Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1983
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Bekanntgabemangel durch Erlaß einer Einspruchsentscheidung geheilt worden ist.
Der Kläger betrieb im Streitjahr 1983 einen Baustoffgroßhandel in der Rechtsform einer Einzelfirma. Daneben war er Gesellschafter der A GmbH (fortan: GmbH). Zwischen dem Kläger und der GmbH bestand eine umsatzsteuerliche Organschaft.
Am 14.05.1985 ging beim Finanzamt -FA- die Umsatzsteuerjahreserklärung 1983 ein, in der der Kläger die Umsatzsteuer mit 62.976,40 DM berechnete. Die Veranlagung wurde entsprechend unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§§ 168, 164 Abgabenordnung -AO-) durchgeführt.
Im Jahr 1988 wurde beim Kläger bzw. der GmbH mit einer Steuerfahndungsprüfung begonnen. Ausweislich des strafrechtlichen Ermittlungsberichts des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Essen (fortan: Steufa) vom 14.09.1990 wurde gegen den Kläger am 02.08.1988 das Steuerstrafverfahren eingeleitet. Im Rahmen der Fahndungsprüfung stellte die Steufa fest, daß die Umsätze der GmbH, deren faktischer Geschäftsführer der Kläger gewesen sei, nicht vollständig erklärt worden seien. Während der laufenden Fahndungsprüfung erließ das FA am 23.03.1989 einen nach § 164 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1983, in welchem das FA ausgehend von im Schätzungswege um 2.757.180,– DM erhöhten steuerpflichtigen Umsätzen die Umsatzsteuer auf 430.305,– DM festsetzte.
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, die Feststellungen der Steufa seien unverständlich und nicht haltbar. Im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens änderte das FA mit Umsatzsteuerbescheid 1983 vom 03.08.1989 die Steuerfestsetzung wegen eines Rechenfehlers und setzte die Umsatzsteuer auf 402.374,– DM herab.
Der Bericht der Steufa vom 14.09.1990 über die steuerlichen Feststellungen bei der GmbH wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 11.02.1991 zur Kenntnis gegeben. Der Fahndungsprüfer stellte bei der Prüfung fest, daß die GmbH ab April/Mai 1983 durch eigene Vertreter oder freie Handelsvertreter „mittels Haustürgeschäften” Werkverträge im Bereich des Dach- und Fassadenhandwerks ausgeführt habe. Die dafür benötigten Materialien habe sie vom Kläger bezogen. Für die Zahlungsabwicklung sei grundsätzlich allein der Inkassoprovisionsvertreter X zuständig gewesen, der die Rechnungsbeträge kassiert und darüber sowie über die jeweilige Zahlungsart genaue Aufzeichnungen geführt habe. Bei Zahlungen mittels Wechsel seien die Wechsel an den Kläger weitergegeben und von diesem eingelöst worden. Die Weitergabe der Wechsel sei zum Ausgleich des für die Baustofflieferungen an die GmbH beim Kläger geführten Kontokorrents erfolgt. Mit der Ausführung der Aufträge seien Subunternehmer betraut worden. Eigene Arbeitnehmer habe die GmbH nicht eingestellt. Für die Zeit vom 11.05. bis 31.12.1983 liege eine EKAH-Journalbuchführung vor. Diese sei im Hinblick auf die Nichterfassung sämtlicher Wechselforderungen, die unzutreffende Erfassung des Barzahlungsverkehrs mit Subunternehmern, die Nichterfassung von Erlösen in erheblicher Höhe sowie sachliche Mängel als nicht ordnungsgemäß anzusehen. Der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen könne sie nur bedingt zugrundegelegt werden. Die Erlöse seien daher unter Zuhilfenahme als geeignet anzusehender Beweismittel ergänzend zu schätzen gewesen.
Der Fahndungsprüfer gelangte aufgrund der in Tz. 8 des Prüfungsberichts vom 14.09.1990 dargestellten Umstände zu dem Ergebnis, daß der formell im Handelsregister als Geschäftsführer der GmbH eingetragene E zu keinem Zeitpunkt tatsächlich als Geschäftsführer in Erscheinung getreten sei. Vielmehr habe im Prüfungszeitraum ausschließlich der Kläger – als faktischer Geschäftsführer – die Geschäfte der GmbH geführt.
Der Fahndungsprüfer schätzte aufgrund der bei der GmbH vorgefundenen bzw. beim Kläger beschlagnahmten Unterlagen den Gesamtumsatz der GmbH für 1983 abweichend von der Gewinn- und Verlustrechnung, die insoweit einen Betrag von 1.851.446,– DM ausweist, auf 2.626.745,– DM (Mehrumsatz: 775.299,– DM). Unter Aufteilung des Gesamtumsatzes auf das 1. Halbjahr 1983 (Umsatzsteuersatz: 13 %) und das 2. Halbjahr 1983 (Umsatzsteuersatz: 14 %) gelangte er zu Umsatzsteuermehrbeträgen von 106.869,70 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Steufa-Bericht betreffend die Feststellung bei der GmbH vom 14.09.1990 sowie auf den strafrechtlichen Ermittlungsbericht vom gleichen Tage verwiesen.
Im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens wurde zwischen den Beteiligten aufgrund verschiedener medizinischer Gutachten unstreitig, daß der Kläger jedenfalls im Zeitraum ab 1983 wegen einer paranoiden Psychose geschäftsunfähig i.S. des § 104 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- ist.
Mit Beschluß des Amtsgerichts Ansbach vom 22.07.1992 wurde der Sohn des Klägers D, zum Pfleger des Klägers bestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird a...