Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung bei verfristetem Einspruch gegen einen ohne Steuererklärung erlassenen (Grunderwerb-)Steuerbescheid, wenn dieser objektiv verständlich ist
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem ohne vorausgegangene Steuererklärung erlassenen Grunderwerbsteuerbescheid kann im Falle der Versäumung der Einspruchsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen nicht hinreichender Begründung gewährt werden, wenn er aufgrund der Angabe des Erwerbsvorgangs, der Rechtsgrundlagen, der Bemessungsgrundlage und der Steuer objektiv, also für einen nicht mit der Sache befassten Dritten, verständlich ist. Denn eine Abweichung von der Erklärung des Steuerpflichtigen oder von einer mehrjährigen Übung bei der Würdigung eines bestimmten Sachverhalts kommt in diesem Fall nicht in Betracht.
Normenkette
AO § 110 Abs. 1, § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 3, §§ 355, 358
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin wegen eines verspäteten Einspruchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
Die Klägerin befaßt sich mit dem Erwerb und der Veräußerung von Grundbesitz.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 22.12.1997 erwarb sie von "A" ein Areal in der Größe von mehr als 550.000 qm. Als Kaufpreis war ein Betrag in Höhe von 27 Mio. DM vereinbart, wobei nach dem Inhalt des Kaufvertrages ein Anteil in Höhe von 3 Mio DM auf Betriebseinrichtungen entfallen sollte. Die Klägerin verpflichtete sich, "den Grundbesitz gemäß den Vereinbarungen dieses Kaufvertrages alsbald weiter zu veräußern". Im Kaufvertrag heißt es weiter:
"1. Kaufpreis
.....
Der Kaufpreis ist zahlbar in Raten, die abhängig sind von der Vermarktung des Grundbesitzes. Er ist spätestens am 21.12.2017 zu zahlen. Er wird nicht verzinst.
2. Kaufpreisabwicklung
Teilkaufpreiszahlungen werden in gleicher Höhe fällig, wie Netto-Verkaufserlöse ... seitens der Käuferin durch Weiterveräußerung von Teilflächen an Dritte erzielt werden. ..... "
Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Abmachungen wird auf die in den beigezogenen Grunderwerbsteuerakten enthaltene Ablichtung des Kaufvertrages Bezug genommen.
Im Rahmen der Überprüfung des Vorganges erbat der Beklagte nähere Erläuterungen zu den im Kaufvertrag angesprochenen Betriebseinrichtungen. In ihrem Antwortschreiben teilte die Klägerin mit, daß deren Wert inzwischen durch einen Gutachter mit 1.770.000,-- DM festgestellt worden sei. Unter dem 6.4.1998 erließ der Beklagte daraufhin einen Grunderwerbsteuerbescheid, in dem er unter Hinweis auf den im Bescheid näher gekennzeichneten Veräußerungsvorgang die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit 25.230.000,-- DM (27.000.000,-- DM abzüglich 1.770.000,-- DM) ermittelte und die Steuer auf 883.050,-- DM festsetzte. Wegen des weiteren Inhalts des Bescheides wird auf die in der Steuerakte enthaltene Durchschrift Bezug genommen.
Mit einem am 2.12.1998 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 1.12.1998 erhob die Klägerin Einspruch. Zur Begründung führte sie aus, der angefochtene Steuerbescheid sei fehlerhaft, denn im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage habe der Beklagte den Kaufpreis wegen der vereinbarten Ratenzahlung abzinsen müssen. Zwar habe sie die Einspruchsfrist versäumt, dies sei aber unschädlich, denn der Bescheid vom 6.4.1998 lasse die nach § 121 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - erforderliche Begründung vermissen. Zum Ansatz des Nennwertes statt des gebotenen Barwertes seien im Bescheid nämlich keine Erläuterungen enthalten. Dieses Versäumnis habe dazu geführt, daß sie zunächst keinen Einspruch eingelegt habe und erst in einer späteren Besprechung mit ihrem Steuerberater von diesem auf den Fehler in der Festsetzung hingewiesen worden sei. Daher sei ihr nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 126 Abs. 3 und 110 Abs. 1 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Beklagte wies den Einspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, im angefochtenen Steuerbescheid sei die Ermittlung der Bemessungsgrundlage hinreichend dargestellt. Ausführungen zu einer möglichen Abzinsung des Kaufpreises seien nicht erforderlich gewesen, denn es sei nicht erkennbar gewesen, daß die Klägerin eine solche Reduzierung der Bemessungsgrundlage für geboten erachtet habe. Weder im Kaufvertrag noch in der Veräußerungsanzeige des Notars seien Hinweise zu dieser Frage enthalten, in der Anzeige sei vielmehr die Gegenleistung mit 27 Mio DM angegeben. Ferner sei die nach Ansicht der Klägerin fehlende Begründung des Bescheides für das Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen, denn offenbar habe es die Klägerin nicht für erforderlich gehalten, ihren steuerlichen Berater zur Überprüfung des Steuerbescheides heranzuziehen. Dies sei ihr Risiko gewesen. Im übrigen könne der Einspruch auch in der Sache keinen Erfolg haben, denn der Kaufpreis sei nach dem Inhalt des Vertrages vom 22.12.1997 ausdrücklich unverzinslich gestundet worden und es se...