Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anrechnung, wenn entsprechende Einkünfte nicht erkennbar berücksichtigt

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Steuerabzugsbeträge, die auf Arbeitslohn für mehrere Jahre entfallen, sind nicht anzurechnen, wenn der Arbeitslohn nicht bei der Einkommensteuerveranlagung erfasst ist.

2) Ist ein Schätzungsbescheid ergangen, kann eine Anrechnung nur erfolgen, wenn erkennbar auch derartige Einkunftsteile enthalten sind.

 

Normenkette

AO § 218; EStG §§ 34, 36 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.08.2010; Aktenzeichen VII B 70/10)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob den Klägern (Kl.) aufgrund bisher im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2000 nicht angerechneter Lohnsteuerabzugsbeträge ein Erstattungsanspruch zusteht.

Die Kl. sind für das Streitjahr 2000 durch endgültigen und bestandskräftigen Bescheid 09.08.2002 gemeinsam zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt worden. Bei dieser Veranlagung wurden die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung in der Weise geschätzt, dass jeweils positive Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung (VuV) berücksichtigt wurden. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn) sind dabei mit 40.000 DM berücksichtigt worden. Hierauf wurden im Abrechnungsteil des Steuerbescheides einbehaltene Lohnsteuerabzugsbeträge von 652,00 DM geschätzt sowie entsprechende Beträge zur Kirchensteuer (jeweils 29,34 DM). Unter weiterer Berücksichtigung eines Verspätungszuschlages ergab sich aus dem Abrechnungsteil der ESt-Festsetzung für das Jahr 2000 ein Gesamtnachzahlungsbetrag in Höhe von 456,85 EUR.

Am 07.10.2005 gaben die Kl. die ESt-Erklärung für das Jahr 2000 ab. Darin wurden neben einem Verlust aus Vermietung und Verpachtung (48.403,00 DM), positiven Einkünften aus Rente (15.169,00 DM) und Kapitalvermögen (1.833,00 DM), auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärt. Der dort angegebene Bruttoarbeitslohn beträgt 26.124,00 DM. Von ihm entfallen 11.654,00 DM auf laufenden Arbeitslohn und 14.470,00 DM auf Arbeitslohn für mehrere Jahre. Die einbehaltenen Abzugssteuern betragen hinsichtlich des laufenden Arbeitslohnes (50 + 2,75 + 2,25 + 2,25 =) 57,25 DM, die Abzugssteuern für den Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre betragen nach dieser Bescheinigung (2.500 + 137,50 + 112,50 + 112,50 =) 2.862,50 DM – in der mit der ESt-Erklärung für 2000 eingereichten Lohnsteuerbescheinigung waren alle Beträge als EURO-Beträge in der genannten Höhe als EURO-Beträge ausgewiesen. Das haben die Kl. im Laufe des weiteren Verfahrens im Jahre 2006 korrigiert, indem sie eine auf DM – Beträge berichtigte besondere Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2000 eingereicht haben. Der Beklagte (Bekl.) lehnte eine Änderung der ESt-Festsetzung vom 09.08.2002 ab. Das nachfolgende Einspruchs- und Klageverfahren (Aktenzeichen 1 K 578/06 E) war ohne Erfolg. Im Erörterungstermin vom 20.07.2007 gaben die Verfahrensbeteiligten eine übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärung ab, nachdem sie sich darüber geeinigt hatten, dass über die Frage der Anrechnung von Lohnsteuerabzugsbeträgen durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden ist.

In dem Abrechnungsbescheid vom 13.08.2007 wurden als Steuerabzugsbeträge keine höheren Beträge berücksichtigt als sie bisher im Abrechnungsteil des ESt-Bescheides vom 09.08.2005 angerechnet waren, insbesondere unterblieb eine Anrechnung der Steuerabzugsbeträge, die auf den Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre entfallen. Das Steuerkonto ist nach diesem Abrechnungsbescheid ausgeglichen, da die Kl. die aufgrund des Bescheides vom 12.08.2002 zu zahlenden Beträge inzwischen gezahlt hatten. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.09.2007 wurde er als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte (Bekl.) stützt sich dabei auf § 36 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Dieser stelle eine inhaltliche Verknüpfung zwischen dem Steuerfestsetzungsverfahren und dem Steuererhebungsverfahren her. Abgerechnet werden dürfe nur die Steuer, die auch nach dieser Regelung angerechnet werde. Hier entfielen die in der Veranlagung vom 09.08.2002 enthaltenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit allein auf den laufenden Arbeitslohn, wie auch die geschätzten Steuerabzugsbeträge. Arbeitslohn für mehrere Jahre sei dort nicht erfasst, so dass insoweit auch Abzugsbeträge nicht angerechnet und abgerechnet werden könnten.

Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter, die aus der Lohnsteuerbescheinigung ersichtlichen höheren Steuerabzugsbeträge (insgesamt 2.919,75 DM) anstelle der bisher berücksichtigten Steuerabzugsbeträge (insgesamt 710,68 DM) anzurechnen und abzurechnen. Sie meinen im wesentlichen, die Regelung des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG stehe diesem Begehren nicht entgegen. Dem Bescheid sei zu entnehmen, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt wurden und zwar mit einem Betrag von 40.000 DM. Tatsächlich seien aber nur 26.124,08 DM Eink...

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