Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung eines Wettbewerbsverbotes als Entgelt für eine eigene steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung i.S.d. Umsatzsteuergesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Wettbewerbsverbot ist nicht notwendiger Bestandteil eines nicht umsatzsteuerpflichtigen Geschäftsveräußerungsvertrages, sondern als eigenständige sonstige Leistung steuerbar und steuerpflichtig.
2. Ist der Steuerpflichtige aufgrund eines sonstigen Leistungsverhaltens bereits umsatzsteuerrechtlich Unternehmer, so muss das Unterlassen von Wettbewerb nicht aus sich heraus nachhaltig sein, sondern wird ohne eigene Nachhaltigkeit vom Unternehmen des Steuerpflichtigen umfasst.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, § 3a Abs. 4 Nr. 9; AO § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei der Vergütung eines Wettbewerbsverbotes um ein Entgelt für eine eigene steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung i.S.d. Umsatzsteuergesetzes handelt.
In der Umsatzsteuererklärung 2002 vom 17.12.2003 (Eingang beim Finanzgericht) erklärte der Kläger aus einer Beiratstätigkeit steuerpflichtige Umsätze (zu 16 %) i.H.v. 20.000 € und errechnete eine Steuer i.H.v. 3.200 €. Die Erklärung wurde vom Finanzamt ohne Abweichung verarbeitet und am 24.02.2004 freigegeben. Sie stand damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, § 168 Satz 1 i.V.m. § 164 Abgabenordnung (AO).
In der Zeit vom 28.12.2004 bis zum 19.12.2007 fand beim Kläger – mit Unterbrechungen – eine Betriebsprüfung statt. Zur Umsatzsteuer 2002 stellte der Prüfer im Teilbericht vom 20.12.2007, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, fest, dass der Kläger mit Vertrag vom 16.05.2002 seinen Kommanditanteil an der A-KG und seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH an die G-GmbH verkauft und sich zudem in § 8 des Kaufvertrages (KV) gegenüber dem Erwerber für die Dauer von drei Jahren zu einem persönlichen Wettbewerbsverbot verpflichtet hatte. Das hierfür gesondert neben dem Kaufpreis vereinbarte Entgelt betrug 2.400.000 € (§ 8 KV). Zuwiderhandlungen waren mit persönlichen Vertragsstrafen bewehrt.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, das Unterlassen von Wettbewerb gegen Entgelt stelle gemäß BFH-Urteil vom 13.11.2003, BStBl II 2004, 472 eine steuerpflichtige sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz – UStG – dar. Auch wenn sich die Leistung des Klägers über drei Jahre erstrecke, sei die Umsatzsteuer mit der Vereinnahmung des Entgelts im Jahr 2002 entstanden, § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die Umsatzsteuer 2002 sei deshalb um 331.034,40 € zu erhöhen.
Das Finanzamt folgte der Rechtsauffassung des Prüfers, setzte die Umsatzsteuer 2002 aufgrund der Prüfungsfeststellungen mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 03.04.2008 auf 334.234,40 € herauf und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf, § 164 Abs. 3 AO.
Der Einspruch gegen den Bescheid vom 03.04.2008 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2009 als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Meinung des Finanzamts handelte es sich bei der Veräußerung der KG-Anteile nicht um eine nicht steuerbare „Geschäftsveräußerung im Ganzen“ i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG, sondern um eine nach § 4 Nr. 8f UStG steuerfreie Veräußerung von Gesellschaftsanteilen.
Der entgeltliche Verzicht auf eine unternehmerische Tätigkeit sei als unternehmerische Betätigung i.S.d. des § 2 UStG zu sehen. Das Wettbewerbsverbot sei nicht nur unselbstständiger Teil des gesamten Kaufvertrages. Es sei nicht lediglich erfolgssichernd vereinbart, sondern habe eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung, die sich zum einen in der Höhe des dafür vereinbarten Entgeltes zum andern in der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafen zeige. (1 Mio. € bei einmaligem Verstoß, bei Andauer des Verstoßes weitere 500.000 € pro Monat.)
Die sonstige Leistung „Verzicht auf Wettbewerb“ sei im Rahmen des umsatzsteuerlichen Unternehmens des Klägers erbracht worden. Der Kläger sei als Beiratsmitglied selbständig und nachhaltig gegen Entgelt und damit unternehmerisch i.S.d. Umsatzsteuergesetzes tätig. Das Unternehmen umfasse die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Klägers und damit auch die selbständige Leistung des Verzichts auf Wettbewerb. Das Unterlassen von Wettbewerb brauche deshalb nicht aus sich heraus nachhaltig zu sein; es werde ohne eigene Nachhaltigkeit vom Unternehmen des Klägers umfasst (Bundesfinanzhof, BFH-Urteil vom 30.07.1986 V R 41/76, BStBl II 1986, 874). – Abgesehen davon sei der Wettbewerbsverzicht des Klägers aber schon aus sich heraus eine unternehmerische Tätigkeit, weil der Kläger für die Dauer von drei Jahren zum Unterlassen von Wettbewerb verpflichtet und diese Leistung von wirtschaftlichem Gewicht gewesen sei, was die vereinbarte Vergütung und die festgelegte Vertragsstrafe belegten.
Die Vereinbarung des Wettbewerbsverbots sei auch nicht der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der G-GmbH zuzuordnen.
Die Steuerfestsetzung habe nach § 164 Abs. 2 AO jederzeit geändert werden können. Die Vertrauensschutzre...