Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Tarifierung von homöopathischen Arzneimitteln
Leitsatz (amtlich)
Homöopathische Arzneimittel in Form von Urtinkturen und Dilutionen, die weder auf der Verpackung noch an anderer Stelle einen Hinweis auf die spezifischen Krankheiten, Leiden oder deren Symptome, bei denen dieses Erzeugnis verwendet werden soll, enthalten, können nicht als Arzneiware in die Position 3004 eingereiht werden.
Normenkette
KN Pos. 3003; KN Pos. 1302; KN Pos. 2208; Zus. Anm. zu Kap. 30; ZK Art. 12; RL 2001/83/EG Art. 14, 16
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte.
Die in ... .... ansässige Klägerin beantragte am 19.03.2009 die Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften für diverse homöopathische Urtinkturen und Dilutionen, die zur Ausfuhr nach Deutschland bestimmt waren. Einreihungsvorschläge unterbreitete die Klägerin dabei zunächst nicht. Auf den Aufklebern, die jeweils an den Behältnissen angebracht waren, fand sich u. a. ein Hinweis auf den Namen des Erzeugnisses und die empfohlene Dosierung. Weiter heißt es: "Homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation". Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis nach dem Arzneimittelgesetz zur Herstellung und zur Einfuhr der Erzeugnisse.
Daraufhin erließ der Beklagte nach Begutachtung durch das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung am 25.08.2009, 28.08.2009, 03.09.2009, 11.09.2009, 14.09.2009, 17.09.2009, 25.09.2009 und 28.09.2009 insgesamt 84 verbindliche Zolltarifauskünfte, mit denen die Urtinkturen in die Unterposition 13021980 (Pflanzensäfte und Pflanzenauszüge) und die Dilutionen in die Unterposition 22089069 (andere alkoholhaltige Getränke) eingereiht wurden. Zur Begründung wurde auf die zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 30 Bezug genommen. Es handele sich nicht um eine homöopathische Arzneizubereitung in diesem Sinne, da Angaben auf dem Etikett, die Verpackung oder einem Beipackzettel zu spezifischen Krankheiten, Leiden oder deren Symptomen fehlten. In Bezug auf die Urtinkturen hieß es weiter, Pflanzenauszüge, auch zusammengesetzt, gehörten zur Position 1302. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Sachakte des Beklagten verwiesen.
Gegen die verbindlichen Zolltarifauskünfte legte die Klägerin Einspruch ein. Sie meinte, die Waren seien als pharmazeutische Erzeugnisse in die Position 3004 einzureihen. Es handele sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 26 des Arzneimittelgesetzes. Den Arzneimittelstatus könnten die Zollbehörden nicht aberkennen. Es gehöre zum Wesen der Homöopathie, weitgehend auf die Angabe von Indikationen zu verzichten. Aufgrund des breiten Wirkungsspektrums von Homöopathika und des Umstandes, dass die Homöopathie eine streng individualisierte Therapiemethode sei, würden Angaben zur Indikation keinen Sinn machen.
Mit Schreiben vom 20.10.2009 und vom 16.11.2009 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung zu dem Einspruch Stellung. Es führte aus, es komme nicht auf die Definition in nationalen Gesetzen, sondern auf den Zolltarif und dessen Anmerkungen an. Nach der zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 30 gehöre eine Zubereitung nur dann in die Position 3004, wenn auf dem Etikett der Verpackung oder auf dem Beipackzettel bestimmte Angaben gemacht würden. Insbesondere müsse eine therapeutische Indikation angegeben werden. Daran fehle es. Da es sich bei den Dilutionen um unmittelbar trinkbare, für den menschlichen Genuss bestimmte Flüssigkeiten handele, seien sie nach Ausschluss der Position 3004 als anderes alkoholhaltige Getränke der Position 2208 zuzuordnen. Zur arzneimittelrechtlichen Einstufung der Erzeugnisse enthielten die verbindlichen Zolltarifauskünfte keine Aussage. Bei den Urtinkturen komme nur eine Einreihung in die Position 1302 in Betracht.
Nach Erhalt dieser Stellungnahmen ergänzte die Klägerin, die Auffassung, es handele sich nicht um Arzneimittel, widerspreche Art. 14 der Richtlinie 83/2001, wonach für die dem vereinfachen Registrierungsverfahren unterliegenden homöopathischen Arzneimittel keine besondere Heilanzeige auf dem Etikett angeben werden dürfe.
Mit Einspruchsentscheidung vom ... 2011 wies der Beklagte die Einsprüche zurück. Die Erzeugnisse seien keine Arzneimittel im Sinne der Position 3004, weil von den in der Anm. 1 zu Kapitel 30 festgelegten Voraussetzungen nur die Buchstaben c) und d) erfüllt seien. Die nach Buchstabe a) geforderte therapeutische Indikation werde jedoch nicht angegeben. Bei den Urtinkturen handele es sich um Pflanzenauszüge. Bei den Dilutionen handele es sich um trinkbare, für den menschlichen Genuss bestimmte andere alkoholhaltige Getränke. Die Normen des gemeinsamen Zolltarifs seien solche des Gemeinschaftsrechts und hätten übernationalen Charakter. Die zollrechtliche Definition sei auch für die Frage der Entstehung von Branntweinsteuer unerheblich, nach dem BranntwMonG handele es sich um Arzneimittel, die von der Besteuerung ausgenommen seien.
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