Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit von § 20 Abs. 2, Abs. 3 AStG mit Europarecht, Niederlassungfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit (Vorlage an den EuGH)
Leitsatz (redaktionell)
Dem Europäischen Gerichtshof wird gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Widerspricht es den Bestimmungen in Art. 52 EG-Vertrag (EGV), jetzt Art. 43 EGV, und in Art. 73b bis 73d EGV, jetzt Art. 56 bis 58 EGV, wenn die Regelungen in § 20 Abs. 2 und Abs. 3 des Außensteuergesetzes (AStG) in der Fassung des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21.12.1993 (BGBl 1993 I, S. 2310) die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter in der ausländischen Betriebsstätte eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen, die als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären, falls die Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, entgegen dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien vom 11.04.1967 nicht durch Freistellung der Einkünfte von der inländischen Besteuerung, sondern durch Anrechnung der auf die Einkünfte erhobenen ausländischen Ertragsteuer von der Doppelbesteuerung befreien?
Normenkette
EGV Art. 73b, 73c, 73d, 43, 56-58, 234 Abs. 2; AStG § 20 Abs. 2-3; DBA Belgien Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 10, 23 Abs. 1 Nrn. 1-2; DBA Belgien (Schlussprotokoll) Art. 12 Zf 2a; EGV a.F. Art. 52
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung sowie einer Festsetzung des Einheitswertes des Betriebsvermögens gemäß § 20 Abs. 2 und Abs. 3 Außensteuergesetz (AStG) in der Fassung des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21.12.1993 (BGBl 1993 I, S. 2310).
§ 20 Abs. 2 AStG lautet:
Fallen Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 2 in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und wären sie als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden.”
§ 20 Abs. 3 AStG lautet:
In den Fällen des Absatzes 2 ist bei Vermögen, das Einkünften mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 zugrunde liegt, die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf dieses Vermögen erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden. …”
§ 10 Abs. 6 AStG lautet:
Absatz 5 gilt nicht, soweit im Hinzurechnungsbetrag Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter enthalten sind und die ihnen zugrunde liegenden Bruttoerträge mehr als 10 vom Hundert der den gesamten Zwischeneinkünften zugrunde liegenden Bruttoerträgen der ausländischen Zwischengesellschaft betragen oder die bei einer Zwischengesellschaft oder bei einem Steuerpflichtigen hiernach außer Ansatz zu lassende Beträge insgesamt 120.000 DM übersteigen;… Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter sind Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft, die aus dem Halten, der Verwaltung, Werterhaltung oder Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen oder ähnlichen Vermögenswerten stammen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass sie
- aus einer Tätigkeit stammen, die einer unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 fallenden eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dient, ausgenommen Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 des Kreditwesengesetzes,
- aus Gesellschaften stammen, an denen die ausländische Zwischengesellschaft zu mindestens einem Zehntel beteiligt ist, oder
- einem nach dem Maßstab des § 1 angemessenen Teil der Einkünfte entsprechen, der auf die von der ausländischen Zwischengesellschaft erbrachten Dienstleistung entfällt.
Soweit im Hinzurechnungsbetrag Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter enthalten sind, für die der Steuerpflichtige nachweist, dass sie aus der Finanzierung von ausländischen Betriebsstätten oder ausländischen Gesellschaften stammen, die in dem Wirtschaftsjahr, für das die ausländische Zwischengesellschaft diese Zwischeneinkünfte bezogen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 fallenden Tätigkeiten oder aus unter § 8 Abs. 2 fallenden Beteiligungen beziehen und zu demselben Konzern gehören wie die ausländische Zwischengesellschaft, ist Satz 1 nur für den Teil des Hinzurechnungsbetrages anzuwenden, dem 60 vom Hundert dieser Zwischeneinkünfte zugrunde liegen.”
§ 8 Abs. 1 AStG lautet:
Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen und nicht stammen aus:
- der Land- und Forstwirtschaft,
- der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen,
- dem Betrieb von Kreditinstituten oder ...