Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung: Ausfuhrerstattung - Schutz von Rindern beim Eisenbahntransport - Grenzen des Vertrauensschutzes
Leitsatz (amtlich)
1. Die nach Ziffer 48.4 lit d) i. V. m. Ziffer 48.6 Satz 2 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG geltende maximale Transportzeit von 28 Stunden gilt auch für Eisenbahntransporte.
2. Die Regelung der Ziffer 48.8. des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG ist auf Eisenbahntransporte nicht anwendbar.
3. Bestimmte Verstöße gegen die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG - wie etwa die Überschreitung der maximal zulässigen Transportdauer - sind einer Heilung nicht zugänglich.
4. Es ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass bei einer Überschreitung der maximal zulässigen Transportzeit von nahezu 50 % in Bezug auf einzelne Tiere des Transports die Ausfuhrerstattung vollständig versagt wird.
5. Ein Ausführer kann sich mit Blick auf den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht darauf berufen, dass der nationale Gesetzgeber die Richtlinie 91/628/EWG fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt hat.
Normenkette
ZK Allgemein; VO (EG) Nr. 615/98 Art. 1; EGV 615/98 Art. 5 Abs. 3; EWGRichtl-91/628 Kapitel VII 48.5 des Anhangs; RL 91/628/EWG Kapitel VII 48.7 des Anhangs; RL 91/628/EWG Kapitel VII 48.6 des Anhangs
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Mit Ausfuhranmeldung vom 12.10.2000 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A insgesamt 20 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr nach Ägypten an. Die Tiere waren Teil einer Gesamtsendung von insgesamt 156 Tieren, die mit der Bahn von B über C, D, E und F nach G (Kroatien) transportiert und anschließend verschifft wurden. Die Verladung der Tiere in B erfolgte ausweislich des Transportplans am 12.10.2000 in der Zeit von 11.30 bis 18.00 Uhr; gegen 20.10 Uhr fuhr die Bahn in B ab. Nach einem Halt am 13.10.2000 in E, wo die Tiere in der Zeit von 21.00 bis 22.30 Uhr getränkt und versorgt wurden, erreichte der Bahntransport am 14.10.2000 gegen 5.30 Uhr G. Ausweislich des Bill of Ladings wurden die Tiere am 15.10.2000 auf das Schiff zum Weitertransport nach H verladen.
Den Antrag der Klägerin vom 26.10.2000 auf Gewährung von Ausfuhrerstattung lehnte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit mit Bescheid vom 09.08.2005 mit der Begründung ab, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Nach Auswertung des von ihr vorgelegten Transportplanes sei festgestellt worden, dass der Bahntransport 33 Stunden und 20 Minuten betragen und damit die nach Kapitel VII Nr. 48 des Anhangs zur Richtlinie 91/628/EWG zulässige maximale Transportzeit von 28 Stunden überschritten habe.
In ihrem gegen den Bescheid vom 09.08.2005 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin u. a. ein, dass die Dauer des in Rede stehenden Eisenbahntransportes der nationalen Regelung des § 24 Abs. 5 der Tierschutztransportverordnung entsprochen habe. Es sei treuwidrig, ihr - der Klägerin - die begehrte Ausfuhrerstattung unter Hinweis darauf zu versagen, dass der Bahntransport zwar den einschlägigen nationalen Vorschriften entsprochen, jedoch nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestanden habe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24.05.2006 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 09.08.2005 zurück. In seiner Einspruchsentscheidung führte das beklagte Hauptzollamt u. a. aus, dass die Europäische Kommission im Rahmen einer Überprüfung der Einsenbahntransporte von B nach G festgestellt habe, dass die durchschnittliche Transportdauer 36 Stunden und 35 Minuten betragen habe (Prüfungsbericht vom 18.06.2001, ...). Nach den von der Deutschen Bundesbahn ... den Veterinärbehörden übermittelten Fahrplänen für Viehtransporte von B nach G ergäbe sich eine Fahrzeit von 34 Stunden und 41 Minuten. Diese Feststellungen zeigten, dass bei allen Eisenbahntransporten von B nach G nicht nur die nach der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene maximale Transportdauer überschritten, sondern auch die nach dieser Richtlinie nach der maximalen Transportdauer vorgeschriebene Ruhepause von 24 Stunden nicht eingehalten worden sei.
Mit ihrer am 26.06.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie betont erneut, dass nach der nationalen Tierschutztransportverordnung, die der Umsetzung der Richtlinie 91/628/EWG diene, die Vorschriften über die Ruhepausen und die Transportdauer auf den Schienentransport keine Anwendung fänden. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe zudem mit Schreiben vom 13.10.2000 an den Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbund e. V. zugesichert, dass bis zum Ende des Jahres 2000 stillschweigend Übergangsfristen hinsichtlich der ...