Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht eines Rentenanteils einer nach dem 1.1.1921 geborenen Mutter, der auf Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten beruht
Leitsatz (redaktionell)
Rentenanteile einer nach dem 1.1.1921 geborenen Mutter, die auf Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten beruhen, sind weder nach § 3 Nr. 67 EStG steuerfrei, noch kommt eine analoge Anwendung dieser Vorschrift wegen des Gleichheitsgrundsatzes in Betracht. Denn der Gesetzgeber durfte aus nachvollziehbaren sachlichen Gründen für vor und nach dem 1.1.1921 geborene Mütter zwei unterschiedliche Regelungssysteme für die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten wählen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1; SGB VI §§ 56, 249; GG Art. 3; EStG § 3 Nr. 67
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob der der Klägerin (Klin.) gewährte Rentenanteil, der auf „Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten” beruht, zu versteuern ist.
Die Kläger (Kl.) sind unbeschränkt steuerpflichtig und werden gemeinsam zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Im Streitjahr 2002 erzielte die im Juni 1938 geborene Klin. u.a. Einkünfte aus einer Leibrente, die mit einem Ertragsanteil von 29 v.H. (§ 22 Nr. 1a Einkommensteuergesetz in der für 2002 geltenden Fassung – EStG) versteuert wurde – die in 2002 bezogene Rente der Klin. beträgt nach ihren Angaben in der ESt-Erklärung insgesamt x.xxx EUR.
Ausweislich der Angaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Rentenbescheid für die Klin. vom 14.11.2001 wurde die Rente der Klin., wie in den dafür vorgesehenen gesetzlichen Regelungen bestimmt, nach sogenannten Entgeltpunkten für Beitragszeiten, Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten und zusätzlichen Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten berechnet. Insgesamt ergeben sich danach 21,2869 Punkte. Diese Punktzahl enthält 2,9727 Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten. Das entspricht einem Anteil von (gerundet) 13,96 %. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diesen Bescheid und die weiteren von den Klägern mit Schriftsatz vom 19.07.2011 eingereichten Rentenbescheide Bezug genommen.
Der Beklagte (Bekl.) folgte hinsichtlich der von der Klin. bezogenen Rente den in der Steuererklärung für das Jahr 2002 gemachten Angaben. In einem anderen, im vorliegenden Verfahren nicht mehr streitigen Punkt, wich der Bekl. von den Angaben in der Steuererklärung ab. Dementsprechend wurde mit Bescheid vom 07.07.2004 die ESt auf x.xxx EUR festgesetzt.
Der gegen diesen Bescheid gerichtete Einspruch, mit dem die Kl. sich u.a. gegen die steuerliche Erfassung der Rentenanteile der Klin. gerichtet hatten, die auf der Anrechnung von Kindererziehungszeiten beruhen, hatte keinen Erfolg. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 11.03.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrten die Kl. neben der Steuerfreiheit für die Rentenanteile der Kindererziehungszeiten auch die Änderung der ESt-Festsetzung wegen eines anderen, inzwischen nicht mehr streitigen Punktes (Nutzungswertbesteuerung). Wegen des letztgenannten Punktes war durch Beschluss vom 08.08.2008 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Nachdem das dort genannte Musterverfahren zu Lasten der Kl. entschieden worden war und deshalb das Ruhen des Verfahrens beendet war, schränkten die Kl. ihr Klagebegehren auf die Frage der Versteuerung der Rentenanteile für Kindererziehungszeiten ein. Dazu wird im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Die Rente der Klin. unterliege zwar grundsätzlich der Besteuerung. Maßgebend sei dafür der Ertragsanteil, der 29 % für das Jahr 2002 betrage. Bei der Steuerfestsetzung sei jedoch unberücksichtigt geblieben, dass die Rente auch Anteile enthalte, die auf Beitragszeiten wegen Kindererziehung zurückzuführen seien (§§ 56, 249 VI. Sozialgesetzbuches – SGB VI). Durch § 3 Nr. 67 EStG würden u.a. Leistungen für Kindererziehung an Müttern der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des SGB VI von der Steuer freigestellt. Auch wenn der Gesetzgeber in § 3 Nr. 67 EStG an den Begriff der „Leistung” anknüpfe, handele es sich aber gleichwohl auch um eine Rente. Ein prinzipieller Unterschied zu Rentenempfängern, bei denen die Kindererziehungszeiten sich in Form der Erhöhung einer Altersrente auswirkten, bestünde nicht. Es gebe keinen Grund, warum Mütter, die vor dem 01.01.1921 geboren seien, anders behandelt werden müssten, als Mütter, die nach dem 31.12.1920 geboren wurden – die Klin. gehört zur letztgenannten Gruppe. Beide Gruppen hätten gleiche Kindererziehungsleistungen erbracht und gleichfalls auch am Wiederaufbau Nachkriegs-Deutschlands teilgenommen. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung würde sich zu Lasten der Gruppe der später geborenen Mütter auch dadurch verschärfen, dass auch die Rentenanteile wegen Kindererziehung Teil der Bemessungsgrundlage für die Abzüge zur Sozialversicherung seien. Darüber hinaus würde auch in den Folgejahren ab 2005 durch die Umst...