Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsgebühr bei Rücknahme des Antrags auf verbindliche Auskunft
Leitsatz (amtlich)
Der Gebührenzweck der Auskunftsgebühr für eine verbindliche Auskunft ist durch den der Finanzbehörde angefallenen Bearbeitungsaufwand und durch den Vorteil des Steuerpflichtigen, der sich aus der Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft ergibt, gerechtfertigt. Letzterer wird am Gegenstandswert der verbindlichen Auskunft gemäß § 89 Abs. 5 AO i.V.m. §§ 34 und 39 Abs. 2 GKG bemessen. Wird der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zurückgenommen, entfällt der Vorteil der Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft. Für den Fall der Antragsrücknahme bestimmt § 89 Abs. 7 S. 2 AO, dass die Gebühr ermäßigt werden „kann“. Hinsichtlich des hierbei auszuübenden Ermessens haben sich die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern durch die Verwaltungsrichtlinie Tz. 4.5.2 der AEAO selbst gebunden. Hiernach fällt keine Gebühr an, wenn mit der Bearbeitung noch nicht begonnen worden ist. Bei begonnener Bearbeitung ist der angefallene Bearbeitungsaufwand angemessen zu berücksichtigen und die Gebühr anteilig zu ermäßigen. Berechnet die Finanzbehörde die Gebühr dennoch nach dem Gegenstandswert der verbindlichen Auskunft für den Steuerpflichtigen, beachtet sie nicht ihre durch Tz. 4.5.2 der AEAO vorgegebene Selbstbindung. Ihr Ermessen ist hierdurch auf Null reduziert, d. h. die Gebühr ist angemessen nach dem angefallenen Bearbeitungsaufwand zu erheben und eine ggf. bereits erhobene Gebühr ist anteilig zu ermäßigen. Der Wert des angefallenen Bearbeitungsaufwandes ergibt sich aus § 89 Abs. 6 AO, wobei der Zeitwert je angefangener halber Stunde Bearbeitungszeit 50,- € beträgt. Tz. 4.5.2 der AEAO ist verhältnismäßig, beachtet den Gleichbehandlungsgrundsatz und beachtet die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung.
Normenkette
AO § 89 Abs. 7 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit mehreren Beteiligten und Unterbeteiligten, die ihren Sitz in I hat.
Am 9. Dezember 2013 beantragte sie beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zu der von mehreren ihrer Gesellschafter geplanten Begründung von Zweitwohnsitzen in Österreich. Gegenstand ihres Auskunftsersuchens war die Frage der steuerlichen Entstrickung ihrer Wirtschaftsgüter insbesondere ihrer Beteiligungen. In ihrem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gab die Klägerin an, dass bei der Höhe ihres Gegenstandswertes von der Höchstgebühr gemäß § 89 Abs. 5 AO i. V. m. § 34 GKG auszugehen sei.
Infolge des Antrages erfolgten umfangreiche rechtliche Prüfungen des Sachverhalts durch die zuständige Veranlagungsstelle des Beklagten, das Landesamt für Steuern und das Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz. Am 28. Januar 2014 wurde die Sach- und Rechtslage beim Landesamt für Steuern mit den steuerlichen Vertretern der Klägerin ausführlich besprochen. Der Klägerin wurde im Zuge dieser Besprechung mündlich mitgeteilt, dass auf der Grundlage des in ihrem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft dargestellten Sachverhaltes die beantragte verbindliche Auskunft nicht erteilt werden könne bzw. eine Negativauskunft erteilt würde. Im Rahmen der Besprechung stellten die Vertreter der Klägerin verschiedene alternative Sachverhaltsgestaltungen vor, mit dem Ziel, die erbetene verbindliche Auskunft auf dieser Grundlage zu ermöglichen. Im Zuge dessen kam es in der Folgezeit zu mehreren Telefon- bzw. E-Mail-Kontakten zwischen dem Landesamt für Steuern und den steuerlichen Vertretern der Klägerin. Der letzte Kontakt fand am 25. April 2014 statt. Zu den hierbei diskutierten Handlungsoptionen gaben die Bevollmächtigten der Klägerin in der Folgezeit keine weiteren Stellungnahmen ab. Aus Sicht der Finanzverwaltung war in der Folgezeit auch keine weitere Entwicklung in der Angelegenheit mit einer anderen steuerlichen Beurteilung zu erkennen, so dass der Antrag auf verbindliche Auskunft schließlich abgelehnt worden wäre.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 nahm die Klägerin ihren Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zurück. Als Grund gab sie an, dass die Antragsteller von den Überlegungen zur Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland Abstand genommen hätten.
Bevor der Beklagte die Gebühr für die verbindliche Auskunft festsetzte, teilte der zuständige Veranlagungsbezirk des Beklagten der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, für die Gebühr den Höchstbetrag in Höhe von 109.736,- € anzusetzen. Dieser werde auf 90%, d. h. auf 98.762,- € ermäßigt, da es tatsächlich zu keiner verbindlichen Auskunft gekommen und die entsprechenden Arbeiten bis zur Rücknahme des Auskunftsantrages durch die Klägerin zu 90% vorgenommen worden seien.
In ihrer Stellungnahme hierzu begehrte die Klägerin, die Gebühr auf 25% der Höchstgebühr zu ermäßigen. Als Begründung hierfür führte sie an, dass zum einen der Zweck der Auskunftsgebühr der Ausgleich des zusätzlichen Verwaltung...