rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung von Leistungen der Jugendhilfe bei Beauftragung eines selbstständigen Erziehungsbeistands als Subunternehmer
Leitsatz (redaktionell)
- Für eine Steuerbefreiung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. h Richtlinie 2006/112/EG bedarf es keiner unmittelbaren Vergütung an einen selbstständigen Erziehungsbeistand durch einen öffentlichen Träger der Kinder-und Jugendhilfe.
- Leistungen eines selbstständigen Erziehungsbeistands, der als Subunternehmer für ein Unternehmen tätig ist, welches durch das Jugendamt als öffentlichem Träger zur Erziehungshilfe zusammen mit der Zusage einer Kostenübernahme beauftragt worden ist, sind bereits aufgrund der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung des Erziehungsbeistands in § 30 SGB VIII steuerfrei, auch wenn das Unternehmen noch nicht als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt ist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 25 b bb; SGB VIII § 30; RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1h
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob von der Klägerin erbrachte Leistungen steuerbefreit sind oder nicht.
Die Klägerin ist Diplom-Sozialpädagogin mit dem Schwerpunkt Motopädagogik und Psychomotorik (frühkindliche Entwicklung). Sie war seit dem Jahr 2000 auf vertraglicher Basis als freie Mitarbeiterin für die GbR tätig, die seit 1997 gegenüber der Stadt B (Jugendamt) Leistungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe, auch im Bereich der ambulanten Erziehungshilfen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), erbrachte und die gemäß § 75 des 8. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) durch Bescheid vom 26.10.2009 mit Wirkung vom 30.09.2009 als Träger der freien Jugendhilfe für die ambulante Erziehungshilfe und -beratung anerkannt war. Die Vergütung wurde direkt von der GbR an die Klägerin gezahlt. Das Jugendamt der Stadt B erteilte der GbR Aufträge über die Erbringung dieser Leistungen und rechnete durch Entgeltvereinbarungen im Sinne von §§ 78a ff. SGB VIII gegenüber der GbR ab.
Seit dem Jahr 2008 war die Klägerin als freie Mitarbeiterin auch für den seit dem Jahr 2004 als Träger der freien Jugendhilfe anerkannten Verein C e.V. tätig. Sie betreute im Jahr 2009 bzgl. beider Träger 12 Familien. Die Dauer der Betreuung betrug zwischen 6 und 18 Monaten.
Die Klägerin erbrachte gegenüber beiden Trägern folgende Leistungen:
Hilfe zur Erziehung, sozialpädagogische Familienhilfe für Familien mit Kindern ab Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§§ 27 i. V. m. 31 SGB VIII)
Hilfe zur Erziehung, Erziehungsbeistand (§§ 27 i. V. m. 30 SGB VIII)
Hilfe zur Erziehung, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§§ 27 i. V. m. 35 SGB VIII)
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§§ 27 i. V. m. 35a SGB VIII)
Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung (§§ 27 i. V. m. 41 SGB VIII).
Wegen der weiteren Einzelheiten der im Rahmen dieser Maßnahmen durchgeführten Tätigkeiten wird verwiesen auf die Schriftsätze der Klägerin.
Im Streitjahr 2009 war die Klägerin bei den maßgeblichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bereits seit einigen Jahren persönlich bekannt. Dem entsprechend wurden Anfragen bezüglich der Übernahme von konkreten Fällen direkt an sie gerichtet. Die Fallanfragen beinhalteten, ohne dass zunächst persönlich Daten übermittelt wurden, regelmäßig Informationen über zu erwartende Schwerpunkte in der Zusammenarbeit mit den Hilfeempfängern sowie die Höhe des Stundenkontingents, welches durch das Jugendamt vorab festgelegt war.
War die Klägerin zur Übernahme eines Falles bereit, kam es zeitnah zu einer ersten Kontaktaufnahme mit der betreffenden Familie beim Jugendamt. Mit der Familie wurden dabei die Inhalte und Ziele der Hilfemaßnahme erörtert, begründet und schriftlich festgehalten. Nachdem die Familie den Antrag auf Erziehungshilfe unterzeichnet und damit ihre Bereitschaft mit der sozialpädagogischen Familienhilfe zu kooperieren signalisiert hatte, wurde die Klägerin tätig. Nach sechs bis acht Wochen fand ein zweites Gespräch zwischen der Familie, der Klägerin und dem Jugendamt statt. Bei diesem wurde u.a. erörtert, ob und inwieweit Termine eingehalten wurden, regelmäßige Kontakte bzw. Beratungsgespräche stattfanden, welche inhaltlichen Ziele besprochen bzw. umgesetzt werden konnten und ob das veranschlagte Stundenkontingent ausreichte.
Halbjährlich bzw. dreivierteljährlich wurden sodann sogenannte Hilfeplangespräche mit den Hilfeempfängern und dem Jugendamt durchgeführt. Inhalte und Ziele der Hilfe wurden im Verlauf des Hilfeprozesses angepasst und dokumentiert. Nach dem mit der Beendigung einer Hilfsmaßnahme verbundenen Abschlussgespräch kam es im Hinblick auf die frei gewordenen Kapazitäten der Klägerin meist zu einer neuen Fallanfrage seitens des Jugendamtes.
Zwischenzeitlich hat die Klägerin ihre Tätigkeit im Bereich der ambulanten Erziehungshilfe und -beratung eingestellt.
Die Klägerin behandelte die o. g. Umsätze in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2009 als steuerbefreite Umsätze.
Das FA führte bei der Klägerin eine Ums...