Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für durch Subunternehmer erbrachte Jugendhilfeleistungen
Leitsatz (amtlich)
1. § 4 Nr. 25 Sätze 1 und 2 lit. b) bb) UStG in der ab 2008 gültigen Fassung setzt die Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 132 Abs. 1 lit. h) MwStSystRL nicht hinreichend in nationales Recht um; ein Subunternehmer, der die Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 Sätze 1 und 2 lit. b) bb) UStG nicht erfüllt, kann sich deshalb für die Steuerbefreiung unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 lit. h) MwStSystRL berufen.
2. Ein Subunternehmer, der gegenüber einem nicht nach § 75 SGB VIII anerkannten Hauptunternehmer Jugendhilfeleistungen erbringt, die der Hauptunternehmer seinerseits mit dem Jugendamt abrechnet, sind unter unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 lit. h) MwStSystRL jedenfalls dann steuerbefreit, wenn das Jugendamt aufgrund eines Kostenvoranschlags über den Einsatz des Subunternehmers informiert ist und dem Kostenvoranschlag (mündlich) zustimmt.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 25, 25 Sätze 1-2; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 lit. h; SGB VIII § 75
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers steuerbefreit sind.
Der Kläger ist seit 2006 selbstständig tätig als Erziehungsbeistand.
Für das Jahr 2006 reichte er am 16.09.2010 eine Umsatzsteuererklärung ein, mit der er steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 17.586 € (netto) erklärte.
Mit Schreiben vom 18.10.2010 (Bl. 1 USt-Akte Trennblatt "sonstige Unterlagen") teilte der Kläger dem beklagten Finanzamt mit, dass er ausschließlich gem. § 4 Nr. 25 UStG steuerfreie Leistungen erbringe. In 2006 habe er jedoch Rechnungen mit Ausweis von MwSt erstellt. Seit 2007 erstelle er seine Rechnungen ohne Ausweis der Umsatzsteuer.
Der Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, dass die Leistungen des Klägers nicht gem. § 4 Nr. 25 UStG steuerbefreit seien.
Am 09.11.2010 reichte der Kläger Umsatzsteuererklärungen für 2007 und 2008 ein, mit denen er Brutto-Umsätze von 18.961 € für 2007 (netto 15.934 €) und von 14.007 € für 2008 (netto 11.786 €) erklärte. Mit der am 16.12.2009 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2009 erklärte er Brutto-Umsätze von 32.132 € (netto 27.002 €).
Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers nicht der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 UStG unterfalle und die Umsätze mit 19% zu versteuern seien. Es erließ am 17.01.2011 Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 sowie am 01.02.2011 einen Umsatzsteuerbescheid für 2009, mit denen es die Umsatzsteuer in folgender Höhe festsetzte:
2007 |
3.027,46 € |
2008 |
2.287,22 € |
2009 |
5.130,38 € |
Seine dagegen gerichteten Einsprüche begründete der Kläger damit, dass er Leistungen der Jugendfürsorge erbringe. Er legte eine Bestätigung seines Auftraggebers, der S GbR vor, nach der diese als Träger, der der sozialen Sicherung und der Jugendfürsorge diene, anerkannt sei und dass die Leistungen der S GbR steuerbefreit seien. Die Steuerbefreiung gelte somit auch für die Leistungen des Klägers gegenüber der S GbR. Für das Jahr 2009 legte der Kläger Rechnungen vor, die direkt mit dem Stadtjugendamt N abgerechnet worden waren. Verträge mit der S GbR wurden trotz Anforderung nicht vorgelegt.
Im Einspruchsverfahren holte der Beklagte eine Auskunft des Jugendamts S über die S GbR ein; diese ergab, dass die S GbR kein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe sei. Ein förmliches Anerkennungsverfahren gebe es nicht. Die Voraussetzungen des § 75 SGB VIII, die Verfolgung gemeinnütziger Ziele, erfülle die S GbR nicht.
Der Beklagte erließ am 01.03.2012 eine Einspruchsentscheidung, mit der er die Einsprüche für die Jahre 2007 und 2008 zurückwies. Für das Jahr 2009 setzte er die Umsatzsteuer auf 4.083,48 € herab.
Zur Begründung führte er aus, die Leistungen des Klägers an die S GbR seien nicht nach § 4 Nr. 25 lit. a) bb) UStG steuerfrei. Nur soweit der Kläger in 2009 nachgewiesen habe, dass er direkt mit dem Jugendamt abgerechnet habe, könne er die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen.
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG in der bis 31.12.2007 gültigen Fassung komme nicht in Betracht, weil der Kläger keine der dort bezeichneten Tätigkeiten ausgeführt habe. Die Tätigkeit eines Erziehungsbeistandes sei dort nicht aufgeführt. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 08.11.2007 - V R 2/06, BStBl II 2008, 634) kämen auch die Befreiungen nach § 4 Nr. 14 und Nr. 18 UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g) und h) der 6. EGRL nicht in Betracht.
Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 UStG in der seit dem 01.01.2008 gültigen Fassung erfülle der Kläger nicht, soweit er nicht unmittelbar von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe bezahlt werde. Sein Vertragspartner, die S GbR sei kein anerkannter Träger, sondern ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht.
Unerheblich sei, ob die Leistungen der S GbR umsatzsteuerbefreit seien.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, er habe seine Leistungen als Erziehungsbeistand ausschließlich für ...