Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsakt
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Abgrenzung einer Wissenserklärung von einer Willenserklärung.
2. Bei einem Schreiben des Finanzamts mit zweifelhaftem Regelungscharakter ist auf die äußere Form des Schreibens abzustellen.
Normenkette
AO 1977 §§ 118, 155 Abs. 1; GrEStG § 1 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Grunderwerbsteuerfestsetzung im Zusammenhang mit einer Firmenumwandlung.
Die Klägerin (Klin.) ist eine AG. Sie ist alleinige Gesellschafterin der Firma I GmbH (I GmbH) in H, einer aus der Firma I GmbH & Co OHG (I OHG) hervorgegangenen Gesellschaft.
Zum Betriebsvermögen der I OHG gehörten verschiedene Grundstücke (Erbaurecht u.a.) in H. Gesellschafter waren seit 1993 die Klin. und die I Verwaltungs GmbH (I Verwaltungs GmbH). Der I Verwaltungs GmbH oblag die Geschäftsführung der I OHG. Sie war jedoch nicht am Vermögen der I OHG beteiligt. Gesellschafter der I Verwaltungs GmbH waren seit Juli 1993 zu jeweils 50 % die Klin. sowie die Firma SN GmbH.
Bis zum Juli 1993 war anstatt der Klin. zu gleichen Beteiligungsverhältnissen die KN GmbH Gesellschafterin der I OHG bzw. der I Verwaltungs GmbH.
Mit Vereinbarung vom 27.02.1998 wurde beschlossen, die I OHG in eine GmbH – I GmbH – formwechselnd umzuwandeln. In der gleichen Urkunde wurde ferner unter II. 3. das Ausscheiden der I Verwaltungs GmbH aus der Gesellschaft – aufschiebend bedingt auf die Eintragung der formwechselnden Umwandlung der Gesellschaft in das Handelsregister – erklärt. Danach war an der neuen I GmbH nur noch die Klin. als alleinige Gesellschafterin beteiligt.
Nachdem der Beklagte (Bekl.) in der Umwandlung vom 27.02.1998 – dem Vorbringen der Kl. folgend – zunächst keinen steuerpflichtigen Vorgang gesehen hatte, änderte er seine Auffassung und setzte mit Bescheid vom 26.01.2000 Grunderwerbsteuer nach einer geschätzten Bemessungsgrundlage in Höhe von 30.422.350 DM fest. Dem lag folgender Schriftwechsel zugrunde:
Als das Finanzamt (FA) von den oben geschilderten Vorgängen erfahren hatte, teilte es der Klin. im Schreiben vom 12.02.1999 mit, dass in dem Ausscheiden der Verwaltungs GmbH eine nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbare und steuerpflichtige Vereinigung aller Anteile zu sehen sei, und dass man eine entsprechende Steuerfestsetzung beabsichtige. Die Klin. wurde deshalb um Auflistung aller im Eigentum der GmbH befindlichen Grundstücke mit deren maßgeblichen Einheitswerten und Bilanzwerten gebeten.
Daraufhin antwortete die Klin. im Schreiben vom 15.02.1999, dass der vom FA aufgegriffene Vorgang keinesfalls als Anteilsvereinigung in einer Hand zu sehen sei und daher auch nicht dem Grunderwerbsteuergesetz unterliege. Die Verwaltungs GmbH sei nicht am Vermögen beteiligt gewesen; es sei keine Änderung hinsichtlich der wirtschaftlichen Identität eingetreten, vielmehr habe lediglich eine formwechselnde Umwandlung stattgefunden. Man gehe davon aus, dass diese Angelegenheit damit ihre Erledigung gefunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Rechtsausführungen wird auf das vorgenannte Schreiben verwiesen.
Mit Schreiben vom 22.02.1999 teilte das FA der Klin. sodann mit, dass eine erneute Überprüfung der Rechtslage zu dem Ergebnis geführt habe, dass im vorliegenden Fall weder eine steuerpflichtige Anwachsung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG noch eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung in einer Hand im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG stattgefunden hätten, da schon vor dem (grundsätzlich nicht steuerbaren) Formwechsel und vor dem Austritt der Verwaltungs GmbH die C AG aufgrund ihrer 100 %igen Beteiligung sowohl am Stammkapital der Altgesellschaft I OHG als auch am Stammkapital der Neugesellschaft I GmbH das alleinige Zugriffsrecht auf den Grundbesitz gehabt habe. Somit habe kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden. Man sehe die Angelegenheit damit als erledigt an (vgl. Blatt 14 der Grunderwerbsteuerakte).
Zehn Monate später teilte das FA der Klin. im Schreiben vom 13.12.1999 mit, dass es nach nochmaliger Überprüfung des Sachverhaltes und der Rechtslage zu einem anderen Ergebnis gekommen sei. Bei der Beurteilung des Vorgangs sei bis dahin übersehen worden, dass für das Grunderwerbsteuerrecht nicht die wirtschaftliche, sondern allein die zivilrechtliche Betrachtungsweise maßgebend sei. Daher sei mit dem der Umwandlung der I OHG in die I GmbH nachfolgenden Austritt der Verwaltungs GmbH eine Vereinigung aller Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erfolgt. Zum Zwecke der Festsetzung der Grunderwerbsteuer forderte das FA die Klin. deshalb nochmals zur Mitteilung der steuerlichen Einheitswerte und der Bilanzwerte der Grundstücke zum 31.03.1998 auf, da die nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG anzusetzenden Grundbesitzwerte im Sinne des § 138 Bewertungsgesetz noch ermittelt werden müssten (vgl. Blatt 21/22 der Grunderwerbsteuerakten). Dieser Aufforderung kam die Klin. in der Folgezeit nicht nach, da sie nach wie vor...