Abwicklung der Energiepreispauschale im Veranlagungsverfahren

Der Beitrag erläutert Zweifelsfragen zur Energiepreispauschale (EPP), die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 relevant sind.

Hinweis: Im Top-Thema Energiepreispauschale (21.7.2022) sowie im Top-Thema Einkommensteuererklärung 2022 (17.1.2023) wurde bereits auf die EPP eingegangen. Im Folgenden wird insbesondere auf weitere aktuelle Aspekte zur EPP bei Rentnern und bei Minijobbern hingewiesen.

EPP bei Rentnern

Wie bei der Erläuterung der Einkommensteuervordrucke beschrieben, haben auch Rentner einen eigenen Anspruch auf Auszahlung einer EPP (EPP II genannt). Bisher war aber nicht klar, wie den Finanzämtern die Auszahlung über die Rentenzahlstellen mitgeteilt wird, da die EPP der Steuerpflicht nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c EStG unterliegt. Dies ist nun geklärt.

Eine an Rentenbeziehende ausgezahlte EPP II ist von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und der landwirtschaftlichen Alterskasse in einer gesonderten Rentenbezugsmitteilung bis zum 28.2.2023 an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Die im Jahr 2022 erhaltene EPP II muss von den Rentenbeziehenden nicht in die Einkommensteuererklärung 2022 eingetragen werden. Aufgrund der Rentenbezugsmitteilung fließt die ausgezahlte Summe vielmehr automatisch in die Veranlagung ein.

Hinweis: Die EPP ist (bei Erreichen der Altersgrenze) Teil der Bemessungsgrundlage für den Altersentlastungsbetrag.

Anspruchsberechtigung für Versteuerung entscheidend

Anspruch auf die EPP I haben alle Personen die während des Jahres 2022 (teilweise) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren und im Jahr 2022 Einkünfte aus

  • § 13 EStG (Land- und Forstwirtschaft)
  • § 15 EStG (Gewerbebetrieb),
  • § 18 EStG (selbstständige Arbeit) oder
  • § 19 Ab. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (Einkünfte als Arbeitnehmer aus einer aktiven Beschäftigung)

beziehen. Zu den Arbeitnehmern gehören u. a. auch kurzfristig und geringfügig Beschäftigte.

Die EPP wurde entweder über den Arbeitgeber ausgezahlt, im Rahmen der Minderung der Vorauszahlungen zum 10.9.2022 berücksichtigt oder wird im Veranlagungsverfahren festgesetzt. Ob die EPP über den Arbeitgeber ausgezahlt wurde, ist anhand der übermittelten Lohnsteuerbescheinigung (außer bei Minijobbern) überprüfbar. Eine vom Arbeitgeber ausgezahlte EPP ist in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder in der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung nämlich mit dem Großbuchstaben E anzugeben. So kann eine Doppelberücksichtigung vermieden werden. Bei Minijobbern muss in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, ob eine Auszahlung über den Arbeitgeber bereits erfolgt ist.

Auszahlung grundsätzlich im September

Bei Arbeitnehmern erfolgte die Auszahlung grundsätzlich im September durch den (inländischen) Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt im Rahmen seines ersten Dienstverhältnisses (bei Minijobbern muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt) beschäftigt ist.

Über Veranlagungsverfahren?

Eine Festsetzung über das Veranlagungsverfahren erfolgt z. B. dann, wenn am 1.9.2022 kein aktives Dienstverhältnis vorlag oder der Arbeitgeber von der Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung befreit war, weil er ausschließlich "Minijobber" beschäftigte.

Wurde die EPP nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt, erhöht das Finanzamt im Veranlagungsverfahren den vom Arbeitgeber mit der Lohnsteuerbescheinigung übermittelten Bruttoarbeitslohn um 300 EUR (kein Großbuchstabe E auf der Lohnsteuerbescheinigung).

EPP für Minijobber grundsätzlich steuerfrei

Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die EPP dagegen nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen. Hat der Minijobber die Auszahlung nicht über den Arbeitgeber erhalten (weil dieser z. B. ausschließlich nur Minijobber beschäftigt), muss er eine Steuererklärung abgeben, um in den Genuss der EPP zu kommen.

Versteuerung kann aber trotz Minijob rechtens sein

Folgender Beispiel-Fall kann im Veranlagungsverfahren zu Irritationen führen:

A ist Arbeitnehmer. Zum 1.5.2022 tritt er in den Ruhestand und bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Um sich seine Rente etwas aufzubessern, arbeitet er ab dem 1.5.2022 auf Minijob-Basis bei einem anderen Arbeitgeber. Da der neue Arbeitgeber nur Minijobber beschäftigt, beantragt A bei der Einkommensteuerveranlagung 2022 die Auszahlung der EPP I (für die EPP II hat er als Rentner einen eigenen Anspruch) über die Anlage "Sonstiges" (Abfrage für Minijobber, siehe Erläuterung der Einkommensteuervordrucke).

Lösung: A hat einen Anspruch auf die EPP I, da er im VZ 2022 Einkünfte nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Hier stellt sich die Fallgestaltung aber so dar, dass A neben dem pauschal besteuerten Arbeitslohn noch weitere anspruchsberechtigende Einkünfte nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bezogen hat (nämlich den Arbeitslohn bis 1.5.2022), sodass die EPP I als steuerpflichtige Einnahme nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen ist.

