Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf rückwirkende Festsetzung eines höheren Kindergeldes
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips besteht von Verfassungs wegen kein Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld in einer bestimmten Höhe bzw. auf ein höheres Kindergeld als vom Gesetzgeber in § 66 Abs. 1 EStG festgelegt. Eine Klage mit dem Antrag auf rückwirkende Festsetzung eines höheren Kindergeldes ab Geburt der Kinder ist, soweit Zeiträume vor dem 1.1.1996 betroffen sind, an das zuständige Sozialgericht zu verweisen, und für die Zeit ab 1.1.1996 als unbegründet abzuweisen.
2. Ein Antrag auf rückwirkende Festsetzung eines höheren als des gesetzlichen Kindergeldes im Billigkeitswege nach § 163 AO kann keinen Erfolg haben, wenn die streitigen Ansprüche teilweise schon verjährt sind und im Übrigen keine sachlichen Besonderheiten des Einzelfalls vorgetragen werden, sondern lediglich die Verfassungswidrigkeit der öffentlichen Haushalte und sämtlicher Steuergesetze behauptet wird.
Normenkette
AO §§ 163, 155 Abs. 4; EStG § 31 S. 3, § 66 Abs. 1; GG Art. 6, 20 Abs. 1; FGO § 33
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger erhält für seine Kinder A (geb. 1989), B (geb. 1992) und C (geb. 1994) seit deren Geburt Kindergeld von der Beklagten, der Familienkasse. In den jeweiligen Kindergeldanträgen war der Kläger als Berechtigter bestimmt.
Mit Antrag vom 13. Oktober 2008 beantragte der Kläger, unter Anrechnung des bisher gezahlten Kindergeldes jeweils ab der Geburt der Kinder mit 6% ab dem Entstehungsmonat zu verzinsendes Kindergeld in Höhe von 154 EUR für das erste und zweite Kind bzw. in Höhe von 179 EUR für das dritte Kind neu festzusetzen und forderte die Beklagte auf, den Betrag von 90.000 EUR bis zum 31. Oktober 2008 zu begleichen.
Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2008, eingegangen bei der Beklagten am 27. Oktober 2008, erhöhte der Kläger seine Forderung dahingehend, das Kindergeld ab der Geburt der Kinder in Höhe von 164 EUR bzw. 195 EUR festzusetzen.
Des Weiteren stellte der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2008, eingegangen bei der Beklagten am 27. Oktober 2008, einen Antrag auf Billigkeitsentscheidung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. Abgabenordnung (AO) in gleicher Höhe.
Den Antrag auf geänderte Festsetzung von Kindergeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2008 gegenüber dem Kläger ab. Ein Kindergeldanspruch bis zum 31. Dezember 2003 sei verjährt. Nach der gesetzlichen Grundlage des § 66 Einkommensteuergesetz (EStG) betrage das Kindergeld für das erste bis dritte Kind 154 EUR. Eine Erhöhung des Kindergeldes sei durch Kabinettsbeschluss mit Wirkung ab 1. Januar 2009 für das erste und zweite Kind auf 164 EUR, für das dritte Kind auf 170 EUR beschlossen worden, das Gesetzgebungsverfahren sei aber noch nicht abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008, eingegangen bei der Beklagten am 10. Dezember 2008, legten die Kläger Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Neufestsetzung von Kindergeld ein und führten aus, dass Gegenstand dieses Verfahrens auch ein Antrag auf Billigkeitsentscheidung vom 27. Oktober 2008 sei. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag legten die Kläger Untätigkeitseinspruch in Bezug auf eine mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 beantragte Billigkeitsentscheidung ein.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 darauf hin, dass ihr ein Antrag vom 27. Oktober 2008 nicht vorliege und forderte ihn mit Schreiben vom gleichen Tag auf, seinen Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 20. November 2008 zu begründen.
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2008, eingegangen bei Gericht am 11. Dezember 2008, reichten die Kläger unter Hinweis auf den erhobenen Untätigkeitseinspruch sowie den gegen die Ablehnung des Antrags vom 13. Oktober 2008 eingelegten Einspruch Untätigkeitsklage ein. In der am 24. Februar 2009 gegenüber beiden Klägern ergangenen Einspruchsentscheidung verwarf die Familienkasse den Einspruch der Klägerin als unzulässig und wies die Einsprüche des Klägers sowohl hinsichtlich der Ablehnung einer geänderten Festsetzung von Kindergeld als auch hinsichtlich einer begehrten Billigkeitsmaßnahe als unbegründet zurück.
Mit Ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Ablehnung ihres Antrags auf erhöhtes Kindergeld bzw. dagegen, dass ein hierauf gerichteter Antrag auf abweichende Festsetzung nach § 163 AO abgelehnt worden sei. Sämtliche Steuergesetze und damit auch die sich auf Kinder beziehenden Vorschriften seien verfassungswidrig und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Kläger beantragen (sinngemäß), den Ablehnungsbescheid vom 20. November 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2009 aufzuheben und die Familienkasse, ggf. im Wege einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen, zu verpflichten, ab der Geburt der Kinder Kindergeld in der sich gemäß...