Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblich tätige GbR, die eine gewerbliche Beteiligung an einer GmbH & Co. KG hält, Aktien und Wandelanleihen erwirbt, Wandelanleihen gegen Aktien tauscht sowie die Aktien veräußert, Devisen kauft bzw. verkauft und Gold kauft, als Finanzunternehmen i. S. v. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG 2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine gewerblich tätige GbR, die eine gewerbliche Beteiligung an einer GmbH & Co. KG hält, Aktien und Wandelanleihen erwirbt, die Wandelanleihen gegen Aktien tauscht sowie die Aktien veräußert, Devisen kauft bzw. verkauft und Gold kauft, ist ein Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG i. V. m. § 1 Abs. 3 S. 1 KWG, wenn der – nicht einem Finanzunternehmen i. S. d. § 1 Abs. 3 KWG zuzuordnende – Geschäftstyp des Erwerbs von Gold lediglich 12% des gesamten Handelsvolumen der GbR ausmacht.
2. Übt ein Unternehmen auch Tätigkeiten aus, die nicht den „Finanzsektor” i.S. von § 1 Abs. 3 KWG betreffen, muss ermittelt werden, ob die Haupttätigkeit in diesem Sinne finanzunternehmerisch ist. Bei der Feststellung, ob die fragliche Tätigkeit die Haupttätigkeit darstellt, hat zunächst die satzungsmäßige Definition des Unternehmensgegenstandes Indizwirkung. Letztlich ist jedoch auf den tatsächlichen Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, der sich aus dem Anteil am Geschäftsvolumen oder der Anzahl der mit der Aufgabe betrauten Mitarbeiter ergeben kann.
3. Von dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges i.S. d. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG 2002 ist auszugehen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Einbeziehung des gesellschaftsvertraglichen Unternehmenzwecks der GbR und der tatsächlichen Abwicklung der Wertpapier- bzw. sonstigen Finanzgeschäfte sämtliche Geschäfte der GbR auf die kurzfristige Umschichtung von Vermögen angelegt sind.
4. Sind die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG erfüllt, können § 3 Nr. 40, § 3c EStG und § 8b Abs. 1 bis 6 KStG im Rahmen der Gewerbeertragsermittlung der GbR als Mitunternehmerschaft, d. h. auf der Ebene der Gesamthand, auch nicht deshalb Anwendung finden, weil einzelne Gesellschafter der GbR in einer Gesamtschau ihrer individuellen Tätigkeiten nicht hauptsächlich finanzunternehmerisch tätig sind, da insoweit die Personengesellschaft als Unternehmen maßgebend ist.
Normenkette
GewStG 2002 § 10a Sätze 1-2, 5-7, § 7 Sätze 1, 4; EStG § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2, § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 S. 1; KStG 2002 § 8b Abs. 7 Sätze 1-2; KWG § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 11 Sätze 1-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin firmiert – wie bereits im Streitjahr – unter A Wertpapierhandel GbR (mit einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital). Gegenstand bzw. Zweck des Unternehmens ist laut § 1 des bis 30. Juni 2006 geltenden Gesellschaftsvertrags bzw. des mit Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2006 neu gefassten Vertrags, der Kauf und Verkauf von Wertpapieren aller Art, die mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an Unternehmen bzw. die geschäftsmäßige Ausübung von Spekulationsgeschäften mit dem Ziel, durch laufende kurzfristige Umschichtungen bestehende Kursdifferenzen zu realisieren. Im Streitjahr ermittelte die Klägerin ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz in den im Streitjahr geltenden Fassungen (EStG). Zu Beginn des Streitjahres waren die Herren B, C, D mit jeweils 2 v.H. und E mit 94 v.H. an der Klägerin beteiligt. Die weitere Gesellschafterin A Wertpapierhandels GmbH war nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt, führte jedoch die Geschäfte der Klägerin. Mit Schenkungs- und Übertragungsvertrag vom xx./xx. Juni 2006 übertrug Herr E seinen Anteil an der Klägerin mit Ablauf des xx. Juni 2006 auf die F-Stiftung mit Sitz im Fürstentum Liechtenstein. Die F-Stiftung ist eine im Öffentlichkeitsregister Liechtenstein unter der Registernummer … eingetragene Stiftung (vgl. …). Sie ist – zwischen den Beteiligten unstreitig – eine rechtsfähige Familienstiftung mit Sitz in Vaduz, Liechtenstein. Auf die Stiftungsurkunde, die Satzung, die Amtsbestätigung vom … und die weiteren vorliegenden Unterlagen (…) wird Bezug genommen. Die Stiftung wurde ausschließlich durch Herrn E mit Mitteln ausgestattet.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2006 regelten die Gesellschafter der Klägerin die Beteiligungsverhältnisse dergestalt neu, dass die Herren B, C und D nunmehr mit je 1 v.H. und die F-Stiftung mit 97 v.H. am gesamthänderisch gebundenen Vermögen der Klägerin beteiligt sind.
Derzeit sind die geschäftsführende Gesellschafterin G GmbH, vertreten durch Herrn H, die Herren B, C und D sowie die F-Stiftung an der Klägerin beteiligt.
Im Streitjahr wickelte die Klägerin hauptsächlich – wie bereits in den Vorjahren – über depotführende Banken diverse Wertpapiergeschäfte ab und erwarb Goldbarren für ca. xx Mio EUR. Zudem war sie an der A GmbH...