Entscheidungsstichwort (Thema)
Zoll - Gemeinsamer Zolltarif: Einreihung von Frischwasser- und Abwassertanks für ein Passagierflugzeug
Leitsatz (amtlich)
1. Frischwasser- und Abwassertanks für sanitäre Anlagen in einem Passagierflugzeug sind nicht als Teile eines anderen Luftfahrzeugs im Sinne der Position 8802 KN 2012 in die Position 8803 KN 2012, sondern nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen.
2. Zur Tarifierung von aus verschiedenen (Verbund)werkstoffen zusammengesetzten Frischwasser- und Abwassertanks für sanitäre Anlagen in einem Passagierflugzeug nach Maßgabe der AV 3 b); dabei stellt sich der in den Tanks verarbeitete Kunststoff unter Berücksichtigung der Bedeutung in Bezug auf die Verwendung der Tanks als der Stoff dar, der den Tanks ihren wesentlichen Charakter verleiht.
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 1, 2 Buchst. b) Unterabs. 1, Art. 221 Abs. 3; KN Unterpos. 6815 1010; KN Unterpos. 8803 3000; EWGVO-2658/87 Anhang I
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin meldete, jeweils vertreten durch die A GmbH, mit 14 Einzelzollanmeldungen im Zeitraum 4. Januar 2012 bis 20. Juni 2012 insgesamt 46 Kolli Frisch- bzw. Brauchwassertanks für den X aus B, jeweils unter der Codenummer 6815 1010 000 ("Waren aus Kohlenstofffasern") der Kombinierten Nomenklatur (Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23.07.1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ≪ABl. Nr. L 256, 1≫ in der seinerzeit maßgeblichen Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ≪ABl. L 282, 1≫) - im Folgenden: KN 2012 - zur Überführung in den freien Verkehr an. Die Warensendungen wurden durch das Zollamt C jeweils antragsgemäß unter der angemeldeten Codenummer zum Drittlandszollsatz "frei" abgefertigt, ohne weitere Prüfungsmaßnahmen durchzuführen.
Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Zollprüfung für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 wurde durch das Hauptzollamt D festgestellt, dass die Klägerin wiederholt Wasser- und Abwassertanks des Herstellers E Co. Ltd aus B bezogen und diese als Tanks aus Kohlenstofffasern unter Anwendung der Warennummer 6815 1010 000 mit dem Drittlandszollsatz "frei" in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt hatte. Ein daraufhin durch das Hauptzollamt D unter Übersendung von technischen Zeichnungen, Abbildungen und einer Materialprobe veranlasstes Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums (Dienstsitz Hamburg) (BWZ) vom 3. Februar 2012 kam zu dem Ergebnis, dass beide Arten Tanks aus einem Verbundwerkstoff aus Kunststoffen, Metall, Glasfasergeweben, Nomex und Kohlenstofffasern bestünden und die spezifisch geformten Tanks den Einbauverhältnissen des Flugzeugtyps angepasst und mit Anschlussstücken und Haltevorrichtungen versehen seien und nach den angebrachten Etiketten erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich in Flugzeuge des Typs X verbaut würden. Das BWZ befürwortete daher deren Zuweisung zur Codenummer 8803 3000 900 als Teile für Flugzeuge. Das Hauptzollamt D folgte der Einreihungsauffassung des BWZ (vgl. Prüfungsbericht vom 3. April 2012, Ziff. 3.3.1).
Daraufhin setzte der Beklagte, der Einreihungsauffassung gemäß dem Prüfungsbericht des Hauptzollamts D und dem Gutachten des BWZ folgend, mit Einfuhrabgabenbescheid vom 19. Juli 2012 im Wege der Nacherhebung nach Art. 220 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 2010 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, 1, ber. ABl. 1993 L 79, 84, ABl. 1996 L 97, 38 und L 321, 23, m. spät. Änd.) - im Folgenden: ZK -, Einfuhrzoll in Höhe von insgesamt 8.008,45 € fest mit der Begründung, dass die Abwasser/Wassertanks aus Kohlenstofffasern als Teile von Starrflügelflugzeugen der Codenummer 8803 3000 900 mit einem für den streitgegenständlichen Einfuhrzeitraum geltenden Drittlandszollsatz vom 2,7 % zugewiesen würden, da die spezifisch geformten und mit Anschlussstücken und Haltevorrichtungen versehenen Waren erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich in Flugzeugen des Typs X verbaut würden.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2013, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin schließlich - nach anfänglicher Aufgabe zur Post am 19. Juli 2013 und durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Beklagten bestrittenem Zugang - mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 19. Februar 2014, als unbegründet zurück. Die Klägerin habe bei der Durchführung der Prüfung geäußert, dass die Kohlenstofffasern bei den streitgegenständlichen Tanks insbesondere für die Stabilität und Unverformbarkeit bei Schwankungen des Luftdrucks während des Fluges sorgten. Dies werde durch den Internetauftritt der Klägerin unterstützt, wonach diese ein Kompetenzzentrum für ...