Entscheidungsstichwort (Thema)
Recht des Staates zur unterschiedlichen Behandlung von Religionsgemeinschaften
Leitsatz (redaktionell)
- Einem der islamischen Religionsausübung dienenden Verein steht ohne eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes (KöR) die Grundsteuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG nicht zu.
- Die weder auslegungs- noch analogiefähige Privilegierung der jüdischen Kultusgemeinden in Bezug auf die Anerkennung als KöR durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG ist als sachgerechte Differenzierung verfassungsgemäß.
- Die im Übrigen geltende Beschränkung steuerlicher Privilegierungen auf in der Rechtsform einer KöR verfasste Religionsgesellschaften würde nur dann den Gleichheitssatz verletzen, wenn es anderen Religionsgesellschaften in unzumutbarer Weise erschwert würde, diesen Status zu erlangen, obwohl sie die materiellen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte.
- Die Befreiung von der Grundsteuer kann auch durch Anfechtung des Einheitswertbescheides geltend gemacht werden, sofern die Finanzbehörde nicht ausdrücklich die Entscheidung über grundsteuerrechtliche Fragen dem Steuermessbetragsverfahren vorbehalten hat.
Normenkette
GrStG § 3 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, 3 S. 1, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 5 S. 2; AO § 184 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der den in Deutschland lebenden oder sich in Deutschland aufhaltenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung gibt.
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Der Kläger erwarb mit notariell beurkundeten Kaufvertrag Anfang der neunziger Jahre...das bis dahin als Betriebsgrundstück bewertete Grundstück... .
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In der Folgezeit baute der Kläger…die vorhandenen Gebäude umfangreich um, errichtete einen Anbau und richtete in dem Gebäudekomplex ein Kulturzentrum ein.
Am 17. Juni 1998 reichte der Kläger beim Beklagten eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1998 ein. Zugleich legte er eine Bescheinigung über die Körperschaftsteuerbefreiung als gemeinnütziger Verein vor. Der Beklagte erließ am 10. September 1998 einen Einheitswertbescheid, Art- und Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1995, und rechnete den bis dahin geltenden Einheitswert in Höhe von…DM dem Kläger zu. Am 7. Dezember 1998 erließ er einen Einheitswertbescheid, Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1997, und setzte den Einheitswert für ein gemischt genutztes Grundstück ohne überwiegend gewerblichen Teil auf…DM fest. Bei der Ermittlung des Einheitswerts erfasste er lediglich die zu wohn- und fremdgewerblichen Zwecken genutzten Räumlichkeiten, nicht die zu eigenen Zwecken genutzten. Wegen der Berechnung der Einheitswerte wird auf die Anlagen zu diesen Bescheiden Bezug genommen. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit einer Kontrollmitteilung vom 27. Oktober 2006 setzte das Finanzamt…den Beklagten davon in Kenntnis, dass dem Kläger auf Grund der Ergebnisse einer Betriebsprüfung/Fahndungsprüfung die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 1997 aberkannt worden sei. Die Tatsachen, die zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit geführt haben, sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
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Der Beklagte erließ am 14. Juni 2007 einen Einheitswertbescheid, Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998, in dem er den Einheitswert auf…EUR (... DM) heraufsetzte. In die Berechnung bezog er auch die für kulturelle Zwecke genutzten Räumlichkeiten mit ein. Wegen der Berechnung der Einheitswerte wird auf die Anlagen zum Bescheid Bezug genommen. Einen weiteren Einheitswertbescheid, Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2003, hob der Beklagte später auf. Dazu verhielt sich das beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 11 K 3632/07 BG geführte und zwischenzeitlich erledigte Verfahren. Am 9. Februar 2007 erließ der Beklagte den hier streitigen Einheitswertbescheid, Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2007, in dem er den Einheitswert wegen Wertveränderungen an den zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten auf…EUR herabsetzte.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben und trägt vor:
Der angefochtene Einheitswertbescheid hätte nicht erlassen werden dürfen, weil beim Erlass dieses Bescheids bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei. Die regelmäßige Feststellungsfrist betrage vier Jahre und sei im Zeitpunkt des Erlasses bereits abgelaufen gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich der Grundsteuer eine Steuerhinterziehung begangen worden sei und die Feststellungsfrist deshalb zehn Jahre betrage, lägen nicht vor. Aus der Kontrollmitteilung des für die Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamtes…könne nur entnommen werden, dass ihm, dem Kläger, rückwirkend ab 1997 die Gemeinnützigkeit aberkannt worden sei. Eine Grundsteuerhinterziehung könne ihm nicht zu Last gelegt werden. Es fehle diesbezüglich an dem für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen erforderlichen Vorsatz der verantwortlichen Pers...