rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage: Beginn der Herstellung bei baugenehmigungsfreien Objekten; Änderungsvorschrift des § 11 Abs. 5 EigZulG als lex spezialis
Leitsatz (redaktionell)
1. § 19 Abs. 4 EigZulG stellt für die Feststellung des Beginns der Herstellung bei baugenehmigungsfreien Objekten auf den Zeitpunkt ab, in dem "die Bauunterlagen" eingereicht werden. Damit sind nur die Unterlagen nach § 64 Abs. 2 LBauO gemeint. Denn allein diese sind wie der Bauantrag bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, vor Baubeginn einzureichen. Auf die Unterlagen nach § 64 Abs. 2 Nr. 2 LBauO kann es nicht ankommen.
2. Die Änderungsvorschrift des § 11 Abs. 5 EigZulG wird als lex spezialis nicht von den Bestimmungen des §§ 172 ff. AO verdrängt.
Normenkette
EigZulG § 19 Abs. 4, § 11 Abs. 5; LBauO Mecklenburg-Vorpommern § 64 Abs. 2 Nrn. 1-2; AO 1977 §§ 172 ff.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Rückforderung der ihnen vom Beklagten zunächst gewährten Eigenheimzulage für ein neu gebautes Einfamilienhaus in ….
Am 23. August 1995 reichte der Kläger bei dem Landrat des Landkreises … als der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde eine „Erklärung des Entwurfsverfassers und der von ihm herangezogenen Sachverständigen über die Bauvorlagen für ein baugenehmigungsfreies Wohngebäude” ein. Entwurfsverfasser, Vermessungsingenieur und Sachverständiger erklärten, daß die von ihnen für das oben bezeichnete nach § 64 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern [LBauO] baugenehmigungsfreie Wohngebäude gefertigten Bauvorlagen den öffentlich rechtlichen Vorschriften entsprechen. Beigefügt war ein Lageplan. Der Landrat des Landkreises … teilte dem Kläger unter dem 08. November 1995 mit, das Bauvorhaben bedürfe keiner Baugenehmigung. Mit dem Bau könne daher begonnen werden.
Das Objekt wurde 1996 fertiggestellt und wird seit dem 15. Februar 1996 von den Klägern für eigene Wohnzwecke genutzt.
Ihr Antrag auf Eigenheimzulage ging am 19. März 1998 bei dem Beklagten ein. Als Baubeginn war dort der 01. November 1995 angegeben. Mit Bescheid vom 27. April 1998 setzte der Beklagte gegenüber den Klägern Eigenheimzulage für die Jahre 1996 bis 2003 fest.
Mit Schreiben vom 16. Juli 1998 erläuterte der Beklagte den Klägern seine nunmehr von ihm vertretene Rechtsauffassung, wonach keine Eigenheimzulage zu gewähren sei, da die Bauunterlagen vor dem 26. Oktober 1995 beim Bauordnungsamt eingereicht worden seien.
Am 01. September 1998 zeigte der Kläger dem Landrat des Landkreises … die Fertigstellung des Eigenheimes an und reichte den Lageplan sowie Bauzeichnungen in Kopie ein.
Mit Bescheid vom 04. November 1998 hob der Beklagte die Eigenheimzulage ab 1998 auf. Hiergegen richtete sich der fristgemäß erhobene Einspruch der Kläger, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2000 als unbegründet zurückwies.
Die Kläger haben am 15. Februar 2000 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen, das Eigenheimzulagegesetz [EigZulG] stelle auf den Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen ab. Diese seien im vorliegenden Fall am 1. September 1998 und damit nach dem Stichtag des 26. Oktober 1995 übergeben worden. Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte in dem Bescheid vom 04. November 1998 eine unzutreffende Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung genannt und erst in der Einspruchsentscheidung auf die Vorschrift des § 11 Abs. 5 EigZulG abgestellt habe.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 04. November 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte dieses Verfahrens, eines Hefters des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (Eigenheimzulageakte) sowie der Bauakte des Landrats des Landkreises Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO].
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 04. November 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2000 zu Recht den Bescheid vom 27. April 1998 insoweit aufgehoben, als dort für die Jahre ab 1998 Eigenheimzulage bewilligt worden war. Die Rechtsgrundlage für diesen Aufhebungsbescheid ergibt sich aus § 11 Abs. 5 EigZulG, der – anders als dies die Kläger vertreten – als speziellere Vorschrift nicht von den Bestimmungen der §§ 172 ff. Abgabenordnung [AO] verdrängt wird. Nichts anderes bedeutet auch der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung zitierte Grundsatz „lex specialis derogat legi generali” (vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 14. Aufl., 1997, S. 798).
Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß der Beklagte in dem Ausgangsbescheid noch auf § 11 Abs. 3 EigZulG abgehoben hatte und seine Entscheidung erst sei...