Revision eingelegt (BFH III R 58/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzweigung von Kindergeld: Nachweis des Kindergeldberechtigten für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Prüfung, ob dem Kindergeldberechtigten Aufwendungen in Höhe des Kindergeldes entstanden sind, dürfen keine fiktiven Kosten für die Betreuung des Kindes angesetzt werden, sondern nur tatsächlich entstandene und glaubhaft gemachte Aufwendungen für das Kind berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 1 Sätze 1, 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die teilweise Abzweigung des Kindergeldes.
Der von Geburt an geistig und stark sehbehinderte Sohn der Klägerin A (geb. xx.xx.1971) lebt seit dem 01.04.2001 in einem Wohnheim der Blindeninstitutsstiftung.
Mit Schreiben vom 19.11.2013 beantragte der Bezirk 1 für die Zeit ab dem 01.06.2008 die Abzweigung des Kindergeldes in Höhe des von der Klägerin zu leistenden Unterhaltsbeitrages. Die Sachlage habe sich gegenüber früheren Jahren nicht geändert, der Sohn der Klägerin erhalte Sozialhilfe in Form von Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, die Leistungen würden insbesondere die gesamten vollstationären Unterbringungskosten umfassen.
Mit Bescheid vom 28.02.2014 wurde dem Antrag entsprochen und aus dem Kindergeldanspruch der Klägerin ab Juni 2008 ein Betrag in Höhe von 23 €, ab März 2009 ein Betrag in Höhe von 24,50 € und ab März 2010 ein Betrag in Höhe von 27,78 € monatlich abgezweigt.
Hiergegen wurde mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom 11.03.2014 Einspruch eingelegt. Der Klägerin entstünden für Betreuung und Umgang mit ihrem Sohn monatliche Aufwendungen in Form von Geldzahlungen bzw. immateriellem Unterhalt mindestens in Höhe des Kindergeldes, so dass nach der Rechtsprechung des BFH allein die Auszahlung des Kindergeldes an die Kindergeldberechtigte ermessensgerecht sei. Nach den von dem Finanzgericht Nürnberg in seinem Urteil vom 13.04.2011 (Az. 7 K 913/2008) getroffenen Feststellungen, würden sich die monatlichen Aufwendungen der Klägerin unstreitig auf mehr als 500 € belaufen. Diese Leistungen hätten sich auch danach kaum verändert, die Unterhaltsleistungen seien unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil konkret beziffert worden. Die eigenen finanziellen Mittel des geistig behinderten und völlig erblindeten Sohnes reichten nicht aus, um seinen gesamten Lebensbedarf abzudecken. Die finanziellen Mittel würden sich monatlich auf 98 € Werkstatteinkommen belaufen, das Blindengeld in Höhe von 200 € könne gemäß § 1610a BGB nicht in Ansatz gebracht werden, ferner leiste der Kindesvater nach dem Endbeschluss des Familiengerichts 2 vom 10.08.2011 seit dem 01.06.2011 keinen Unterhalt mehr.
Mit Schreiben vom 15.12.2014 wurde der Bezirk 1 gemäß § 360 Abs. 3 AO zum Einspruchsverfahren hinzugezogen. Mit Schreiben vom 03.03.2015 teilte der Bezirk mit, dass die behaupteten monatlichen Aufwendungen der Klägerin in Höhe von ca. 500 € nicht belegt seien. Nach der Rechtsprechung könnten keine fiktiven, sondern nur tatsächlich entstandene Aufwendungen für das Kind berücksichtigt werden. Der Behauptung von unstreitig festgestellten Ausgaben durch das vorgenannte Urteil des Finanzgerichts Nürnberg stehe der Umstand entgegen, dass der BFH mit Beschluss vom 20.02.2012 (Az. III B 107/11) über die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde, den Nachweis der Unterhaltszahlungen als nicht gegeben ansah. Die Klägerin habe aufgrund der früheren Streitigkeiten Beweisvorsorge treffen müssen.
Aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin könne diese ihren Sohn daheim nicht betreuen, vielmehr unterstütze sie der nicht vollständig erblindete Sohn im Haushalt. Die Anzahl der behaupteten Besuchsaufenthalte seien weder nachgewiesen noch glaub-würdig.
Der Sohn der Klägerin beziehe monatliche Einkünfte in einer Gesamthöhe von 563 €, darin sei auch das Blindengeld in Höhe von 272 € enthalten, nach der vorgenannten Entscheidung des BFH vom 20.02.2012 müsse das Blindengeld als verfügbares Einkommen in Ansatz gebracht werden. Überdies sei eine Bekleidungspauschale in Höhe von 21 € gewährt worden, die Teilnahme an Ferienmaßnahmen sei jeweils mit 5,50 € täglich bezuschusst worden. Außerdem erhalte die Klägerin während des Besuches ihres Sohnes ein häusliches Pflegegeld von täglich 7,83 €. Die Unterhaltszahlungen des Vaters hätten bis zum 31.05.2011 349,21 € und danach bis zu dessen Ableben am 11.06.2014 monatlich 27,48 € betragen.
Im Einspruchsverfahren forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 12.11.2014 auf, die behaupteten Unterhaltsaufwendungen konkret zu beziffern und im Einzelnen nachzuweisen bzw. die Aufenthaltstage des Kindes bei der Klägerin darzulegen. Wegen der Einzelheiten wird auf das o.g. Schreiben verwiesen. Mit Schreiben vom 26.11.2014 teilte der Klägervertreter mit, dass eine konkrete Bezifferung im früheren Gerichtsverfahren stattgefunden habe und dass sich die Verhältnisse danach nicht wesentlich ...