vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Auch Kapitalgesellschaften als Gesellschafter von Personengesellschaften fallen in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG.
- Dem Entnahmecharakter der Zahlungen steht nicht entgegen, dass die entnommenen Beträge im Konzern und damit letztlich der Muttergesellschaft verbleiben, die als Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre besitzt. Eine konzernbezogene Betrachtungsweise sieht § 4 Abs. 4a EStG nicht vor.
- Die Ungleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften in Bezug auf die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a; GG Art. 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes – EStG – im kapitalistischen Konzern.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war im Streitjahr 1999 eine Tochtergesellschaft der A-GmbH. Letztere war eine deutsche Landesholding des englischen A-Konzerns mit der Muttergesellschaft A-plc. Natürliche Personen waren an der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht beteiligt. Am 1. Februar 2008 erwarb die BC N.V. das Eigentum an den Anteilen der A-plc. Im Zuge der konzerninternen Umstrukturierung sind die Anteile auf die BCD GmbH übergegangen, einer Enkelgesellschaft der BC GmbH.
Für das Streitjahr stellte der Beklagte zunächst den Gewinn aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß einheitlich und gesondert fest. In den Jahren 2002 bis 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung betrugen die nicht abziehbaren Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a EStG 1.401.016 DM. Dies beruht auf – der Höhe nach unstreitigen – Entnahmen in Höhe von 38.681.247 DM und Einlagen in Höhe von 4.386.999 DM. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wurde unter Einbeziehung der Verluste aus Ergänzungsbilanzen in Höhe von ./. 7.014.565 DM und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 4.386.999 DM auf 5.970.619,52 DM festgestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 16. August 2004 verwiesen.
Zur Berechnung des Hinzurechnungsbetrages verhält sich Anlage 10 zum BP-Bericht wie folgt:
Überentnahmen Vorjahr 0 DM
Einlagen laufendes Jahr 4.386.999 DM
Entnahmen laufendes Jahr -38.681.247 DM
= Entnahmenüberschuss -34.294.248 DM
Gewinn laufendes Jahr 5.970.619 DM
Verbleibende Überentnahmen -28.323.629 DM
6 % der Überentnahmen 1.699.418 DM
Schuldzinsen 1.401.016 DM
Sockelbetrag 4.000 DM
Hinzurechnungsbetrag 1.397.016 DM
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ am 17. November 2004 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16. Dezember 2004 Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die grundsätzliche Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG im kapitalistischen Konzern wandte. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2008 als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin vorträgt:
Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG sei es, die Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit Entnahmen von Geldmitteln für private Zwecke stünden, als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben dem Gewinn hinzuzurechnen. Diesem Zweck werde die Regelung nur bedingt gerecht. Soweit eine Kapitalgesellschaft an der Personengesellschaft beteiligt sei, erfolge keine Entnahme zu privaten Zwecken, da die Kapitalgesellschaft keine Privatsphäre habe. Dementsprechend könne eine Kapitalgesellschaft als mittelbare oder unmittelbare Gesellschafterin von Personengesellschaften auch keine Entnahme für die Privatsphäre vornehmen. § 4 Abs. 4a EStG sehe keine Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen als Gesellschaftern vor. Die Gesetzesbegründung beziehe sich auf Entnahmen für private Mittel. Vor diesem Hintergrund könne der Ergebnisabfluss innerhalb des Konzerns nicht von § 4 Abs. 4a EStG betroffen sein, denn es finde kein Mittelabfluss für private Zwecke statt. Die Mittelabführung diene der Finanzierung des Konzerns und sei somit betrieblich veranlasst. Durch die Konzernfinanzierung erfolge letztlich keine Verlagerung von Geldmitteln in die private Sphäre. Die Mittel blieben immer im Betriebsvermögen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 vom 14. Februar 2008 (Änderungsbescheid im Einspruchsverfahren) und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2008 dahingehend abzuändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um die bislang als nicht abzugsfähig angesehenen Zinsen i.H.v. 1.397.016 DM vermindert festgestellt wird...