Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1992
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf … DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu berücksichtigenden Kinderfreibeträge.
Die ledige Klägerin (Klin.) ist Mutter der in ihrem Haushalt lebenden Zwillinge … und … (geb. am 1.5.1972), die sich im Streitjahr in der Berufsausbildung befanden. Vater der Kinder ist … wohnhaft in …. In der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1992 beantragte die Klin. mit der Begründung jeweils den vollen Kinderfreibetrag, der Vater habe seine Unterhaltsverpflichtungen nicht mindestens zu 75 % erfüllt. Im ESt-Bescheid 1992 vom 11.11.1993 folgte das Finanzamt (FA) diesem Antrag.
Mit Schreiben vom 27.1.1994 teilte das Finanzamt … mit, dem Vater der Kinder seien für das Streitjahr zwei halbe Kinderfreibeträge gewährt worden. Er habe nachgewiesen, daß er seinen Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen sei. Dem Schreiben waren die Kopien von Posteinzahlungsbelegen aus dem Jahr 1992 über insgesamt 2.420,00 DM (1 × 500 DM; 8 × 240,00 DM) beigefügt. Daraufhin änderte das beklagte FA den ESt-Bescheid 1992 unter dem 13.4.1994 ab und gewährte lediglich zwei halbe Kinderfreibeträge.
Die Klin. erhob gegen den Änderungsbescheid Einspruch. Zur Begründung führte sie aus, die monatliche Unterhaltszahlung habe 250 DM für zwei Kinder betragen. Der Mindestunterhaltssatz betrage nach ihrer Kenntnis für Unterhaltsverpflichtete aus den neuen Bundesländern je Kind mindestens 184 DM. Der Kindesvater sei daher seiner Unterhaltspflicht nicht vollständig nachgekommen, so daß ihr, der Klin., zwei volle Kinderfreibeträge zustünden.
Im Verlauf des Vorverfahrens übersandte das Finanzamt … die Kopie einer Urkunde der Stadt … vom 25.7.1972, nach der … die Vaterschaft anerkennt und sich zur Unterhaltszahlung verpflichtet, und zwar vom 13. Lebensjahr an in Höhe von 75,00 DDR-Mark monatlich je Kind.
Durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 17.5.1995 (zugestellt am 18.5.1990) wies das beklagte FA den Einspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, eine zustimmungsfreie Übertragung der Kinderfreibetragsteile auf die Kl in. komme nicht in Betracht, weil der Kindesvater seine in der Urkunde vom 25.7.1972 (12 × 150 DM = 1.800 DM) niedergelegten Unterhaltsverpflichtungen mit den im Streitjahr gezahlten Beträgen von insgesamt 2.420,00 DM erfüllt habe. Der Einwand der Klin., die gezahlten Unterhaltsbeiträge des Kindesvaters seien weit geringer als die in der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Beträge, könne die Kinderfreibetragsübertragung nicht rechtfertigen. Es habe in der Hand der Klin. gelegen, durch Abänderungsklagen höhere Unterhaltsansprüche durchzusetzen.
Mit dem am 19.6.1995 (Montag) eingegangenen Schreiben erhob die Klin. gegen die EE Klage und verfolgt ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Auffassung, der Vater der Kinder sei seinen Unterhaltsverpflichtungen aus der Urkunde vom 25.7.1972 nicht nachgekommen. Die Unterhaltszahlungen seien seinerzeit auf der Basis eines monatlichen Nettoeinkommens Von 500 DM errechnet worden. Zwischen 1972 und 1992 hätten sich die Einkünfte jedoch stark erhöht.
Die Klin. beantragt sinngemäß,
ihr für die Kinder … und … zwei volle Kinderfreibeträge zu gewähren.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die EE. Unter Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 10/95 anhängige Revisionsverfahren beantragt es das Ruhen des Verfahrens, bis der BFH über die Revision entschieden hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten verwiesen.
Der Senat entscheidet nach § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung, da ihm dies angesichts des Streitstoffes angemessen erscheint.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht für die beiden Kinder der Klin. lediglich je einen halben Kinderfreibetrag gewährt.
Nach § 32 Absatz 6 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 EStG nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils unter anderem dann auf ihn übertragen, wenn er seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr nachkommt, der andere Elternteil jedoch nicht oder nur zu einem unwesentlichen Teil. Zur Feststellung, ob nur unwesentliche Unterhaltsleistungen des Verpflichteten vorliegen, ist vorrangig auf gerichtliche Entscheidungen und auf einvernehmliche Vereinbarungen der Eltern (z.B. Vergleich oder Verpflichtungserklärung) abzustellen: Auf die absolute Höhe der Unterhaltszahlungen kommt es bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unwesentlichen bzw. wesentlichen Unterhaltsbeitrags nicht an (Bundesfinanzhof – BFH, Urteil vom 12.6.1991 III R 108/89, Bundessteuerblatt Teil II 1992, Seite 20).
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