Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Steuerbefreiung der Umsätze aus d. entgeltlichen Weitergabe von Versicherungsbestätigungskarten
Leitsatz (redaktionell)
Durch den Verkauf von Blanko-Versicherungsbestätigungskarten beschränkt sich die Tätigkeit des Stpfl. im Wesentlichen auf die bloße Weitergabe, nämlich das Kaufen und Verkaufen von Angeboten zum Abschluss von Kurzzeitversicherungsverträgen. Dies reicht für die Steuerbefreiung nicht aus, da es sich nur um eine Art Handelstätigkeit handelt, die aber keinen spezifischen oder wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 11
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob durch die entgeltliche Weitergabe von Versicherungsbestätigungskarten getätigte Umsätze nach § 4 Nr. 10 oder Nr. 11 Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei sind.
Die Klägerin (Klin.) ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der F AG in T, welche u.a. Kraftfahrzeugkennzeichen herstellt und sie im In- und Ausland vertreibt. Im Inland erfolgt deren Vertrieb über eigene und fremde Prägestellen, die sich zumeist in der Nähe von Kraftfahrzeugzulassungsstellen befinden. Die Klin. betreibt ebenfalls einen Handel mit Kraftfahrzeugschildern, jedoch in geringem Umfang. Den Großteil ihrer Umsätze erzielte sie in den Streitjahren mit dem Absatz von
Versicherungsbestätigungskarten (sog. Deckungskarte, bis 31.12.2002 auch unter dem Namen „Doppelkarte” bekannt), dessen steuerliche Behandlung hier streitig ist. Die Deckungskarten im vorliegenden Verfahren betrafen den gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutz bei Überführungsfahrten innerhalb Deutschlands (Deckungskarten für Überführungskennzeichen) oder bei der Ausfuhr von Fahrzeugen (Deckungskarten für Ausfuhrkennzeichen). Die Klin. war dabei in eine Leistungskette eingeschaltet, deren Ziel und Ergebnis es war, den Endabnehmern Kurzzeit-Kfz-Haftpflichtversicherungen zu verschaffen.
In den Streitjahren erwarb die Klin. hierzu von verschiedenen Firmen, die selbst keine Versicherungsunternehmen waren, eine Vielzahl von Blanko-Deckungskarten inländischer und ausländischer Versicherungen. Beispielsweise kaufte die Klin. mit Rechnung vom 19.03.2007 2.300 Blanko-Deckungskarten der B S.A. aus Luxemburg von der Firma C aus Belgien zum Gesamtpreis von 85.156 EUR. Die von ihr erworbenen Blanko-Deckungskarten repräsentierten jeweils ein Angebot der jeweiligen Versicherung auf Abschluss einer Kurzzeitversicherung. Die Klin. nahm diese Angebote auf Abschluss der Versicherung nicht selbst an und brachte damit die Versicherungen nicht selbst zum Abschluss. Im Zeitpunkt des Erwerbs der Blanko-Deckungskarten durch die Klin. stand noch nicht fest, wer die jeweilige Kurzzeitversicherung abschließt. Die Klin. vertrieb die Blanko-Deckungskarten dann über eigene Prägestellen oder verkaufte sie an fremde Prägestellen. Hierfür stellte sie die gewünschten Karten nach Anzahl, Versicherungsgesellschaft und Leistung für die jeweiligen Besteller zusammen und verkaufte sie dann ohne Umsatzsteuer (USt) an die Prägestellen, die den Kunden den Versicherungsschutz vermittelten. Die Klin. selbst trat hierbei nie mit den Versicherungen und den Endabnehmern, die die Karten für Überführungsfahrten und Ausfuhren nutzten, in rechtliche Verbindung. Auch bestand kein unmittelbarer Kontakt mit den Versicherern oder den Endabnehmern. Die Endabnehmer erhielten jeweils eine Ausfertigung der mit dem Namen des Versicherten und der Bezeichnung des Versicherungsobjekts versehenen Versicherungskarte über die Straßenverkehrsbehörde, die die Zulassung von dem Eintritt des Versicherungsschutzes abhängig macht. Die Endabnehmer zahlten jeweils die auf der Deckungskarte vermerkte Endprämie (einschließlich Versicherungssteuer). Die Margen/Provisionen, die die Klin. bzw. die anderen Zwischenhändler erhielten, waren in dem auf der Deckungskarte ausgewiesenen Preis inbegriffen.
Die Klin. erklärte in ihren Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen lediglich steuerpflichtige Umsätze aus dem Verkauf der Kfz-Kennzeichen. Die Ausgangsumsätze aus der Abgabe der Deckungskarten behandelte sie als umsatzsteuerfrei.
Ab 2007 fand bei der Klin. eine USt-Sonderprüfung statt, die sich auf die USt 2004 bis 2006 und die USt-Voranmeldungszeiträume I. bis IV. Quartal 2007 bezog. Der Prüfer stellte in seinem Bericht vom 03.09.2008 wie folgt fest:
Die von der Klin. mit dem Handel von Kurzzeit-Versicherungskarten erzielten Umsätze seien steuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 10 a UStG komme nicht in Betracht, da die Klin. weder Versicherer noch Versicherungsnehmer sei. Auch die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 10 b UStG komme nicht zur Anwendung, da diese Vorschrift voraussetze, dass der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließe, mithin dass der Unternehmer selbst Versicherungsnehmer sei. Die „Verschaffung von Versicherungsschutz...