Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgewinnermittlung beim Anteilstausch. Bewertungsabschlag bei jungen Aktien und wegen künftiger negativer Wertentwicklung. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Bewertung des Veräußerungserlöses nach § 17 Abs. 2 EStG ist bei als Gegenleistung erhaltenen börsennotierten ausländischen Aktien auf deren Kurswert im Zeitpunkt der Erlangung der rechtlichen oder doch zumindest der wirtschaftlichen Inhaberschaft abzustellen. Beurteilt sich die Frage nach US-amerikanischem Recht, wird der Erwerber von neuen Aktien erst mit der Auslieferung der Aktienurkunde an die von ihm benannte Bank Aktionär.
2. Bei der Bewertung sog. junger Aktien, die im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung neu ausgegeben werden und (noch) nicht zum Börsenhandel zugelassen sind, kann ein Abschlag in Höhe von 10 v.H. von den Kurswerten der alten Aktien als angemessen angesehen werden und der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 EStG bei einem Tausch von Anteilen zugrunde zu legen sein.
3. Eine während der Dauer des Ausschlusses vom Börsenhandel künftige negative Wertentwicklung rechtfertigt nur dann einen Abschlag, soweit konkrete Anhaltspunkte dafür bereits am Bewertungsstichtag vorhanden waren.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2; AktG § 192 Abs. 2 Nr. 2; BewG § 11 Abs. 2 S. 2, § 9 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
I. Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1998 vom 11. Dezember 2001 wird für die Dauer der Anhängigkeit des Einspruchs beim Finanzamt – Außenstelle … – in Höhe von 864.028 DM (= 441.770,50 EUR) Einkommensteuer gegen Sicherheitsleistung von 440.000 EUR ausgesetzt. Die Verwirkung etwa angefallener Säumniszuschläge wird insoweit, als sie auf den ausgesetzten Betrag entfallen, aufgehoben. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 3/20 und das Finanzamt zu 17/20.
Tatbestand
Die Antragstellerin und ihr im Streitjahr 1998 getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagender Ehemann waren die alleinigen Gesellschafter der MKM GmbH (MKM). Nach der unentgeltlichen Übertragung eines Anteils von 50.000 DM (notarielle Urkunde vom 10. September 1998) auf die Antragstellerin waren diese zu 20 v.H. und ihr Ehemann zu 80 v.H. am Stammkapital von 250.000 DM beteiligt. Mit ebenfalls auf den 10. September 1998 datierten notariell beurkundetem Vertrag veräußerten die Antragstellerin und ihr Ehemann die MKM-Anteile an die V-GmbH. Bei dieser Gesellschaft handelte es sich um eine Tochtergesellschaft der US-amerikanischen S-Inc., deren Aktien an der New Yorker Börse zum Handel zugelassen waren. Die Übertragung der MKM-Anteile erfolgte unstreitig am 10. September 1998. Die Gegenleistung bestand It. Veräußerungsvertrag vom 10. September 1998 für die Antragstellerin aus 331.417 Stück nicht registrierter und nicht zum Börsenhandel zugelassener sog. Tauschaktien von S. Der Ausschluss vom Börsenhandel betrug nach dem von der US-Börsenbehörde gesetzten Recht unstreitig ein Jahr. Zur Gegenleistung heißt es unter 8.4 des Veräußerungsvertrags, die Erwerber würden veranlassen, dass die Tauschaktien den Veräußerern zugeteilt werden und dass der Name der Veräußerer im Aktionärsverzeichnis von S. mit den vereinbarten Aktien eingetragen werde. Innerhalb weiterer 14 Tage werde ein Aktienzertifikat über die Tauschaktien an eine Person ausgeliefert, die von den Erwerbern bestimmt würde. Gemäß Ziffer 8.5 des Vertrags bewirke die Übergabe der Aktienzertifikate für die Tauschaktien eine gültige Befreiung der Erwerber von ihren Verpflichtungen nach Ziffer 3 des Vertrags (Kaufpreis). Als „S.-Tauschkurs” war unter Nr. 1.1 des Vertrags ein Betrag von 35 US-$ aufgeführt. Die Tochtergesellschaft von S. legte bei der Ermittlung der Anschaffungskosten zum Zwecke der Bilanzierung der MKM-Anteile den Schlusskurs der S.-Aktien an der New Yorker Börse am 10. September 1998 in Höhe von 34,75 US-$ zugrunde.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Antragstellerin einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 13.456.411 DM, der vom Antragsgegner (Finanzamt – Außenstelle) erklärungsgemäß im Bescheid vom 17. April 2000 (festgesetzte Einkommensteuer 2.902.241 DM) angesetzt wurde. Eine bei der Antragstellerin durchgeführte Außenprüfung (Bericht vom 21. Dezember 2000 und berichtigte Anlage 1) kam demgegenüber zu dem Ergebnis, dass ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 17.192.370 DM zu ermitteln sei. Der Außenprüfer legte der Ermittlung die niedrigste Börsennotierung der S.-Aktie am 10. September 1998 in Höhe von 31,1875 US-$ zugrunde. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Außenprüfers und setzte mit Änderungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) vom 13. Dezember 2001 die Einkommensteuer 1998 auf 3.892.180 DM fest. Über den Einspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid wurde bisher nicht entschieden. Über den Antrag der Antragstellerin vom 8. April 2001 auf abwei...