Entscheidungsstichwort (Thema)
Ohne eigenes Auftreten am Markt keine Gewerblichkeit des von einer ausländischen Personengesellschaft über die Handelsplattform einer Großbank durchgeführten Goldhandels
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Frage, ob eine ausländische Personengesellschaft vermögensverwaltend oder gewerblich tätig wird, richtet sich im Kern nach denselben Abgrenzungskriterien wie bei vergleichbaren Inlandsgesellschaften.
2. Die für die Einstufung eines Wertpapierhandels als Gewerbebetrieb oder Vermögensverwaltung entwickelten höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätze sind auf den Handel mit Gold über eine Handelsplattform entsprechend anwendbar.
3. Das Bild des gewerblichen Goldhändlers wird dadurch geprägt, dass er beim Handel im eigenen Namen selbst am Markt in Erscheinung tritt und aktiv Kontrahenten sucht. Die anonyme Teilnahme am Handel über Börsenplätze einer Großbank entspricht dagegen nicht dem Bild des Händlers, vielmehr ist diese Art der Geschäftsabwicklung kennzeichnend für Transaktionen, die den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschreiten.
4. Der bloße An- und Verkauf von Gold zum Ausnutzen von Kursbewegungen führt insbesondere dann nicht zur Gewerblichkeit, wenn keine Dienstleistungen für Dritte erbracht werden. Der ohne eigenen unmittelbaren Auftritt am Markt durchgeführte Goldhandel einer ausländischen Personengesellschaft ist daher auch dann nicht gewerblich, wenn die Personengesellschaft ein Büro zur Ausführung der Geschäfte unterhält, professionell organisiert ist, einen Angestellten beschäftigt, der mit der Erteilung der An- und Verkaufsorder an eine Großbank betraut ist, und sich durch den Abschluss eines Beratervertrags mit einem Goldmarktexperten einschlägige berufliche Kenntnisse zunutze macht.
Normenkette
EStG 2007 § 15 Abs. 2, 1 S. 1 Nr. 2, §§ 20, 4 Abs. 3, §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 2; AO § 180 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine nach englischem Recht gegründete Personengesellschaft in der Rechtsform der General Partnership. Sie wurde am 1. Dezember des Streitjahres gegründet, Gesellschafter waren die im Inland ansässigen natürlichen Personen A, B, C, D und E. In Nr. 4 ihres Gesellschaftsvertrags wurde als Gesellschaftszweck der Kauf, der Verkauf, der Handel und andere Geschäfte mit jeder Art von Gütern, insbesondere mit Edelmetallen auf Rechnung der Gesellschaft benannt. Umfasst waren auch der Kauf und der Verkauf von Optionen und anderen Derivaten zum Zwecke der Begrenzung von Verlustrisiken oder der Erhöhung von Gewinnchancen. Schließlich war auch vorgesehen, Handels- und Beratungsdienstleistungen für Dritte und – soweit gesetzlich zulässig – Handelsgeschäfte für Dritte durchzuführen. Geschäftsführende Gesellschafter waren A und D. Sitz der Gesellschaft war London. Zu diesem Zweck wurde von der Klägerin noch im Streitjahr ein Büroraum in London angemietet. Ferner wurden ein Arbeitsvertrag mit F und ein Beratervertrag mit dem Goldmarktexperten G abgeschlossen. Angesichts der andauernden erheblichen Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten waren sich die Gesellschafter darüber einig, kurzfristig in physisches Gold zu investieren, d.h. den Goldhandel durch Kauf von physischem Gold aufzunehmen. Hierzu sollte durch den Einsatz von Krediten verbunden mit Sicherungsinstrumenten ein maximaler Hebel genutzt werden. Die Gesellschafter rechneten mit erheblicher Volatilität im 1. Quartal 2009 und deshalb auch mit interessanten Kurssteigerungsspitzen. Das Risiko sollte durch Absicherungsgeschäfte abgesichert werden (vgl. Gründungsprotokoll vom 1. Dezember 2008, Punkt 4.).
Die Klägerin nahm noch im Streitjahr ihre Geschäftstätigkeit, den kreditfinanzierten Handel von Edelmetallen und Derivaten, auf. Zu diesem Zweck schloss sie mit dem Kreditinstitut Credit Suisse (CS) u.a. einen Rahmenkreditvertrag über 30 Mio US-$, einen Golddepotvertrag und einen Vertrag über Sicherungsinstrumente. Die wesentlichen Konditionen dieser Verträge wurden fixiert. Ferner wurde mit CS vereinbart, dass Repräsentanten der Klägerin Handelsgeschäfte direkt über die Handelsplattform der Bank in Zürich abwickeln konnten. Zu diesem Zweck traten Vertreter der Klägerin telefonisch in Kontakt mit einem CS-Börsenmakler, um ihre An- und Verkaufsaufträge ad hoc am Markt zu Echtzeitpreisen zu platzieren. Zur Kontrolle der Übereinstimmung mit den aktuellen Marktpreisen richtete sich die Klägerin einen Internet-Service zum Abruf der aktuellen An- und Verkaufskurse in Echtzeit ein. Am 16. Dezember 2008 erwarb die Klägerin physische Goldbarren im Wert von rd. 30 Mio $ und Absicherungsoptionen (put options) im Wert von 2,5 $. Die Investition wurde durch die vorher geleisteten Eigenkapitaleinlagen sowie durch die volle Inanspruchnahme des Kontokorrentkreditrahmen...