Entscheidungsstichwort (Thema)
Angabe der Wohnanschrift auch bei Postfachanschrift unentbehrlich
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine ordnungsgemäße Klageerhebung vor dem Finanzgericht erfordert die Bezeichnung des Klägers unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift des tatsächlichen Wohnortes.
2) Die Angabe der Wohnanschrift ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Kläger über eine Postfachanschrift verfügt und unter dieser Postfachanschrift seit dem 1. Juli 2002 auch förmliche Zustellungen in der Form des Einschreibens mit Rückschein erfolgen können.
Normenkette
FGO § 53 Abs. 2, §§ 65, 65 Abs. 1, 1 S. 1, Abs. 2, 2 S. 2, §§ 76, 76 Abs. 1, §§ 80, 80 Abs. 1; ZPO §§ 175, 175 S. 2; FGO § 53
Tatbestand
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 02.06.2003 die vorliegende Klage erhoben und dabei seine Anschrift mit „Postanschrift …”, also eine Postfach-adresse, angegeben.
Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 10.06.2003 wurde er aufgefordert, bis zum 05.07.2003 seine Wohnungsanschrift mitzuteilen, da die alleinige Angabe der Postfachanschrift der Zulässigkeit der Klage entgegen stehen könne.
Daraufhin trug der Kläger mit Schreiben vom 04.07.2003 vor, die Anschrift unter der Angabe eines Postfaches sei zutreffend. Alle Postsendungen könnten ohne Verlust dorthin gesandt werden. In der Wohnung gebe es keine Briefkästen. Die Wohnanschrift wolle er auch gegen die „Hitlergattungen” geheim halten.
Auf Anfrage des Gerichts teilte das Einwohnermeldeamt der Stadt L mit Schreiben vom 12.08.2003 mit, der derzeitige Aufenthalt des Klägers sei dort unbekannt. Die zuletzt bekannte Wohnanschrift „…” sei vor dem 31.07.2003 ohne Abmeldung verlassen worden.
Mit Verfügung vom 15.08.2003 – dem Kläger zugestellt per Einschreiben mit Rückschein am 23.08.2003 – hat der Berichterstatter den Kläger gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO – unter Nennung von Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgefordert, bis zum 25.09.2003 die Wohnanschrift oder Hinderungsgründe für deren Benennung mitzuteilen und nachzuweisen. In der Verfügung ist der Kläger dahin gehend belehrt worden, dass die Fristsetzung ausschließende Wirkung habe und bei deren Versäumung die Klage unzulässig werde, sofern nicht wegen unverschuldeter Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.
Daraufhin antwortete der Kläger, er könne die vorläufige Wohnanschrift unter der Bedingung mitteilen, dass das Gericht niemandem diese Anschrift weitergebe und bei einer Weitergabe an andere vom Gericht alle juristische Pflicht und Verantwortung übernommen werde. Müsse er – der Kläger – nach der Mitteilung umziehen, so habe der Verursacher die Kosten zu übernehmen.
Mit Verfügung vom 8.9.2003 hat der Senatsvorsitzende dem Kläger mitgeteilt, die beim Finanzgericht tätigen Personen unterlägen dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung – AO – und seien zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Berechtigterweise werde eine Wohnanschrift denjenigen Bediensteten des Beklagten und seines Prozeßbevollmächtigten bekannt, die mit dem Fall befasst seien; Kosten- oder Schadensersatzgarantien lehne er ab.
Der Kläger hat seine Wohnanschrift innerhalb der o. g. Ausschlussfrist dem Gericht nicht mitgeteilt. Auch in der mündlichen Verhandlung hat er sich geweigert, seine Wohnanschrift bekanntzugeben, wenn nicht sichergestellt sei, dass seine jetzige Adresse nicht weitergegeben werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.12.2000 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30.4.2003 aufzuheben, in denen die Auszahlung des Kindergeldes für U ab Dezember 1999 bis Dezember 2001 an das Jugendamt festgesetzt wird.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Er ist der Klage inhaltlich entgegen getreten und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 30.04.2003.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die beigezogene Kindergeldakte des Beklagten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Die vorliegende Klage erfüllt nicht die Mindestanforderungen an eine zulässige Klage (§ 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – im folgenden: FGO–), da der Kläger dem Gericht seine Wohnanschrift nicht innerhalb der vom Gericht wirksam gesetzten Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO mitgeteilt hat. Anzuerkennende Hinderungsgründe dafür hat er dem Gericht nicht mitgeteilt.
1.
Eine ordnungsgemäße Klageerhebung vor dem Finanzgericht erfordert nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO die Bezeichnung des Klägers unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift als des tatsächlichen Wohnorts (Urteil des Bundesfinanzhofs – im folgenden: BFH – vom 28. Januar 1997 VII R 33/96, veröffentlicht in der Zeitschrift BFH/NV 1997, 585; vgl. von Groll in: Gräber, FGO, 5. Auflage, § 65, Rz. 25; Tipke in: Tipke/Kruse, AO und FGO, Stand: März 2001, § 65 FGO, Rz.10). Das Erfordernis der Angabe der Wohnanschrift ist im übrigen für alle Prozessordnungen gleichermaßen zu erfülle...