Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfortschreibung für ein nur noch teilweise vermietbares Geschäftsgrundstück
Leitsatz (redaktionell)
- Strukturell bedingte Minderungen des erzielbaren Mietertrags, die auf ein verfehltes Planungskonzept der Behörden zurückzuführen sind, stellen keine bei der Wertfortschreibung berücksichtigungsfähigen Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse dar.
- Dagegen liegt bei einer wesentlichen Änderung der Geschäftslage eines Grundstücks (1b- / 2a- Lage) eine Änderung im tatsächlichen Zustand vor.
- Eine gemessen am Verkehrswert zu hohe Bewertung aufgrund strukturell bedingter Ertragsminderungen kann nur durch einen Erlass der Grundsteuer berücksichtigt werden.
Normenkette
BewG § 22 Abs. 1, 4 S. 3 Nr. 1, § 27; GrStG § 33 Abs. 1
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Wertfortschreibung für das Grundstück A-Straße 1 in C-Stadt durchzuführen ist.
Das Grundstück A-Straße 1 in C-Altstadt ist im Jahre 1982 für ein Möbelhaus und eine Versicherungsgesellschaft errichtet worden. Das Keller-, Erd- sowie das erste bis dritten Obergeschoss dienten dem Möbelverkauf, während sich im vierten Obergeschoss die Büros für die Versicherungsgesellschaft befanden.
Im Rahmen einer Ortsbesichtigung stellte der Bausachverständige am 1. Oktober 1984 fest, dass die Ausstattung aller Geschosse, einschließlich Büroetage gleich sei. Die Aufteilung der Räume im vierten Obergeschoss (Büroetage) bestehe zum Teil aus mobilen Zwischenwänden, die der Mieter auf eigene Kosten erstellt habe.
Auf den 1. Januar 1983 stellte der Beklagte für das Geschäftsgrundstück einen Einheitswert von 927.900 DM fest. Die Ermittlung des Einheitswertes erfolgte im Sachwertverfahren. Dabei setzte der Beklagte für das 462 m² große Grundstück einen Bodenwert vom 550 DM pro m² an und bewertete das Gebäude nach der Gebäudeklasse 1.223 mit 138 DM pro m³.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Wertfortschreibung für das o. g. Grundstück auf den frühestmöglichen Zeitpunkt. Er beantragte den Ansatz eines niedrigeren Bodenwertes, da die wirtschaftlichen und strukturellen Veränderungen im Umfeld des Grundstücks den Bodenwert von 550 DM pro m² nicht mehr realistisch erscheinen ließen. Des Weiteren könne das Gebäude allenfalls noch zu Lagerzwecken genutzt werden, sodass für die Bewertung des Gebäudes die Gebäudeklasse 2.56 bzw. 2.58 zutreffend sei.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Wertforschreibung am 18. Januar 2005 ab. Dies begründete der Beklagte wie folgt: Bei Fortschreibungen seien die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt zu Grunde zu legen. Da der Bodenwert zum 1. Januar 1964 auf 550 DM pro m² ermittelt worden sei, sei dieser auch weiterhin anzusetzen. Es sei ebenfalls keine Einteilung in eine andere Gebäudeklasse vorzunehmen. Auch wenn die Büros zurzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht vermietbar seien, bleibe die bauliche Substanz weiterhin bestehen und rechtfertige eine Bewertung nach der Gebäudeklasse 1.223.
Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Im vierten Obergeschoss seien keine Büros mehr vorhanden. Das Mietverhältnis mit der Versicherungsgesellschaft sei im Kalenderjahr 1993 ausgelaufen. Die Räumlichkeiten seien dann so gestaltet worden, dass Lagerflächen für den Möbelverkauf entstanden seien. Diese baulichen Veränderungen erforderten zwingend eine Einteilung in eine andere Gebäudeklasse.
Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte er aus, eine Umgestaltung der Bürofläche in Lagerfläche durch Entfernen von Zwischenwänden ändere nicht die Struktur des Gesamtgebäudes. Die vom Kläger gewünschte Gebäudeklasse 2.56 bzw. 2.58 bleibe reinen Hallengebäuden vorbehalten, die eine Geschosshöhe von 4 bis 8 Metern hätten. Es sei vom Kläger nicht vorgetragen worden, dass auch Geschossdecken entfernt worden seien. Allein durch die Tatsache, dass Teile des Hauses zu Lagerzwecken genutzt würden, entstehe noch kein Lagergebäude im Sinne des Bewertungsgesetzes. Eine Einteilung in die Rubrik „Warenhäuser” (zu Anlage 15 Bewertungsrichtlinien) könne nicht vorgenommen werden. Eine solche Einteilung würde aber auch nicht zu einem niedrigeren Einheitswert führen, da der angesetzte Raummeterpreis in Höhe von 138 DM bei gleicher, mittlerer Ausstattung zu rechtfertigen sei.
Der Kläger hat am 3. August 2005 Klage erhoben.
Zur Begründung führte der Kläger aus, es sei eine Ermäßigung des Gebäudewertes wegen schlechter Lage, wirtschaftlicher Überalterung und unorganischem Aufbau des Gebäudes nach § 88 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) zu gewähren.
Die Berichterstatterin forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 30. September 2005 auf, die in diesem Schreiben im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen für eine Ermäßigung nach § 88 Abs. 2 BewG substantiiert darzulegen und nachzuweisen.
Der Kläger teilte...