Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorjahresverluste eines Kommanditisten beim Wechsel in eine Stellung als voll haftender Gesellschafter

 

Leitsatz (redaktionell)

Wechselt der Kommanditist einer KG in die Stellung eines voll haftenden Gesellschafters, wird ein früherer, bloß als verrechenbar festgestellter Verlust im Veranlagungszeitraum des Wechsels zu einem voll ausgleichsfähigen Verlust.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 15a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen VIII R 38/02)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob aufgrund eines Rechtsformwechsels aus einem verrechenbaren ein ausgleichsfähiger Verlust geworden ist.

Der Kläger war bis einschließlich 1996 alleiniger Kommanditist der K.-GmbH & Co. KG. Die Komplementär-GmbH ist am Vermögen und Gewinn- und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt. Sie übt keine Geschäftsführungstätigkeit aus. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH ist der Kläger. Der festgestellte verrechenbare Verlust des Klägers zum 31. Dezember 1996 beläuft sich auf DM 721.061,79.

Zum 01.01.1997 wandelte der Kläger seine bisherige Kommanditistenstellung in diejenige eines persönlich haftenden Gesellschafters um. Die Firma wurde in E. & Co. offene Handelsgesellschaft geändert. Weitere persönlich haftende Gesellschafterin blieb die L.-GmbH. Das Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr der Kommanditgesellschaft bzw. offenen Handelsgesellschaft entspricht dem Kalenderjahr.

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 1997 erklärte die OHG für den Kläger einen Gewinnanteil i.H.v. DM 3.453,14 zuzüglich Sondervergütungen, Sachbezug Pkw, Spenden und nicht abzugsfähige Betriebsausgaben von insgesamt DM 126.997,68. Den vorgetragenen verrechenbaren Verlust behandelte sie als ausgleichsfähig und kam somit zu steuerpflichtigen Einkünften des Klägers von ./. 594.064,11 DM.

Der Beklagte folgte der Auffassung der OHG von der Umqualifizierung des Verlustes in dem Feststellungsbescheid vom 27. November 1998 nicht.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 27. April 1999 als unbegründet zurück. Zur Begründung trug er im wesentlichen vor:

Im Fall der Umwandlung einer KG in eine OHG, GbR oder ein Einzelunternehmen könnten verrechenbare Verluste über den Wortlaut des § 15 a Abs. 2 EStG hinaus mit späteren Gewinnen aus den in neuer Rechtsform fortgeführten Unternehmen verrechnet werden. Finde der Wechsel aus der KG in eine der genannten Rechtsformen innerhalb des Wirtschaftsjahres statt, so sei § 15 a EStG für das gesamte Wirtschaftsjahr nicht anzuwenden. Bei dem umgekehrten Fall des Rechtsformwechsels in eine KG gelte § 15 a EStG für das gesamte Wirtschaftsjahr. Aufgrund dieser Ausführungen werde im Umkehrschluß klargestellt, dass lediglich eine Verrechnung der bisher nach § 15 a Abs. 4 EStG festgestellten Verluste mit zukünftigen Gewinnen des fortgeführten Unternehmens erfolgen könne. Die bisher als verrechenbar festgestellten Verluste würden durch den Rechtsformwechsel einer KG zu einer OHG wegen nunmehr bestehender Vollhaftung der Gesellschafter nicht ausgleichsfähig.

Mit der Klage trägt der Kläger vor:

§ 15 a EStG betreffe nur Kommanditisten. Nach seinem Wechsel in die Komplementärstellung sei die Vorschrift auf ihn nicht mehr anwendbar.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 27. November 1998 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf ./. DM 594.064,11 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.
 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

Der früher bloß verrechenbare Verlust ist aufgrund des Wechsels des Klägers von der Kommanditisten- in die Komplementärstellung zu einem voll ausgleichsfähigen Verlust geworden.

1. Der Senat entscheidet, ohne die bis heute bestehende OHG beizuladen. Zwar ist nach allgemeiner Auffassung die OHG selber auch im Hinblick auf die Frage, ob es sich um einen verrechenbaren oder ausgleichsfähigen Verlust handelt, klagebefugt, wenn die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15 a EStG mit dem Gewinnfeststellungsverfahren verbunden wird. Im Streitfall kann nach Auffassung des Senats jedoch eine Beiladung unterbleiben, da der Kläger allein am Vermögen und Gewinn und Verlust beteiligt ist. Außerdem ist er geschäftsführender Gesellschafter der OHG sowie alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer des zweiten Komplementärs. Bei dieser Personenidentität wäre eine Beiladung bloße Förmelei.

2. Nach Auffassung des erkennenden Senats wird, wenn ein Kommanditist seine Stellung in diejenige eines Komplementärs umwandelt, aus einem bisher bloß verrechenbaren Verlust ein voll ausgleichsfähiger Verlust. Der Senat folgt damit nicht de...

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