vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsverjährung: Ablaufhemmung durch Abgabe der Feststellungserklärung – Änderungsantrag nach Schätzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – Nichtigkeit eines erneuten Feststellungsbescheides ohne Änderungscharakter – Durchbrechung der Feststellungsfrist bei Relevanz für Folgebescheide
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird im Anschluss an eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene bestandskräftige Schätzung der gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte die ausstehende Feststellungserklärung eingereicht, so liegt darin ein den Ablauf der Feststellungsfrist hemmender Antrag auf Änderung der Einkünftefeststellung i.S.d. § 171 Abs. 3 AO.
2. Ein erneut ergangener Feststellungsbescheid für denselben Gegenstand und denselben Zeitraum, der lediglich Abweichungen in der Angabe der Steuernummern und der Feststellungsbeteiligten enthält, ist mangels hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er nicht als Änderungsbescheid gekennzeichnet ist und das Verhältnis zum zunächst ergangenen Bescheid offen lässt (vgl. BFH-Urteil vom 23.08.2000 - X R 27/98, BStBl 2001 II S. 662).
3. Ein Grundlagenbescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15b Abs. 4 EStG kann nach § 181 Abs. 5 AO auch in feststellungsverjährter Zeit ergehen, solange er für die Verlustfeststellungen der Folgejahre von Bedeutung ist.
Normenkette
AO § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 164 Abs. 2, 4, § 171 Abs. 3, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 181 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15b Abs. 4
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, für das Streitjahr 2009 wegen Eintritts der Feststellungsverjährung einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bzw. einen erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu erlassen.
Die Klägerin wurde als geschlossener Dachfonds in der Rechtsform einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG mit Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts [...] (HRA [...]) in 06/2009 gegründet und firmierte bis zum 10/2009 unter ”A-mbH & Co. X- KG“. An ihr waren im Streitjahr 2009 die Komplementärin, A-GmbH (nachfolgend: Komplementärin), zu 9.400/4.762.500stel sowie als Kommanditisten die C-GmbH (vormalige Firmierung: C-mbH, nachfolgend: Treuhänderin) zu 4.353.100/4.762.500stel und 15 unmittelbar beteiligte Direktanleger zu insgesamt 400.000/4.762.500stel beteiligt. Über die Treuhänderin waren im Streitjahr weitere 245 Anleger mittelbar als Treugeber an der Klägerin beteiligt. Diese wurden aufgrund eines Treuhandvertrags im Innenverhältnis so behandelt, als seien sie direkt an der Klägerin beteiligt. Zu einem geringen Anteil hielt die Treuhänderin die Beteiligung auf eigene Rechnung.
Im Streitjahr 2009 erzielte die Klägerin ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Beteiligungen an vier Personengesellschaften. In den für die Personengesellschaften ergangenen Grundlagenbescheiden wurden für die Klägerin jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Anwendung des § 15b EStG in Höhe von 0 € festgestellt. Vor Anwendung des § 15b EStG ergaben sich jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der letzte Grundlagenbescheid datierte vom 18.12.2013.
Da die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen für das Streitjahr abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO). Mit Bescheid für 2009 vom 18.01.2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG stellte er unter Beachtung der für die vier Personengesellschaften ergangenen Grundlagenbescheide Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 0 € fest. Der Bescheid war an die Komplementärin als Empfangsbevollmächtigte für die Klägerin gerichtet. Er erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) und wies die Steuernummer xxx/xxxx/xxx1 aus. Als Feststellungsbeteiligte wurden die Komplementärin, die Treuhänderin unter ihrer vormaligen Firma für den Zeitraum bis zum Austritt 16.11.2009 und die Treuhänderin unter ihrer aktuellen Firma (Eintritt: 17.11.2009) aufgeführt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 18.01.2012 verwiesen.
Einen verrechenbaren Verlust nach § 15b EStG auf den 31.12.2009 stellte der Beklagte für die Klägerin nicht gesondert und einheitlich fest.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 17.02.2012 Einspruch ein, nahm diesen aber nach Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen mit Schreiben vom 03.04.2012 zurück. Sie bat zudem, ihr eine stillschweigende Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen zu gewähren.
Am 04.08.2014 (Eingangsdatum beim Beklagten) reichte die Klägerin für das Jahr 2009 eine...