Anlage "Sonstiges" kann verpflichtend sein

Beispiel wie vorher, aber der Arbeitgeber des Minijobs beschäftigt nicht nur Minijobber, sodass er A die EPP I bereits ausgezahlt hat.

Lösung: A könnte auf die Idee kommen die Anlage Sonstiges nicht im Rahmen seiner Steuererklärung einzureichen, da er die EPP I ja schon vom Arbeitgeber des Minijobs erhalten hat. Hierzu ist er aber verpflichtet, da ihm anderenfalls noch einmal eine EPP I gewährt würde, da er noch bis 1.5.2022 Arbeitslohn erzielt hatte (und hier auf der Lohnsteuerbescheinigung kein Großbuchstabe E vorhanden ist). So wird in der Anleitung zum Hauptvordruck 2022 u. a. auf Folgendes hingewiesen:

Sie haben im Jahr 2022 ein kurzfristiges oder geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (Minijob) nach § 40a EStG ausgeübt? Dann machen Sie bitte Angaben in den Zeilen 13 und 14 der Anlage Sonstiges und beachten Sie die Erläuterungen in der Anleitung zur Anlage Sonstiges. In der Anleitung zur Anlage Sonstiges wird dann darauf hingewiesen, dass im Falle eines Minijobs in der Zeile 13 den Wert "1" einzutragen ist und in Zeile 14 anzugeben ist, ob die Energiepreispauschale bereits durch den Arbeitgeber ausgezahlt wurde. Nur alle übrigen anspruchsberechtigten Personen müssen in ihrer Steuererklärung keine Eintragungen zur Energiepreispauschale vornehmen.

Im Rahmen der Steuerfestsetzung ist die EPP I dann auch zu versteuern, da im Jahr 2022 nicht ausschließlich pauschal besteuerter Arbeitslohn bezogen wurde (sondern bis 1.5.2022 noch Arbeitslohn aus der Hauptbeschäftigung).

Pfändung, Insolvenz, Aufrechnung

Die EPP I ist nach § 122 Satz 2 EStG unpfändbar. Aufgrund der Unpfändbarkeit unterliegt sie demnach auch nicht dem Insolvenzbeschlag.

Sie ist also nicht Teil der Insolvenzmasse und steht daher in einem Insolvenzverfahren nicht dem Insolvenzverwalter, sondern unmittelbar dem Anspruchsberechtigten zu, vgl. §§ 35, 36 InsO. Ein Guthaben aufgrund der EPP I ist deshalb grundsätzlich an den Anspruchsberechtigten und nicht an den Insolvenzverwalter auszuzahlen.

Soweit die EPP I Einnahmen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG darstellt (§ 119 EStG), sind diese Einnahmen dem Bereich des insolvenzfreien Vermögens und nicht den Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zuzuordnen.

Aufgrund der Unpfändbarkeit darf gegen die EPP nicht nach § 226 AO aufgerechnet werden, so dass eine Auszahlung an den Insolvenzschuldner erfolgen muss.

Die EPP II stellt eine Einnahme nach § 19 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 oder § 22 Nr. 1 Buchst. c EStG dar. Aufgrund der Unpfändbarkeit (§ 4 Abs. 2 RentEPPG bzw. § 3 Abs. 2 VEPPGewG) unterliegt die EPP II ebenfalls nicht dem Insolvenzbeschlag. Die Einnahmen sind im Rahmen der Veranlagung somit auch dem Bereich des insolvenzfreien Vermögens zuzuordnen.

Ergänzung vom 24.10.2023: Im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die EPP zeitanteilig auf den vorinsolvenzlichen und nachinsolvenzlichen Vermögensbereich zu verteilen. Dementsprechend ist auch die Anrechnung auf den vorinsolvenzlichen und nachinsolvenzlichen Vermögensbereich zu verteilen. Ergibt sich dabei für den vorinsolvenzlichen Bereich ein Erstattungsanspruch, wäre grundsätzlich eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen möglich. Aufgrund der oben dargestellten Unpfändbarkeit darf gegen die EPP aber ja nicht nach 94, 95 InsO i. V. m. § 226 AO aufgerechnet werden, so dass auch hier eine Auszahlung an den Insolvenzschuldner erfolgen muss. Sind dabei auch Steuerabzugsbeträge enthalten, die z. B. auf Einkünfte nach § 19 EStG entfallen, muss der Erstattungsanspruch im Verhältnis der geleisteten Anrechnungsbeträge aufgeteilt werden. Der Teil, der dann auf die Steuerabzugsbeträge entfällt, kann gegen Insolvenzforderungen aufgerechnet werden. Im nachinsolvenzlichen Bereich ist - bei einem Steuererstattungsanspruch - ebenso zu Verfahren. Hier ist nur der Teil, der auf die Steuerabzugsbeträge entfällt, an die Insolvenzmasse auszuzahlen.

Aktualisierung vom 24.10.2023 zur Steuerbarkeit der EPP

Bezüglich der Steuerbarkeit der EPP ist nun auch bekannt geworden, dass vor dem FG Münster ist unter dem Az. 14 K 1425/23 E ein Klageverfahren anhängig. Die Kläger beanstanden die Berücksichtigung der EPP I als Einnahme nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Daher sollte gegen noch nicht bestandskräftige Veranlagungen Einspruch eingelegt und sich auf dieses Verfahren bezogen werden. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung einem Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO zustimmt. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob die EPP I als Einnahme nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder nach § 22 Nr. 3 EStG erfasst wurde.


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