Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbeschränkter Abzug von Fahrtkosten eines freiberuflich tätigen Musiklehrers zu Unterrichtsräumen einer Musikschule an mehreren Standorten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein freiberuflich tätiger Musiklehrer, der den Musikunterricht an mehreren Standorten seines Auftraggebers, einer Musikschule, etwa gleich häufig erbringt, kann die Fahrtkosten zu den jeweiligen Standorten unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, 5 Satz 1 Nr. 6 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 4-5, Abs. 2

 

Tatbestand

Strittig ist die Höhe der Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

Im Streitjahr 2009 erzielte der Kläger als Krankenpfleger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Blatt 8 ESt-A 2009).

Daneben arbeitete er als Musiklehrer bei der Musikschule "R" und "D". Während die Musikschule "R" ihren Standort in R hatte (http://www.musikschule...), unterhielt die Musikschule "D" Standorte sowohl in S als auch in T (http://www.musikschule-d...). Eigenen Angaben zufolge suchte der Kläger den Standort in R (Entfernung: 9 km) an 41 Tagen sowie die beiden Standorte in T (Entfernung: 28 km) und S (Entfernung: 33 km) jeweils an 38 Tagen aus beruflichen Gründen auf (Blatt 9 Akte "Arbeitszimmer"). In seiner unter Mitwirkung des Verfahrensbevollmächtigten erstellten Einkommensteuererklärung vom 17. Januar 2011 (Blatt 1-9 ESt-A 2009) ordnete der Kläger seine bei den beiden Musikschulen erzielten Einkünfte den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu und gab diese mit einem Betrag in Höhe von 7.819,88 € an (Blatt 7 ESt-A 2009). Den Gewinn ermittelte er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.

Während des Veranlagungsverfahrens legte der Kläger den Vordruck "Kosten des häuslichen Arbeitszimmers" (Blatt 6/7 Akte Arbeitszimmer) nebst einer Wohnungsskizze mit Berechnungen (Blatt 8 Akte Arbeitszimmer), eine Ermittlung der Fahrtkosten zu den Musikschulen (Blatt 9 Akte Arbeitszimmer) und Auszüge aus der Buchhaltung über die "Entwicklung des Anlagevermögens vom 01.01.2009 bis 21.12.2009" (Blatt 10-12 Akte Arbeitszimmer) vor. Zu diesen Unterlagen nahm der Beklagte in seinem Schreiben vom 1. Juni 2011 Stellung und bat um ergänzende Angaben bzw. Erläuterungen (Blatt 13 Akte Arbeitszimmer), die trotz Erinnerung vom 22. Juli 2011 (Blatt 16 Akte Arbeitszimmer) und vom 6. Dezember 2011 (Blatt 17 Arbeitszimmer) ausblieben.

Statt der erklärten Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 4.206,22 € berücksichtigte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 28. Februar 2012 (Blatt 11-14 ESt-A 2009) - unter Hinweis auf seine Stellungnahme vom 1. Juni 2011 - lediglich einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.475,12 €. Dabei kürzte der Beklagte die in Höhe von 1.747,20 € (= 5.824 km x 0,30 €) erklärten Fahrtkosten auf 806,10 € (= 2.687 km x 0,30 €), da er die Ansicht vertrat, dass die 5.374 gefahrenen Kilometer zu den Musikschulen (Berechnung siehe Blatt 9 Akte Arbeitszimmer) als Fahrten zwischen regelmäßigen Tätigkeitsstätten lediglich zur Hälfte (= 2.687 km) abziehbar seien und für die restlichen 450 - geschätzten - Kilometer (= 5.824 km abzüglich 5.374 km) ein betrieblicher Zusammenhang nicht zu erkennen sei. Außerdem ließ er die Miete für den Proberaum (540 €) sowie für das häusliche Arbeitszimmer (1.250 €) wegen Nichtbeantwortung der im Schreiben vom 1. Juni 2011 gestellten Fragen vollumfänglich nicht zum Abzug zu (Blatt 7 ESt-A 2009).

Gegen den so ergangenen Einkommensteuersteuerbescheid erhob der Verfahrensbevollmächtigte für den Kläger per Fax vom 2. April 2012 Einspruch, ohne diesen jedoch näher zu begründen (Blatt 15 ESt-A 2009).

Nachdem der Beklagte die Einspruchsbegründung am 4. April 2012 (Blatt 16 ESt-A 2009) und am 7. Mai 2012 (Blatt 18 ESt-A 2009) vergeblich angemahnt hatte, wies er den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2012 als unbegründet zurück (Blatt 20/21 ESt-A 2009).

Mit seiner Klage begehrt der Kläger weiterhin erklärungsgemäß veranlagt zu werden. Hierzu hat der Verfahrensbevollmächtigte für den Kläger vorgetragen:

Die Fahrtkosten zwischen der Wohnung und den einzelnen Schulen seien mit den vollen Fahrtkosten abzugsfähig, da es sich hierbei nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte handeln würde. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte komme man zum gleichen Ergebnis. Er, der Kläger, habe an 3 Musikschulen Gitarrenunterricht erteilt. Im Veranlagungsjahr 2009 seien dafür 38 Fahrten zur Musikschule in T, "41" Fahrten zur Musikschule in S (gemeint sind wohl - wie erklärt - 38 Fahrten) und 41 Fahrten zur Musikschule in R durchgeführt worden. Insgesamt sei er 5.824 km gefahren; bei einem Kilometersatz von 0,30 € errechne sich ein Betrag für Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 1.747,20 €.

Der Kläger unterhalte in seiner Wohnung einen betrieblich genutzten Arbeitsraum. Hier seien wöchentlich ca. 10 Stunden Unterrichtsvorbereitungen und etwa 2 Stunden Büroarbeiten (Abrechnungen schreiben, Vornahme von Telefonaten, Brief- und E-Mail-Korrespondenz) durchgeführt wor...

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