Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, nachträgliche Mitteilung der USt-IdNr.; Vorliegen einer Betriebsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der "Verwendung" einer USt-IdNr. setzt ein positives Tun des Leistungsempfängers, in der Regel bereits bei Vertragsabschluss voraus. Auch bei mündlichem Abschluss eines Beförderungsauftrages kann eine Erklärung über die Verwendung einer bestimmten USt-IdNr. abgegeben und diese in einer Notiz festgehalten werden. Wird nun auf einem überwiegenden Teil von Rechnungen eine bestimmte USt-IdNr. verwendet und unterbleibt dies bei einigen Rechnungen kann nicht zwingend daraus gefolgert werden, dass die USt-IdNr. bei diesen Rechnungen nicht verwendet worden sein soll. In Betracht kommt vielmehr, dass sie durchaus verwendet, aber - aus welchen Gründen auch immer - bei der Rechnungserstellung nicht aufgeführt wurde. Zudem ist der erkennende Senat zugunsten der Stpfl. der Auffassung, dass eine solche Verwendung auch nachträglich möglich ist und diese materiell zurückwirkt.

2. Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO ist, dass der Unternehmer eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die betreffende Einrichtung bestitzt. Besitzt der Stpfl. nun weder einen eigenen Schlüssel zu den betreffenden Räumlichkeiten noch einen eigenen Arbeitsplatz und hat er zudem auch keinen Zugriff auf die EDV-Ausstattung, ist eine solche tatsächliche Verfügungsmacht nicht gegeben.

 

Normenkette

UStG § 3b Abs. 3 S. 1; AO § 12 S. 2 Nr. 2; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen V R 32/12)

BFH (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen V R 32/12)

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb im Streitjahr – 2004 – einen Speditionsbetrieb in A. Sie besaß keinen Fuhrpark und führte selbst keine Frachten aus. Vielmehr wurden die Frachten von ihr vermittelt. Die Frachtführer waren Subunternehmer der Klägerin.

Im Juli 2007 begann bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Jahr 2004, deren Ergebnisse der Prüfer im Prüfungsbericht vom 13. Februar 2007 festhielt. Darin sind – soweit hier streitig – folgende, im Tatsächlichen unstreitige, Feststellungen enthalten:

Steuerschuldnerschaft der Klägerin (Tz. 14 des Berichts)

Die Klägerin bezog im Prüfungszeitraum erhebliche Eingangsleistungen des Subunternehmers B. Der in Griechenland wohnhafte Herr B führte dort seit dem 24.02.1995 ein Speditionsunternehmen unter der Anschrift C-Straße in … D (Griechenland). Seine griechische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (folgend nur: USt-Id-Nr. …) lautete ….

Im Prüfungszeitraum meldete Herr B unter Mitwirkung des Geschäftsführers der Klägerin – Herrn E – in Deutschland ein Gewerbe in den Betriebsräumen der Klägerin an, um in den Besitz einer deutschen Transportlizenz für den europäischen Güterverkehr zu gelangen, für die in Griechenland ungleich höhere Gebühren hätten aufgewendet werden müssen. Ein schriftlicher Mietvertrag zwischen der Klägerin und Herrn B existiert nicht. Herr B hatte keinen eigenen Schlüssel zu den Räumlichkeiten der Klägerin. Er konnte die Geschäftsräume nur zu den Bürozeiten und mit Einwilligung der Klägerin betreten. Er hatte keinen Zugang zu deren EDV-Anlagen und dort auch keinen festen Arbeitsplatz, sondern konnte lediglich einen gerade nicht besetzten Arbeitsplatz nutzen, hielt sich tatsächlich aber fast nie in den Räumen der Klägerin auf. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 13.9.2006 sowie auf die eidesstattliche Versicherung der Frau F vom 31.7.2007 verwiesen.

Die Klägerin hat gegenüber Herrn B in Form von Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) abgerechnet. Im Prüfungszeitraum erstellte die Klägerin Gutschriften teils an die griechische Anschrift des Herrn B und teils an die Anschrift in der G-Straße. Bei Abrechnung unter der deutschen Adresse wurde Herr B als inländischer Unternehmer behandelt. Die Erteilung der Gutschrift erfolgte mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer. Hieraus hat die Klägerin Vorsteuern in Anspruch genommen. Die Abrechnung an die deutsche bzw. griechische Anschrift erfolgte nach Auskunft der Klägerin je nach dem, welcher LKW durch Herrn B für die Durchführung von Transportleistungen genutzt wurde. Wenn er einen in Deutschland zugelassenen LKW genutzt hat, ist die Fakturierung unter der deutschen Anschrift, wenn ein in Griechenland zugelassener LKW genutzt wurde, ist die Fakturierung unter der griechischen Adresse erfolgt.

Aus diesen Feststellungen zog der Prüfer die Schlussfolgerung, dass es sich bei Herrn B um einen im Ausland ansässigen Unternehmer im Sinne des § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG mit der Folge handele, dass die Klägerin Steuerschuldnerin für alle Eingangsleistungen des Herrn B im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG sei. Da die Klägerin dies bei der Erteilung der Gutschriften an die deutsche Anschrift des Herrn B nicht beachtet habe, erhöhte der Prüfer die Umsatzsteuer nach § 13b UStG um 28.881,33 EUR. Hinsichtlich der Ermittlung des ...

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