Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerrecht: Zum Anlagenbegriff des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG
Leitsatz (amtlich)
Mehrere Kraft-Wärme-Erzeuger sind auch dann eine Anlage, wenn sie im regelmäßigen Betrieb verschiedene Fernwärmegebiete versorgen, sofern sie in einem Gebäude installiert sind und eine Verbindung der Fernwärmeleitungsnetze besteht, auch wenn diese nur für etwaige Notfälle vorgesehen ist.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3; StromStV § 12a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin an ihrem Sitz betriebenen drei Gasmotoren nebst Generatoren eine oder mehrere privilegierte Anlagen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz (StromStG) sind.
I.
1. Das klägerische Unternehmen betreibt die Stadtwerke der Stadt A, welche vor rund ... Jahren durch den Zusammenschluss von vier Gemeinden - B, C, D, E - entstanden ist. Die Klägerin liefert Fernwärme u. a. in das A Siedlungsgebiet F und in das Fernwärmeversorgungsgebiet A-.... Diese beiden Gebiete haben keine gemeinsame Grenze. Die Klägerin liefert weiterhin elektrischen Strom innerhalb des gesamten Stadtgebiets, das historisch bedingt entsprechend den ursprünglichen Gemeinden in vier Stromeinleitungsbezirke gegliedert ist. Die Klägerin hat ihren Sitz im geographischen Zentrum der Stadt. Ihr Sitz gehört ebenso wie das Siedlungsgebiet F dem Stromeinleitungsbezirk B an. Unter dem Gesichtspunkt der Fernwärmeversorgung gehört ihr Sitz zum Fernwärmeversorgungsgebiet A-....
2. Die Klägerin betreibt in einem Gebäudeteil ihres Unternehmenssitzes (im Folgenden: Maschinenhalle) neben einem dieselbetriebenen Notstromaggregat drei baugleiche, zeitgleich installierte gasbetriebene Motoren mit jeweils zugehörigem Generator (im Folgenden: Motoren I, II und III), mit denen sie Fernwärme und elektrischen Strom erzeugt. Innerhalb der Maschinenhalle sind alle drei Motoren und ihre Zu- und Ableitungen frei zugänglich. Sind die Motoren - so zum Zwecke der Wartung - aus dem Gebäude zu transportieren, so erfolgt dies im Fall des Motors II durch ein zum Innenhof gelegenes Hallentor und für die anderen Motoren durch Maueröffnungen, die jeweils geöffnet und wieder vermauert werden. Für den zur Straßenseite der Maschinenhalle gelegenen Motor III würde ein bloßes Tor wie im Bereich des Motors II den einzuhaltenden Schallschutzanforderungen nicht genügen. Ein Transport der anderen Motoren innerhalb der Halle zu dem vorhandenen Tor ist wegen der Größe der Motoren nicht möglich. Jeder der Motoren erbringt 1.540 kW thermische Leistung und 1.000 kW elektrische Leistung. Der Betrieb der Motoren ist wärmegesteuert. Jeder der Motoren hat eine eigene, vollautomatische und von den anderen Motoren unabhängige Steuerung mit eigenen Sollwertvorgaben (wie z. B. Wärmeanforderung, Vorlauftemperatur), die jeweils in einem Schaltschrank in der benachbarten Leitwarte untergebracht ist. Eine manuelle Steuerung erfolgt grundsätzlich nur im Rahmen der Wartung. Neben der Wärme produziert jeder Motor in konstantem Mengenverhältnis über einen Generator elektrischen Strom. Die Brennstoffversorgung der Motoren erfolgt jeweils über eine eigene, mit jeweils einem Gasmengenzähler versehene Zuleitung, die sich aus einer straßenseitig vorhandenen Hauptleitung abzweigt. Jeder Motor hat einen eigenen Zähler zum Messen der erzeugten Wärme und des erzeugten Stroms. Jeder Motor verfügt über ein eigenes Abgasrohr. Die Abgasrohre werden zunächst jeweils für sich aus dem Gebäude herausgeführt. Dann werden sie an gleicher Stelle in die Höhe geführt, wobei sie durch eine gemeinsame Ummantelung bloß äußerlich verbunden sind. Die Motoren I und II liefern ihre Fernwärme in das Versorgungsgebiet A-... und zwar über einen gemeinsamen Zwischenspeicher. Die entsprechenden Vorrichtungen befinden sich in demselben Gebäude. Ausweislich des Prüfungsberichts des Hauptzollamts G vom 25. Juli 2008 über die Prüfung bei der Klägerin für das Streitjahr 2007 (Heft I - Besteuerungsunterlagen -, Bl. 1, 16) lieferten diese beiden Motoren im Streitjahr ihre Fernwärme noch getrennt zum einen nach A-.../ ... und zum anderen zu einem ebenfalls im Zentrum von A gelegenen Gebäude der H. Über einen gemeinsamen Transformator mit einer Leistung von 2 MW wird und wurde der von den Motoren I und II erzeugte Strom in das öffentliche Niederspannungsnetz gespeist. Der Motor III liefert die von ihm erzeugte Fernwärme für das Versorgungsgebiet F. Er speist den von ihm erzeugten Strom über einen weiteren Transformator von ebenfalls 2 MW Leistung in dasselbe Stromnetz wie die anderen Motoren. Die Motoren sind so ausgelegt, dass sie während der Heizungsperiode permanent in Betrieb sind und die erforderliche Basisleistung erbringen. Die Leistungsspitzen werden jeweils über zusätzliche Heizkessel erbracht. Für das Versorgungsgebiet A-... sind diese in demselben Gebäude wie die Motoren untergebracht. Für das Versorgungsgebiet F sind die Heizkessel dort untergebracht. Die beiden von den Motoren I und II einerseits und Motor III anderersei...