Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge – Vergleichbarkeit mit Zinsfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Der in § 240 AO geregelten Höhe der Säumniszuschläge stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen.
- Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verzinsungsvorschriften der AO sind nicht auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen übertragbar.
Normenkette
AO § 240 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Nachdem das Vorverfahren ausweislich der hier in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 13.05.2020 erfolglos geblieben ist, wenden sich die Kläger mit dem am 11.06.2020 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz im Wege der Klage gegen den Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer-Vorauszahlung 1. Quartal 2019 vom 14.10.2019. Zur Begründung tragen sie zum einen vor, der Bescheid sei unverständlich, weil er den „Schuldbetrag“ nicht bezeichne. Die Einspruchsentscheidung nenne einen Betrag i. H. v. 1.665,00 EUR gemäß „Bescheid vom 07.05.2018“. Hierbei handele es sich um einen Vorauszahlungsbescheid, dessen Vollziehung der Beklagte mit Verfügung vom 10.12.2018 (Bl. 50 GA) bis auf einen Restbetrag i. H. v. 1.391,00 EUR ausgesetzt habe. Dieser Restbetrag sei fristgerecht gezahlt worden, einen Zahlungsrückstand habe es dementsprechend nicht gegeben. Aufgrund des Mißverhältnisses zu den üblichen Marktzinsen seien die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) über Zinsen und Säumniszuschläge ohnehin verfassungswidrig.
Die Kläger beantragen,
den Abrechnungsbescheid vom 14.10.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, daß er den Vorauszahlungsbescheid vom 07.05.2018 nur hinsichtlich der Quartale I bis IV des Jahres 2018 teilweise ausgesetzt habe. Für die im Jahr 2019 von den Klägern geschuldeten Beträge sei eine Aussetzung nicht erfolgt. Gleichwohl sei von den Klägern auf die erste Vorauszahlung zunächst nur ein Teilbetrag von 1.391,00 EUR entrichtet worden und der Restbetrag erst nach Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstages (10.03.2019) am 15.05.2029. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Regelung über Säumniszuschläge seien nicht ersichtlich.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Der Senat hält es im Hinblick auf die übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten für ermessensgerecht, den Streitfall ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet; der angefochtene Abrechnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten, § 240 Abs. 1 Satz 1 AO. Vorliegend haben die Kläger die Vorauszahlung für das 1. Quartal nicht vollständig zum gesetzlich geregelten Fälligkeitstag entrichtet; denn entgegen ihrem Vortag hat der Beklagte mit Verfügung 10.12.2018 nur die Vorauszahlungen des Jahres 2018, nicht aber die des Jahres 2019 von der Vollziehung ausgesetzt. Damit war die Vorauszahlung für das erste Quartal 2019 am 10.03.2019 in voller Höhe fällig.
Entgegen der Auffassung der Kläger stehen der Regelung des § 240 AO verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegen, insbesondere sind die zu den Verzinsungsvorschriften der AO entwickelten Grundsätze auf diese Regelung nicht übertragbar. Soweit dem Säumniszuschlag ein Zinseffekt innewohnt, tritt er nur in Ausnahmefällen zu Tage und vermag eine Verfassungswidrigkeit des § 240 AO nicht zu begründen (vgl. ausführlich Finanzgericht Münster vom 29.05.2020, 12 V 901/20 AO, EFG 2020, 1053 m. N.).
Im übrigen stellt das Gericht fest, daß es den schriftlichen Gründen der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 13.05.2020 folgt und sieht von einer weiteren Begründung ab, § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der nach der AO festzusetzenden Zinsen entgegen der vom Senat vertretenen Ansicht auf Säumniszuschläge übertragen lassen, ist höchstrichterlich nicht geklärt (vgl. BFH vom 14.04.2020, VII B 53/19, BFH/NV 2021, 177).
Fundstellen
Haufe-Index 14501878 |
EFG 2021, 1962 |
DStR 2022, 10 |
DStRE 2022, 182 |