Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf Aussetzungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Rechtswidrigkeit eines Folgebescheids kann durch Erlass des fehlenden Grundlagenbescheids nachträglich beseitigt werden.
2) § 126 Abs. 1 Nr. 5 AO findet auch in den Fällen Anwendung, in denen die für den Erlass des Grundlagenbescheids zuständige Behörde keinen Grundlagenbescheid erteilt hat.
3) Bleibt die Anfechtung eines Folgebescheids deswegen erfolglos, weil der rechtswidrig erlassene Folgebescheid durch Erlass des Grundlagenbescheids rückwirkend geheilt wird, besteht kein Anspruch auf Erlass von Aussetzungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen.
Normenkette
AO § 234 Abs. 2; FGO § 102; AO § 155 Abs. 2, §§ 126-127, 237 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, nach § 237 Abs. 4 AO i. V. m. § 234 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) auf Aussetzungszinsen ganz oder teilweise zu verzichten, weil ihre Erhebung nach Lage des Falls unbillig ist.
1997 hatte Frau A 2, die Mutter des Klägers, von ihrer Kommanditbeteiligung an der Firma A GmbH & Co KG einen Teilkommanditanteil unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihren Sohn A 1, den Kläger, übertragen. Von ihrem Geschäftsanteil an der A Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH hatte Frau A 2 an den Kläger ebenfalls im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Stammeinlage abgetreten. Zum Betriebsvermögen der Firma A GmbH & Co KG gehörten die Grundstück B-Str. 1 – 3 sowie B-Str. 5, beide in R.
Der Beklagte setzte die Schenkungsteuer mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 14.01.1998 unter Ansatz der Werte in der abgegebenen Schenkungsteuererklärung auf 3.493 DM fest.
Mit Schreiben vom 08.01.1998 hatte der Beklagte beim FA I eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten für die Erb-/Schenkungsteuer gestellt; dabei hatte der Beklagte um Feststellung nicht durch förmliche Feststellung, sondern um Feststellung im Wege der Amtshilfe gebeten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 08.10.1998 Bezug genommen
Das FA I teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 20.08.1998 die Grundstückswerte für die beiden Grundstücke in R mit. Die Mitteilungen sind bezeichnet mit „Bescheid im Wege der Amtshilfe über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 02.07.1997”. In der Begründung so heißt es: „Die Feststellung erfolgt im Wege der Amtshilfe.” Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide im Wege der Amtshilfe vom 20.08.1998 und vom 25.08.1998 Bezug genommen (Bl. 30 und Bl. 36 der Schenkungsteuerakte).
Der Beklagte änderte daraufhin den Schenkungsteuerbescheid nach § 164 Abs. 2 AO und setzte die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der vom FA I mitgeteilten Grundbesitzwerte auf 141.555 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schenkungsteuerbescheid vom 09.11.1999.
Der Kläger legte Einspruch ein und beantragte, die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts „zinslos auszusetzen (§ 361 AO mit § 237 Abs. 4 AO und § 234 Abs. 2 AO)”. Der Einspruch richtete sich gegen den Ansatz der Buchwerte sowie die Ermittlung der Bedarfswerte der Betriebsgrundstücke B-Str. 1 – 3 und 5 im Ertragswertverfahren. Da Betriebsaufspaltung vorliege, seien die Grundstücke nicht nach § 146 Abs. 3 BewG, sondern nach § 147 BewG zu bewerten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einspruch vom 23.11.1999 Bezug genommen.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 07.12.1999 die Vollziehung gem. § 361 AO in Höhe von 138.062 DM aus. Den Antrag auf zinslose Aussetzung der Vollziehung lehnte der Beklagte inzident ab, denn in dem Bescheid wird darauf hingewiesen, dass die Beträge, für die Vollziehungsaussetzung bewilligt worden ist, nach § 237 AO zu verzinsen seien, soweit der Rechtsbehelf im Hauptverfahren endgültig keinen Erfolg habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 07.12.1999 Bezug genommen.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der A GmbH & Co KG durch das dafür zuständige Finanzamt I änderte der Beklagte den Schenkungsteuerbescheid erneut und berücksichtigte die Feststellungen der Prüfung; er setzte die Schenkungsteuer auf 100.815 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 12.05.2000 Bezug genommen. Den Einwendungen des Klägers hinsichtlich der für die Betriebsgrundstücke anzusetzenden Werte folgte der Beklagte nicht, nachdem die Bewertungsstelle des Finanzamts I dem Beklagten mitgeteilt hatte, dass es dem Vortrag des Klägers nicht folge (vgl. z.B. Schreiben des FA I vom 21.12.1999).
Im Einspruchsverfahren legte der Kläger für das Betriebsgrundstück B-Str. 1 – 3 ein Verkehrswertgutachten vor, wonach der Verkehrswert 10.300.000 DM betrug (gegenüber bisher angesetzten 10.446.000 DM). Der Kläger vertrat jedoch weiter die Auffassung, dass die Bewertung des Grundstücks nicht im Ertragswertverfahren, sondern nach § 147 BewG zu erfolgen habe, da es sich um einen Fall der Bet...