Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Einreihung von "Alebrijes", bemalten Holzfiguren
Leitsatz (amtlich)
1. Unter der mexikanischen Bezeichnung "Alebrijes" hergestellte und vermarktete Figuren sind nicht als Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst in die Position 9703 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen, unabhängig davon, ob es sich um künstlerische oder handwerkliche Arbeiten handelt.
2. Nach der verbindlichen Anmerkung 3 zur Position 9703 sind sie nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen, weil sie den Charakter einer Handelsware haben.
Normenkette
KN Pos. 9703; KN Anm. 3 zu Pos. 9703; KN Pos. 4420
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger, von Beruf ..., ist Sammler und Fachbuchautor für sogenannte "Alebrijes".
I.
Die Bezeichnung "Alebrijes" geht zurück auf einen mexikanischen Künstler (Pedro Linares López, 1906-1992), der als erster - seinerzeit aus Pappmaché gefertigte - bemalte Fabeltiere herstellte und als "Alebrijes" erfolgreich verkaufte.
Heute werden "Alebrijes" überwiegend aus Copal-Holz geschnitzt. Es sind dreidimensionale Figuren, die bestimmte Tiere oder Fabelwesen der alten mexikanischen Religionen darstellen. Sie werden unter Verwendung der Formen, Farbkombinationen, Ornamente und Bilderschriften der indigenen Vorfahren von Kunsthandwerken und Künstlern aus der Region Oaxaca/Mexiko - häufig gemeinschaftlich - gefertigt und mit traditionellen Symbolen oder surrealistisch in bunten Farben individuell von Hand bemalt.
Der Kläger hat ein umfangreiches Sachbuch über "Alebrijes" verfasst, jedenfalls in Deutschland das erste überhaupt, in dem er die "Alebrijes" in vier Gruppen einteilt:
1. tierähnliche Fabelwesen aus Pappmaché oder Holz, unbemalt oder surrealistisch bemalt,
2. naturalistische Skulpturen aus Holz mit surrealistischer Bemalung,
3. naturalistische Skulpturen aus Holz mit naturalistischer Bemalung, die die dargestellten Objekte naturgetreu wiedergeben, zum Teil bis zur Verwechslungsfähigkeit mit einer Fotografie,
4. sonstige Holzschnitzereien, die zum Teil von Hand, zum Teil mit Maschinen als billige Souvenirs massenhaft hergestellt werden.
II.
1. Der Kläger, der bereits mehrfach "Albrijes" eingeführt hat, stellte am 27.01.2011 einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für "Alebrijes" unter Angabe der Unterposition 9703 0000 der Kombinierten Nomenklatur (KN) als Einreihungsvorschlag. Die Position 9703 KN enthält "Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst, aus Stoffen aller Art". Der Kläger fügte diverses Material über "Alebrijes" bei. In seinem Begleitschreiben trug der Kläger vor, die von ihm eingeführten "Alebrijes" seien gemäß des von ihm verfassten Standardwerks über "Alebrijes" in die Gruppen 1 und 2 einzuordnen und in die Pos. 9703 KN einzureihen. Nur die unter die von ihm gebildeten Gruppen 3 und 4 fallenden "Alebrijes" seien in die Pos. 4420 KN "Hölzer mit Einlegearbeit (Intarsien oder Marketerie); Schmuckkassetten, Besteckkästen und ähnliche Waren, aus Holz; Statuetten und andere Ziergegenstände, aus Holz; Innenausstattungsgegenstände aus Holz, ausgenommen Waren des Kapitels 94" einzureihen.
Der Kläger meinte, es sei unzulässig, alle "Alebrijes" in die Pos. 4420 KN einzureihen, vielmehr sei bei mexikanischen Bildhauerarbeiten genauso zu differenzieren, wie dies bei den Arbeiten europäischer Bildhauer getan werde.
2. Der Beklagte erteilte am 26.04.2011 eine vZTA, mit der "Alebrijes" unter der Nr. 4420 1019 00 0 in die Zollnomenklatur eingereiht wurden. Die Warenbeschreibung der vZTA lautet:
"Alebrijes" - Ziergegenstände in Form von mythologischen Tierformen aus den alten mexikanischen Religionen, aus Copal-Holz - handgeschnitzt, - mit kalendarischen oder mythologischen Symbolen handbemalt - zu Zierzwecken ”Ziergegenstände aus Holz, nicht aus tropischem Holz im Sinne der Zusätzlichen Anmerkung 3 zu Kapitel 44, sog. Alebrijes"
Bestandteil der vZTA ist die Fotokopie eines Bestellzettels für das erste Buch des Klägers "...", auf dem der Buchumschlag mit einer Fotografie und 16 weitere Fotos von "Alebrijes" unter Angabe der jeweiligen "Künstler" (Artists) zu sehen sind.
3. Der Kläger legte am dem 05.11.2009 Einspruch ein. Die von ihm eingeführten "Alebrijes" und auch die auf der Anlage zur vZTA abgebildeten Werke seien künstlerische Bildhauerarbeiten mit Malereien, die von denjenigen "Alebrijes" zu unterscheiden seien, die überwiegend in den zahlreichen Schnitzerfamilien Oaxaca, zum Teil serienmäßig, für den Verkauf als Souvenirs hergestellt würden und als kommerzielle Handelsware einzustufen seien. Es sei Sache der Zollbehörden, von geeigneten Beamten beurteilen zu lassen, ob es sich um "echte" Alebrijes handele, die als Bildhauerarbeiten in die Pos. 9703 KN einzureihen seien, oder um solche, die als Handelsware in die Pos. 4420 KN gehörten.
4. Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10.11.2011 zurück. Bei den streitgegenständlichen "Alebrijes" handele es sich nicht um Waren ...