Sohnes aus nichtselbstständiger Tätigkeit betrügen im Jahre 2004 1.017 EUR.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2006 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Für den streitigen Zeitraum seien folgende Einkünfte und Bezüge anzurechnen:
Art der Einkünfte/Bezüge sowie Zeitraum: |
Euro |
Erwerbseinkommen |
17.241,97 |
RV/ALV-Beitrag |
1.662,50 |
KV/PV-Beitrag |
771,61 |
Fahrtkosten Uni (Hin- und Rückf.) = Ausbildungskosten |
1.164,00 |
Fahrtkosten Arbeitsstätte Fa. C GmbH (einf. Entfernung) |
806,40 |
Arbeitsmittel |
410,24 |
Kontoführung |
136,80 |
Unterhaltsleistungen für D(7.680 EUR - 1.848 EUR KG : 2) |
2.916,00 |
insgesamt: |
9.374,42 |
Die ermittelten Einkünfte und Bezüge des Sohnes i.H.v. 9.374,42 EUR überschritten den maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680 EUR. Somit bestehe kein Anspruch auf Kindergeld.
Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben.
Der Beklagte habe bei der Berechnung des Nettoeinkommens i.H.v. 9.374,42 EUR einige Abzugsposten unberücksichtigt gelassen. Dazu zählten die Studiengebühren i.H.v. 270,06 EUR, die Fahrtkosten zur Uni (Hin- und Rückfahrt) i.H.v. 1.164 EUR sowie die Fahrtkosten zur 16 km entfernten Arbeitsstätte i.H.v. insgesamt 2.160 EUR (32 km x 225 Tage x 0,30 EUR). Es sei nicht nachvollziehbar, warum nur die Kosten für die einfache Fahrt, und nicht für den Hin- und Rückweg abziehbar seien. Der Kläger müsse sowohl von der Ausbildungs- als auch von seiner Arbeitsstätte wieder nach Hause fahren,...