Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Steuerpflichtigen auf Durchführung der Außenprüfung in der Steuerkanzlei des Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Die Festlegung des Prüfungsortes ist ein selbständiger Verwaltungsakt, der gesondert von der Prüfungsanordnung ergeht und gesondert angefochten werden kann.
Wenn eine sachgerechte Außenprüfung auch nach Auffassung des Gesetzgebers grundsätzlich die Prüfung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen erfordert, dann müssen die dem entgegenstehenden oder wie hier sogar für einen gar nicht im Gesetz genannten Prüfungsort (Kanzlei des Steuerberaters) sprechenden Gesichtspunkte besonders gewichtig sein, um die ansonsten im Gesetz vorgesehene Prüfung an Amtsstelle ausschließen zu können.
Normenkette
AO § 200 Abs. 2 S. 1; FGO § 102
Tatbestand
Streitig ist die Festlegung des Prüfungsortes durch das Finanzamt.
Der Kläger betreibt ein Gewerbe der Eisenflechterei. Er verfügt über keine Geschäftsräume. Mit Prüfungsanordnung vom 27.01.2009 ordnete das Finanzamt bei dem Kläger eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO hinsichtlich der Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 an.
Der Prozessbevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 29.01.2009 die Durchführung der Prüfung in seiner Steuerkanzlei. Dies wurde damit begründet, dass der Kläger über keine Geschäftsräume verfüge und alle Geschäftsunterlagen sowie die vom Kläger benannte Auskunftsperson in der Steuerkanzlei seien. Weiter wurde vorgetragen, dass der Steuerpflichtige ein Wahlrecht habe, ob die Prüfung in den Wohnräumen oder an Amtsstelle stattfinde, wenn keine geeigneten Geschäftsräume vorhanden sind.
Mit Verwaltungsakt vom 02.02.2009 ordnete das Finanzamt die Prüfung an Amtsstelle an. Gegen diesen Verwaltungsakt legte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 03.02.2009 Einspruch ein und beantragte die Durchführung in seiner Steuerkanzlei.
Das Finanzamt wies mit Einspruchsentscheidung vom 16.04.2009 den Einspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte es im Einspruchsverfahren und der Einspruchsentscheidung im Wesentlichen aus:
Der Steuerpflichtige könne grundsätzlich nicht verlangen, dass die Prüfung in den Büroräumen des Steuerberaters oder Buchführungshelfers durchgeführt werde. Zwar könne der Steuerpflichtige eine Prüfung an einem anderen Ort, insbesondere im Büro seines steuerlichen Beraters beantragen. In diesem Falle habe das Finanzamt unter Berücksichtigung der Belange der Verwaltung und der schutzwürdigen Interessen des Steuerpflichtigen eine Ermessensentscheidung zu treffen.
Die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte für eine Prüfung in der Steuerkanzlei würden jedoch die vom Finanzamt angeführten Gesichtspunkte für eine Prüfung an Amtsstelle nicht überwiegen. Zwar bestehe bei einer Prüfung im Büro des steuerlichen Beraters die Möglichkeit, auftretende Zweifelsfragen durch ein persönliches Gespräch mit dem Berater schnell und unkompliziert zu klären. Dies gelte insbesondere für die vom steuerlichen Berater selbst erstellten Unterlagen. Die dadurch ermöglichte zeitliche Straffung der Prüfung stelle grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse des Steuerpflichtigen dar. Dem stehe jedoch das Interesse der Verwaltung gegenüber, dass die Arbeitszeit des Betriebsprüfers nicht für uneffektive Fahrtzeiten verloren gehe. Im Streitfall liege die Kanzlei des Steuerberaters in 1 und damit außerhalb des Prüfungsgebietes des beklagten Finanzamts. Bei einer Durchführung der Prüfung in der Kanzlei wäre von der Betriebsprüferin eine tägliche Fahrtstrecke von über 200 km und eine Fahrtzeit vom zwei bis zweieinhalb Stunden zu bewältigen. Hierdurch entstünden erhöhte Fahrtkosten und eine zusätzliche Arbeitszeitbelastung der Betriebsprüferin. Außerdem sei der persönliche Kontakt mit dem Steuerberater während der Prüfung nicht unbedingt erforderlich. Der Betriebsprüfer erstelle bei den Prüfungen an Amtsstelle Fragenkataloge, die an den Steuerpflichtigen bzw. dessen Berater übermittelt würden und von diesem zu beantworten seien. Dies wäre auch bei einer Prüfung in der Steuerkanzlei nicht anders. Auch hier sei nicht gewährleistet, dass der Steuerberater als Auskunftsperson dauernd zur Verfügung stehe. Im Streitfall verursache der Transport der Prüfungsunterlagen, die aus drei Leitzordnern, einem Kanzleiordner und einem Geschäftskonto bestünden, keine wesentlichen Schwierigkeiten. Zudem könne die Prüfung an Amtsstelle unabhängig von den Bürozeiten des Steuerberaters durchgeführt werden.
Daraus ergebe sich, dass den schutzwürdigen Interessen des Klägers zumindest gleichwertige Interessen der Verwaltung gegenüberstehen würden.
Mit der Klage wird begehrt, den Verwaltungsakt vom 02.02.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.04.2009 aufzuheben und die Steuerkanzlei des Prozessbevollmächtigten als Ort der Betriebsprüfung zu bestimmen. Hilfsweise wird begehrt, das beklagte Finanzamt zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Grundsätze des Gerichts, einen neuen Verwaltungsakt ...