Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung in Sachen mündlicher Aufforderung zur Abgabe von Steueranmeldungen nach § 50 a Abs. 4 EStG
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
Die Antragstellerin (Astin) veranstaltet internationale Musikfestivals mit inländischen und ausländischen Künstlern.
Mit Schreiben vom 31.3.1993 wurde sie von dem Antragsgegner (dem Finanzamt – FA–) aufgefordert, für die an beschränkt steuerpflichtige Künstler gezahlten Vergütungen Steueranmeldungen einzureichen (FA-Akten Bl. 2). Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieser Aufforderung vom 16.9.1993 lehnte das FA mit Verfügung vom 14.6.1994 ab (FA-Akten Bl. 61). Eine Zwangsgeldandrohung und eine Zwangsgeldfestsetzung hat das FA aus formellen Gründen zurückgenommen (Verfügung vom 22.4.1994, FA-Akten Bl. 51).
Mit Schriftsatz vom 27.7.1994 beantragt die AStin, die Vollziehung der mündlichen Aufforderung zur Abgabe von Steueranmeldungen nach § 50 A Abs. 4 EStG auszusetzen. Sie ist der Auffassung, daß für die Abgabeverpflichtung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage in § 73 e EStDV gesehen werden könne. Die Ermächtigungsnorm in § 51 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht ausreichend bestimmt. Im übrigen verstoße die Steuererklärungspflicht gegen EG-Recht und gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Im einzelnen wird auf die Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten der AStin vom 27.7.1994 und vom 13.2.1995 verwiesen.
Das FA beantragt, die Aussetzung abzulehnen (Hinweis auf Schriftsatz vom 23.8.1994).
Der Antrag kann keinen Erfolg haben.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann nur die Vollziehung eines vollziehbaren Verwaltungsaktes ausgesetzt werden. Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 Satz 1 Abgabenordnung – AO–). Der Verwaltungsakt muß seinem Inhalt nach begrifflich einer Vollziehung fähig sein, d.h. von seinem Inhalt muß die Verwaltung in irgendeiner Weise Gebrauch machen können. Außerdem darf die Aussetzung der Vollziehung das mögliche Ergebnis des Hauptsacheverfahrens nicht vorwegnehmen (Gräber/Koch, FGO, § 69 Rz. 26 und 27 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Es mag Fälle geben, in denen eine Aufforderung des FA zur Abgabe einer Steuererklärung eine anfechtbare und aussetzbare Einzelfallregelung enthält, insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige ohne Aufforderung nicht verpflichtet wäre, eine Steuererklärung abzugeben (z.B. bei Bestehen eines Auswahlermessens, vgl. BFH-Urteile vom 7.8.1990 IX R 114/89, BStBl II 1991, 19, vom 7.8.1990 IX R 95/89, BFH/NV 1991, 213 und Beschluß vom 3.6.1991 IX B 13/90, BFH/NV 1991, 645; Tipke/Kruse, Finanzgerichtsordnung, § 69 Tz. 5; Koch/Krabbe, Abgabenordnung, § 149 Rz. 6; Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, § 149 Rz. 14 ff, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dagegen liegt kein aussetzbarer Verwaltungsakt vor, wenn das FA lediglich auf eine sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Steuererklärungs bzw. Steueranmeldeverpflichtung hinweist, wie im Streitfall. § 50 a Abs. 5 EStG regelt zusammen mit § 73 e EStDV die Verpflichtungen des Vergütungsschuldners bei Zahlung von Vergütungen an beschränkt steuerpflichtige Künstler i.S. von § 50 a Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 EStG. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen (Person der Gläubiger, Person des Schuldners; Zeitpunkt des Abzugs, der Anmeldung und Abführung) sind hier abschließend geregelt und im Streitfall nicht streitig.
Die Rechtmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung bzw. der Aufforderung des FA kann daher nicht in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen diese Anordnung geprüft werden, sondern frühestens in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anmeldung oder in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen einen etwaigen Haftungsbescheid. Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß der Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 13.4.1994 I B 212/93, BStBl II 1994, 85 selbst in der Ablehnung eines Freistellungsantrages durch das Bundesamt für Finanzen keinen Verwaltungsakt gesehen hat, dessen Vollziehung ausgesetzt werden kann. Durch eine Aussetzung der Vollziehung der Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung könnte der Steuerpflichtige im übrigen erreichen, daß er keine Steueranmeldung abgeben muß. Dadurch würde letztlich eine Entscheidung in einem späteren Hauptsacheverfahren in unzulässiger Weise vorweggenommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 1101498 |
EFG 1995, 752 |