Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuzurechnende Schuldzinsen bei Überentnahmen
Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung des Hinzurechnungsbetrages gem. § 4 Abs. 4a EStG kommt es nur auf den jeweiligen einzelnen Betrieb an.
§ 4 Abs. 4a verstößt nicht gegen den Grundsatz der Leistungsfähigkeit
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a
Tatbestand
Die Beteiligen streiten darüber, ob bei der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG der Beklagte hätte berücksichtigen müssen, dass der Kläger im Rahmen seiner Beteiligung an einer anderen Gesellschaft eine höhere Einlage als Entnahme getätigt hat. Außerdem ist streitig, ob hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Überentnahmen zum Teil dadurch entstanden sind, dass der Kläger Beiträge zu Lebensversicherungen gezahlt hat, welche auch als Sicherheit für seinen Betrieb dienen.
Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer ein Steuerberatungsbüro. Er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG. Zum 31.12.2002 bestand ein negatives Eigenkapital in Höhe von 670.663,81 Euro. Im Jahr 2002 tätigte der Kläger Einlagen in Höhe von 18.529,41 Euro und Entnahmen in Höhe von 173.923,19 Euro. In dem Betrag der Überentnahmen ist ein Betrag in Höhe von 17.852,71 Euro, welcher für die Zahlung von Beiträgen für Lebensversicherungen des Klägers diente, enthalten. Er erzielte einen Gewinn in Höhe von 23.668,55 Euro. Aus der eingereichten Bilanz ergeben sich nichtabzugsfähige Bewirtungskosten in Höhe von 959,86 Euro, nicht abzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe von 15,00 Euro und Zinsen für kurzfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 24.977,85 Euro.
Der Kläger ist außerdem an der Waldgesellschaft A beteiligt. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um eine GbR. Der Kläger ist zu 50 % beteiligt. Die GbR ermittelt ihren Gewinn ebenfalls durch Betriebsvermögensvergleich. Die Waldgesellschaft hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, welches am 01.10 eines jeden Jahres beginnt. Im Jahr 2002 hat der Kläger Einlagen in Höhe von 29.286,79 Euro und Entnahmen in Höhe von 19.532,68 Euro getätigt. Ausweislich der Bilanz auf den 30.09.2003 hat der Kläger als Mitunternehmer ein passivisch geführtes Kapitalkonto mit einem Wert von 2.151.180,91 Euro.
In der am 19.05.2004 eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und die Eigenheimzulage erklärte der Kläger einen Gewinn aus der Steuerberaterpraxis in Höhe von 24.643 Euro.
Durch den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2002 vom 28.06.2004 setzte der Beklagte Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 46.621 Euro fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aus einem handschriftlichen Vermerk, welcher sich auf S. 8 der eingereichten Bilanz befindet, ergibt sich folgende Berechnung des Beklagten:
23.668,55 |
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+ 959,86 |
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+ 15,00 |
|
24.643,41 |
erklärter Gewinn |
+ 20.977,85 |
Hinzurechnung § 4 Abs. 4a EStG |
46.621,26 |
geänderter Gewinn laut Veranlagung |
Dem lag folgende Überlegung des Beklagten zu Grunde: Der Beklagte berechnete auf den Betrag von 453.726 Euro, welcher insgesamt an Überentnahmen entstanden war, 6 % Zinsen und gelangte hierbei zu 27.233,61 Euro. Alternativ rechnete der Beklagte von dem geltend gemachten Zinsbetrag in Höhe von 25.977,85 Euro noch einen Betrag in Höhe von 4.000 Euro ab und gelangte so zu dem Betrag in Höhe von 20.977,85 Euro. Den niedrigeren der beiden errechneten Werte (20.977,85) rechnete der Beklagte dem erklärten Gewinn hinzu.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23.07.2004 Einspruch ein. Zur Begründung gegen die Rechtmäßigkeit von Hinzurechnungen wegen Überentnahmen berief sich der Kläger auf seinen Mitunternehmeranteil an der Waldgesellschaft. Nach seiner Ansicht könne das Steuerberatungsbüro nur im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der GbR gesehen werden.
Durch Einspruchsentscheidung vom 15.11.2004 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 16.12.2004 eingegangene Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, bei der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG müsse in seinem Fall einbezogen werden, dass er ein positives Kapitalkonto bei der Waldgesellschaft habe. Das Vermögen der GbR sei nicht beliebig liquidierbar, weil es insbesondere aus forstwirtschaftlichem Grundvermögen bestehe. Außerdem sei bei der GbR immer eine gemeinschaftliche Entscheidung erforderlich. Er habe die Beteiligung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übernommen. Es könne nicht Sinn des § 4 Abs. 4a EStG sein, den Kläger zu zwingen, seinen Erbteil zu veräußern. Auch dürfe der § 4 Abs. 4a EStG nicht die Entscheidung des Steuerpflichtigen in Finanzierungsangelegenheiten einengen. Da beide Unternehmen der Erzielung von Einnahmen dienen würden, seien sie auch gemeinsam zu betrachten. Zumindest in Höhe von 9.754,11 Euro müsse eine Verrechnung stattfinden, da er in dieser Höhe Einlagen bei der GbR getätigt habe, welche seine Entnahmen bei der GbR überstiegen haben. Es liege alleine in seiner Entscheidungssphäre, wie er die Finanzierun...