Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung
Leitsatz (redaktionell)
- Die die Vermeidung der Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer bezweckende Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG greift auch ein, wenn die zur Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG führende Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (vgl. BFH-Urteil vom 23.5.2012 II R 21/10, BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793).
- Die Grunderwerbsteuerbefreiung einer früheren, der Anteilsvereinigung vorausgegangenen freigebigen Zuwendung von Anteilen kommt nicht in Betracht, wenn das Grundstück erst nach diesem Zeitpunkt von der Kapitalgesellschaft erworben worden ist und daher der der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich noch nicht zuzurechnen war.
- Für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer durch den ausschließenden Vorrang der Erbschaft- und Schenkungssteuer kommt es nicht auf die Bemessungsgrundlage der Erbschaft- und Schenkungssteuer und deren tatsächlicher Höhe an.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 3 Nr. 2 S. 1, Nr. 6 S. 1, § 9
Tatbestand
Im Jahre 1976 wurde die A GmbH gegründet. Als Gesellschafter waren an dem Stammkapital von 100.000 EUR der Vater des Klägers mit 55.000 DM und seine Mutter mit 45.000 DM beteiligt. Mit Vertrag vom 22.12.2003 übertrugen die Gesellschafter im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge auf den Kläger unentgeltlich Anteile in Höhe von insgesamt 26.000 DM. Durch notariellen Vertrag vom 17.2.2004 wurde das Stammkapital der GmbH auf Euro umgestellt und auf 100.000 EUR erhöht. Die Gesellschafter übernahmen entsprechend ihrer Beteiligungsquote weitere Anteile, so dass die Eltern des Klägers mit 74.000 EUR und Kläger 26.000 EUR beteiligt waren.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.3.2012 erwarb die GmbH das Grundstück Gemarkung…zu einem Kaufpreis von 1.330.000 EUR.
Mit notariellem Vertrag vom 15.2.2014 nahm der Kläger im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ein Angebot seiner Eltern zur Übernahme der übrigen Gesellschaftsanteile an. Den ehemaligen Gesellschaftern wurde ein lebenslanges Vorbehaltsnießbrauchsrecht an den übertragenen Gesellschaftsanteilen eingeräumt. Für die Dauer des Nießbrauchs sollten den Eltern die auf die übertragenen Anteile entfallenden Gewinnanteile zustehen.
Die GmbH erzielt in den Jahren seit 2012 nur Verluste und zwar 2012 247.083 EUR, 2013 133.129 EUR und 2014 393.875 EUR. Zur Abwendung einer Insolvenz wurden am 3.1.2015 die Anteile an der GmbH für einen symbolischen Kaufpreis von 1 EUR veräußert. In dem Vertrag verzichteten die Eltern des Klägers als Nießbrauchsberechtigte auf ihr Nießbrauchs- und Rückforderungsrecht.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 16.3.2016 setzte der Beklagte für die Übertragung der Gesellschaftsanteile mit Vertrag vom 15.2.2014 ausgehend von einer geschätzten Bemessungsgrundlage von 1.330.000 EUR Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 v.H. mithin 66.500 EUR gem. § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG fest. Hiergegen erhob der Kläger am 24.3.2016 Einspruch und machte geltend, die Anteile seien im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden, so dass die Ausnahmevorschrift nach § 3 GrEStG eingreife. Mit Feststellungsbescheid vom 20.4.2016 wurde der Wert des Grundbesitzes mit 1.362.000 EUR festgestellt. Daraufhin wurde unter dem 20.12.2016 der Grunderwerbsteuerbescheid geändert und die Grunderwerbsteuer auf 68.100 EUR festgesetzt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.1.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte - unter Bezug auf ein Schreiben vom 21.11.2016 - aus, es handele sich um eine Anteilsvereinigung in zwei Rechtsakten, wovon der erste Akt in 2003 unentgeltlich und der zweite in 2014 unter Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs erfolgte. Da das Grundstück erst 2012 erworben worden war, könne für die unentgeltliche Übertragung davor keine Befreiung nach § 3 Nr.2 GrEStG gewährt werden. Es sei davon auszugehen, dass weder die GmbH-Anteile noch der Nießbrauch werthaltig gewesen seien. Demzufolge fehle es an einer Bereicherung des Erwerbers und damit an einer Schenkung. Der Wert der Anteile entspreche dem Wert des Nießbrauchs, nämlich 0 EUR. Folglich liege ein entgeltlicher Vorgang vor, der zu 100 v.H. steuerpflichtig sei.
Hiergegen richtet sich die am 22.2.2017 erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, zwar sei aufgrund der zweiten Übertragung der Anteile vom 15.2.2014 der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG verwirklicht worden. Eine Befreiung nach § 3 Nr.6 GrEStG scheide nach der Rechtsprechung aus, weil diese bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar sein. Allerdings finde auf die Übertragung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 25.2.2012 II R 21/10) die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG Anwendung, soweit die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einer schenkweisen Anteilsübe...