Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreie Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Steuerfreiheit einer Abfindung wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Arbeitnehmer aufgrund eines nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossenen neuen Dienstvertrags beim selben Arbeitgeber weiterbeschäftigt wird.
2) Die Auflösung eines Dienstverhältnisses ist vom Arbeitgeber veranlasst, wenn er die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat.
3) Die Veranlassung durch den Arbeitgeber entfällt nicht, wenn der Arbeitnehmer später ohnehin ausgeschieden wäre. Hypothetische Geschehensabläufe können keine Berücksichtigung finden, solange feststeht, dass der Arbeitnehmer an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses festhalten wollte.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 9
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Steuerfreiheit einer Abfindung im Streitjahr 2000 streitig.
Der Kläger ist als Steuerberater selbständig tätig. In seiner Kanzlei war seine am … 1945 geborene Ehefrau seit 1966 – zunächst beim Vater und Rechtsvorgänger des Klägers – auf der Grundlage eines wie unter fremden Dritten geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt. Insgesamt beschäftigte der Kläger in seiner Kanzlei 16 Mitarbeiter im Streitjahr.
Am … 2000 kündigte der Kläger den Arbeitsvertrag mit seiner Ehefrau zum … 2000 wegen dauernder Berufsunfähigkeit der Ehefrau. Hiergegen legte die Ehefrau mit Schreiben vom … 2000 Widerspruch ein. Dabei machte sie Ansprüche nach dem Kündigungsschutzgesetz geltend, die ihr aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit, ihres Alters und ihrer gesundheitlichen Situation zustehen würden. Der Kläger und seine Ehefrau schlossen daraufhin unter Berücksichtigung der vom Kläger erklärten Kündigung und unter Zurücknahme des Widerspruchs am … 2000 einen Aufhebungsvertrag. Hiermit stellte der Kläger seine Ehefrau, die zu jener Zeit gemäß § 2 des Aufhebungsvertrages krank war, zum 30. Juni 2000 von ihren vertraglichen Pflichten unter Anrechnung ihrer vorhandenen Resturlaubsansprüche frei (§ 2 des Aufhebungsvertrages). Darüber hinaus sollte der Kläger seiner Ehefrau nach § 3 des Aufhebungsvertrages in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KündSchG eine Sozialabfindung i.H.v. 19 Nettomonatsgehältern i.H.v. jeweils 1.238 DM, d.h. insgesamt i.H.v. 23.522 DM, leisten. Die Abfindung sollte bis zum 10. Juli 2000 ausgezahlt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag vom … 2000 verwiesen (befindlich in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten).
Das Ausmaß der Krankheit der Ehefrau war seinerzeit nicht absehbar und wurde vom Kläger und seiner Ehefrau weniger schwer eingeschätzt als es tatsächlich war.
Die vereinbarte Abfindung wurde tatsächlich und in voller Höhe wie vereinbart steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt.
Am … 2000 stellte die Ehefrau des Klägers einen Rentenantrag. Diesem wurde mit Bescheid vom … 2000 statt gegeben und die Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 1.190,39 DM rückwirkend ab dem 1. Mai 2000 gewährt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September 2000 wurde laut Bescheid der Krankenkasse zur Abrechnung überwiesen.
Ab Januar 2001 war die Ehefrau beim Kläger als Aushilfe tätig.
In der Einkommensteuererklärung für 2000 behandelten der Kläger und seiner Ehefrau die Abfindungszahlung als steuerfreie Abfindung und gaben sie in der Anlage N der Ehefrau nicht an. Mit Bescheid für 2000 vom … 2001 wurden der Kläger und seine Ehefrau mit kleineren, hier unerheblichen Abweichungen, zur Einkommensteuer veranlagt.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Abfindung steuerpflichtig sei. Daraufhin änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2000 am … 2002 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dahingehend, dass die Abfindungszahlung i.H.v. 23.522 DM als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt wurde.
Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau fristgerecht Einspruch ein. Die Ehefrau des Klägers verstarb im Laufe des Einspruchsverfahrens. Am … 2004 erging die abschlägige Einspruchsentscheidung.
Daraufhin erhob der Kläger fristgerecht Klage.
Der Kläger trägt vor, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG erfüllt seien. Insbesondere sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst gewesen. Denn die zunächst erklärte Kündigung sei vom Arbeitgeber ausgegangen. Arbeitsrechtlich sei die Krankheit kein Kündigungsgrund. Gekündigt werde wegen der betrieblichen Auswirkungen, die die Krankheit mit sich bringe. Damit bleibe die Veranlassung beim Arbeitgeber.
Eine Veranlassung durch den Arbeitgeber sei in den Fällen einer Kündigung ausnahmsweise nur dann nicht gegeben, wenn sich der Arbeitnehmer vertragswidrig verhalten und dadurch die Kündigung verursacht habe. Hierzu zähle aber nicht die Erkrankung eines Arbeitnehmers, infolge derer er seine Arbeit nicht mehr in vollem Umfang ausüben könne. Aufgrund ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit habe seiner Ehefrau eine Abfindungsz...