Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Minderung des Jahresgrenzbetrages für Kindergeld durch vermögenswirksame Leistungen sowie durch Beiträge zur privaten Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung gesetzlich Sozialversicherter
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Ermittlung des Grenzbetrages der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte und Bezüge einer Rechtsreferendarin sind die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung am Ausbildungsort nicht als Aufwendungen für besondere Ausbildungszwecke abzugsfähig, da die Tatsache einer auswärtigen Unterbringung und einer fehlenden gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern durch den Jahresgrenzbetrag bereits hinreichend berücksichtigt wird.
- Die Berücksichtigung dieser Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid als Werbungskosten ändert hieran nichts, da der Einkommensteuerbescheid keinen Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung darstellt.
- Der Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften gilt auch im Rahmen der Bemessung des Grenzbetrages für das Kindergeld.
- Gemessen an dem Maßstab der existenziell notwendigen Aufwendungen, die nach dem Beschluss des BVerfG v. 11.1.2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164) bei der Grenzbetragsberechnung abzuziehen sind, liegen solche bei von einer Rechtsreferendarin zusätzlich zu ihren gesetzlichen Versorgungsansprüchen aufgewandten Beiträgen zu privaten Versicherungen nur hinsichtlich des Zusatztarifes für Zahnersatz, nicht aber hinsichtlich sonstiger Zusatzleistungen zur Krankenversicherung, Unfallversicherung und Altersvorsorge vor.
- Auch die zu den steuerpflichtigen Einnahmen gehörenden vermögenswirksamen Leistungen sind ungeachtet ihrer Nichtverfügbarkeit zur Abdeckung des existenziell notwendigen Bedarfs bei der Bemessung des Grenzbetrages nicht mindernd abzusetzen, da deren Verwendung eine vom Willen des Kindes getragene Entscheidung und damit eine der Einkommensverwendung zuzuordnende Verfügung zugrunde liegt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, § 22 Nr. 2, §§ 23, 32 Abs. 4 S. 2; VermBG § 2 Abs. 6 S. 1, § 8 Abs. 2 S. 1 Ziff. 2; JAG NRW § 30 Abs. 1; JAG § 32 Abs. 3 S. 3
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Im vorliegenden Verfahren ist streitig, ob der Kläger einen Kindergeldanspruch für seine Tochter B (geboren am 27.05.1977) im Jahr 2003 hat. B, die im Dezember 2003 ihr zweites juristisches Staatsexamen absolvierte, bewohnte im Streitjahr 2003 mit ihrer Schwester C eine Wohnung in Z-Stadt.
Im März 2004 beantragte der Kläger rückwirkend für 2003 Kindergeld für B. Dem Antrag beigefügt war der Einkommensteuerbescheid 2003 der Tochter vom 16. März 2004, nach welchem die Tochter einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 12.624 Euro bezogen hatte. Die vom Finanzamt berücksichtigten Werbungskosten setzen sich wie folgt zusammen:
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
36 Tage x 10 Kilometer x 0,36 Euro = |
129,60 Euro |
|
36 Tage x 58 Kilometer x 0,40 Euro = |
835,20 Euro |
965 Euro |
Aufwendungen für Arbeitsmittel |
543 Euro |
|
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung |
3.640 Euro |
|
übrige Werbungskosten |
2.556 Euro. |
|
Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 0 Euro und die für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 479 Euro festgesetzte und nach Ablauf der Sperrfrist im Jahr 2007 fällige Arbeitnehmer-Sparzulage 48 Euro.
Zur Erläuterung der übrigen Werbungskosten in Höhe von 2.556 Euro trug der Kläger vor, dass diese sich aus Aufwendungen für Kontoführungsgebühren, Telefonkosten, Ausbildungsstationen in Y-Stadt und an der Fernuniversität W-Stadt, ein juristisches Repetitorium und Fahrten zu den verschiedenen Ausbildungsstellen (Abrechnung nach den Pauschbeträgen für Dienstreisen) zusammen setzten.
Darüber hinaus gab der Kläger bei der Erklärung zu den Einkünften und Bezügen der Tochter Einkünfte aus Kapitalvermögen von 757,24 Euro an, in denen Zinseinkünfte sowie die Arbeitnehmer-Sparzulage von 48 Euro enthalten sind.
Mit Bescheid vom 6. April 2004 lehnte der Beklagte eine Kindergeldfestsetzung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 ab und führte aus, die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Einkünfte und Bezüge der Tochter den Grenzbetrag von 7.188 Euro überschreiten würden. Die für die doppelte Haushaltsführung geltend gemachten Aufwendungen könnten keine Berücksichtigung finden. Eine doppelte Haushaltsführung liege nur dann vor, wenn der Bezug der Wohnung ursächlich für die Erzielung von Einnahmen sei. Da die Tochter die Wohnung in Z-Stadt bereits vor dem Beginn des Studiums bezogen habe, fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang.
Gegen den Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte zur Begründung der Notwendigkeit einer doppelten Haushaltsführung geltend: Seine Tochter absolviere seit dem 1. November 2001 ihre Ausbildung als Rechtsreferendarin beim Oberlandesgericht Z-Stadt mit dem Landgericht X-Stadt als Stammdienststelle....